USA: Privatverschuldung bei rund 80%

Hallo zusammen,

Auf der KfW-Seite gibt´s einige interessante Researchberichte. Zunächst wollte ich zum Thema nur die nachfolgende Grafik beisteuern, doch der Text ist auch nicht schlecht.

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Gruß,
Swingtrader

KfW-Research, MacroScope Nr.8, Juli 2003

1) Quelle: Federal Reserve, Flow of Funds Accounts of the United States, June 5, 2003.
2) Quelle: Deutsche Bank, Global Markets Research, US Economics Weekly, June 20, 2003.

Entwicklung der Verschuldung im privaten Sektor in den USA

Die hohe Verschuldung von Unternehmen und privaten Haushalten wird häufig als ein wesentliches Hindernis auf dem Weg zu einer kraftvollen Wirtschaftserholung in den USA genannt. Die jüngsten Daten zur Entwicklung der „Flow of Funds“1) zeigen, dass Konsolidierungsfortschritten im Unternehmenssektor ein weiterer Anstieg der Verschuldung der privaten Haushalte gegenübersteht.

• Nach zweistelligen Zuwachsraten auf dem Höhepunkt des Börsenbooms hat sich das Wachstum des Kreditobligobestandes im gesamten Unternehmenssektor in den letzten Quartalen deutlich verlangsamt. Es lag bei 3% im Jahr 2002 und bei annualisiert 3,7% im 1. Quartal 2003. Als Folge davon ging auch die Unternehmensverschuldung im Jahr 2002 in Relation zum nominalen BIP leicht von 68,8% auf 68,4% zurück; im Bereich der Kapitalgesellschaften ist die Verschuldungsquote von 48% auf 47% gesunken.

• Im Vergleich mit den noch Mitte der neunziger Jahre verzeichneten Quoten (55,6% im gesamten Unternehmenssektor respektive 39,3% bei den Kapitalgesellschaften) liegt die Verschuldung damit zwar immer noch auf relativ hohem Niveau. Andere Faktoren indizieren aber, dass sich die finanzielle Situation der Unternehmen zuletzt verbessert und damit deren Handlungsspielraum wieder etwas vergrößert hat.

• So haben die Unternehmen die günstige Zinsentwicklung an den Finanzmärkten zu einer Restrukturierung ihrer Verbindlichkeiten genutzt. Wie eine Analyse von DB Research2) zeigt, ist als Folge davon das Verhältnis von kurz- zu langfristigen Verbindlichkeiten Anfang diesen Jahres auf unter 45% und damit auf den tiefsten Stand seit 1959 gefallen, während das Verhältnis der liquiden Assets zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten Anfang 2002 den höchsten Stand seit Mitte der sechziger Jahre erreichte. Auch der Schuldendienst, der noch in den Jahren 2000 und 2001 mehr als 30% des Cash Flow absorbierte, konnte zuletzt auf rd. 25% zurückgeführt werden.

• Im Gegensatz zur Entwicklung im Unternehmenssektor hat sich das Wachstum des Obligobestandes bei den privaten Haushalten in den letzten Quartalen deutlich beschleunigt. Mit einer annualisierten Zuwachsrate von 10% im 1.Quartal 2003 und ebenfalls 10% im Gesamtjahr 2002 wurden erstmals seit Mitte der achtziger Jahre wieder zweistellige Zuwachsraten verzeichnet. Ähnlich wie damals steht auch hinter der heutigen Verschuldungssituation in den USA starken Zunahme eine rege Ausweitung der Hypothekarkredite aufgrund des durch die derzeit niedrigen Zinsen angeheizten Immobilienbooms. Die Hypothekardarlehen wuchsen im 1.Quartal mit einer Jahresrate von 12% (2002: 12,4%), während die Konsumentenkredite lediglich um 4,3% (2002: 3,5%) ausgeweitet wurden. Die Hypothekardarlehen waren somit zuletzt für rd. 85% des Anstiegs der Verbindlichkeiten der privaten Haushalte verantwortlich.

• Auch in Relation zum nominalen BIP stieg die Gesamtverschuldung der privaten Haushalte deutlich an – im Jahr 2002 von 76,2% auf 80,9%. Dabei erhöhte sich allein der Anteil der Hypothekardarlehen zum BIP von 53% auf 58%. Er liegt damit zwar niedriger als in Großbritannien (64%) aber deutlich höher als in Euroland (rd. 31%). Sowohl aus gesamtwirtschaftlicher Sicht als auch aus Sicht der privaten Haushalte sind Hypothekardarlehen insofern positiver zu bewerten als reine Konsumentenkredite, als das finanzierte Objekt eine größere Werthaltigkeit hat und aufgrund der längeren Kreditlaufzeiten, der niedrigeren Zinssätze und steuerlicher Vorteile die damit verbundene monatliche Haushaltsbelastung relativ gesehen geringer ist. Allerdings bedingt die deutliche Ausweitung der Hypothekardarlehen eine höhere Anfälligkeit der US-Wirtschaft für negative Entwicklungen der Immobilienpreise.

• Verschuldungsquoten allein sagen aber nichts über die tatsächliche Belastung der Haushalte aus, da letztere sehr stark von der Zinsentwicklung determiniert wird. Dank des deutlichen Rückgangs der Zinsen hat sich der Schuldendienst in Relation zum Einkommen nach Schätzungen zuletzt auf rd. 14% reduziert, nachdem er zwischenzeitlich auf rd.14,5% angestiegen war. Im historischen Kontext betrachtet liegt er damit aber weiter auf hohem Niveau.

• Fazit: Per Saldo geben die Daten keinen Grund zur Entwarnung, denn den Konsolidierungsfortschritten im Unternehmenssektor stand aufgrund des Refinanzierungsbooms im Immobiliensektor eine weiter aufwärts gerichtete Verschuldung der privaten Haushalte gegenüber. Damit war eine höchstwillkommene Stützung der privaten Konsumnachfrage verbunden, denn viele private Haushalte haben den gestiegenen Wert ihrer Häuser und das niedrige Zinsniveau dazu genutzt, die Darlehenssumme zu erhöhen und sich einen Teil des Differenzbetrages für Konsumzwecke auszahlen zu lassen. Ein Anreiz zum Schuldenabbau bestand in diesem Umfeld hingegen nicht.

Kurzfristig ist dies unproblematisch. Die Geld- und Kapitalmarktzinsen werden vorerst niedrig bleiben und damit den Schuldendienst in Relation zum verfügbaren Einkommen weiterhin dämpfen. Darüber hinaus wird sich die Einkommenssituation der privaten Haushalte dank der bald in Kraft tretenden Steuersenkungen verbessern. Auf mittlere Sicht birgt die hohe Verschuldung allerdings weiterhin erhebliche Wachstumsrisiken, denn wenn die Zinssätze infolge eines geldpolitischen Kurswechsels wieder deutlich anziehen und/oder es zu einer nachhaltigen Korrektur am Immobilienmarkt kommen sollte, sind negative Auswirkungen auf die Konsumnachfrage wahrscheinlich.

Geschrieben von Gast (nicht überprüft) am
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