* Versicherungen und deren 'legale Geschäfte'

Oft wird bei den Versicherungsaktien dahingehend argumentiert, das die gesetzliche Mindestrendite von 3,5% nicht mehr erwirtschaftet werden kann, oder zumindest in Gefahr ist. Soweit mir bekannt, gibt es das Niederstwertprinzip, sodaß die Aktien immer zu Tiefstkursen und nicht zu aktuellen Kursen in der Bilanz ausgewiesen wurden.

Der sogenannte Überschussantteil, welchen die Gesellschaft wiederum einfach selbst bestimmt ist die Basis für die Gewinnausschüttung bzw. Mindestrendite.

Die Frage geht dahin, inwieweit Neueinsteiger an den sogenannten Altlasten beteiligt sind, und ob sich diese negativ auf eine künftige Rendite auswirken.

gruß

Geschrieben von Gast (nicht überprüft) am
Richard Ebert
Mitglied seit 11 Jahre 4 Monate

Hallo Walter,

aufgrund der starken Kurseinbrüche deutscher Aktien wurde vor etwa zwei Jahren der Zwang zum Niederstwertprinzip in den Bilanzen der Versicherungen aufgehoben.

Diese können jetzt ihre Aktienbestände zu Kursen bilanzieren, die dem 'nachhaltig richtigen Wert' (mein Ausdruck) entsprechen und nicht dem Marktwert, also Börsenkurs.

Aus den 'stillen Reserven' früherer Jahre wurden 'stille Belastungen', die bei weiter fallenden Kursen früher oder später in der Bilanz berücksichtigt werden müssen. Ich verstehe nicht, wie das eine Börsen- oder Versicherungsaufsicht zulassen und fördern konnte.

irenaeus.
Mitglied seit 11 Jahre 4 Monate

Hallo Walter,

die gesetzliche Mindestverzinsung ist z.Zt. 3,25 % (auf den vom Versicherer festgelegten Sparanteil, nicht auf die gesamte Prämie!). Es gibt Bestrebungen, sie zu senken, weil viele Lebensversicherer sie nicht erwirtschaften.

Das strenge Niederstwertprinzip (niedrigere Marktwerte statt höherer Anschaffungswerte) gilt nur für Umlaufvermögen, nicht für Anlagevermögen.

Die Versicherungsgesellschaften können die erwirtschafteten Überschüsse (oder Verluste) praktisch nach Belieben zwischen Altversicherten, Neuversicherten und eigenem Vermögen (= Vermögen der Aktionäre) hin- und herschieben.

Vergleiche http://www.bundderversicherten.de, wo dies zu Recht als "legaler Betrug" bezeichnet wird.

Gruß Irenäus

slowturtle
Mitglied seit 11 Jahre 4 Monate

Herr Ebert,

Das Niederstwertprinzip bedeutet, dass eine Aktie zum niedrigsten Kurs eines Jahres bewertet werden muss, auch wenn sie zwischenzeitlich wieder stark gestiegen ist. Im Winter 2001, nach den Anschlägen vom 11. September, hätte das dazu geführt, dass die seitdem wieder stark gestiegenen Kurse nur dann ihrem Eingang in die Versichererbilanzen gefunden hätten, wenn sie verkauft worden wären.

Durch eine solche Verkaufswelle würde eine "Todesspirale" in Gang gesetzt, die sich lawinenartig ausbreiten würde.

Dies wollte das "Amt" wohl verhindern.

Mittlerweile ist die "neue" Art der Bewertung wohl zu einer Überlebensfrage für viele Versicherer geworden. Wer den Garantiezins nicht erwirtschaftet, der muß seine stillen Reserven antasten. Diese sind mittlerweile aber nicht mehr vorhanden. Die ersten Pleiten stünden somit vor der Tür.

Gast

Danke für die umgehenden Antworten.

Die Versicherungsgesellschaften können die erwirtschafteten Überschüsse (oder Verluste) praktisch nach Belieben zwischen Altversicherten, Neuversicherten und eigenem Vermögen (= Vermögen der Aktionäre) hin- und herschieben.

Dieser obige Satz beantwortet meine Frage im Kern. Eben genau dieser Sachverhalt, den ich bei einer Diskussion als Einwand brachte, wurde von diesen Versicherungsexperten verneint.

Der Bund der Versicherten ist mir bekannt, da ich hier selbst seit Jahren Kunde bin. Für Standardversicherungen kann diese Einrichtung nur empfohlen werden, da diese durch Ihre Rahmenverträge Konditionen an den Tag legen, die 30-50% billiger sind als bei der Agentur.

gruß

Richard Ebert
Mitglied seit 11 Jahre 4 Monate

Auf 40 bis 45 Milliarden Euro (Vorjahr: 2,5 Mrd. Euro) schätzt die Ratingangentur Fitch die in den Abschlüssen der deutschen Lebensversicherer 2002 aufgelaufenen Stillen Lasten und Abschreibungen.

Fitch warnt daher vor einer existenzbedrohenden Situation für eine 'Vielzahl der am Markt agierenden Lebensversicherer'.

Durch die anhaltende Aktienbaisse werden viele der Stillen Lasten in den Bilanzen für 2003 zwangsweise aufgelöst. Diese nachgezogenen Abschreibungen werden die Ergebnisse in Milliardenhöhe belasten.

(Quelle: Effecten Spiegel 13.03.02)

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Nach meiner Erinnerung habe ich diese Zahlen schon in einer Tageszeitung gelesen als der Dax bei 2.700 stand, vor etwa vier Wochen. Heute schloss er bei rund 2.200 Punkten. Die Stillen Lasten sind also nochmals explodiert.

Allianz heute minus 9 % auf 53, Münchner Rück minus 8 % auf 65 Euro.

Richard Ebert
Mitglied seit 11 Jahre 4 Monate

Inzwischen favoritisiert die deutsche Versicherungswirtschaft folgenden Lösungsweg:

Bei dem § 341 HGB, welcher die Bewertung des Anlagevermögens erlaubt, soll die Frist, ab der Wertverluste als dauerhaft anzusehen und damit abzuschreiben sind, dramatisch verlängert werden.

Aktuell wird von den Wirtschaftsprüfern ein Wertverlust als dauerhaft angesehen, wenn dieser ein Jahr beträgt.

(Quelle: Die Versicherungs Aktie, 16. Jahrgang, April 2003)

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Heute: Dax 2.521 (- 2.4 %), Allianz 50,00 (- 4.6 %), Münchener Rück 59,12 (-12,4 %)

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