Wer finanziert das Haushaltsdefizit der USA?
In der Sendung „Die Philosophie des Geldes“ auf 3Sat am 8. April warf einer der Gesprächsteilnehmer, Prof. Karl-Heinz Brodbeck, die Zahl in den Raum, dass 75 Prozent der weltweiten Ersparnis zur Finanzierung des amerikanischen Haushaltsdefizits notwendig seien. Diese Zahl fand ich bemerkenswert, suggeriert sie doch, dass die Amis den Großteil der Ersparnisse vom Rest der Welt aufsaugen.
Auf seiner Website http://www.khbrodbeck.homepage.t-online.de/ kann man in den Downloads unter der Rubrik Ökonomie den Text >>Die globale Herrschaft der Finanzmärkte<< herunterladen. Dort heißt es: „Allein zur Finanzierung des Defizits im US-Staatshaushalt sind zwei Drittel der weltweiten Ersparnisse erforderlich.“
Diese Angaben kann ich nicht nachvollziehen.
Das Haushaltsdefizit der Amerikaner betrug im Fiskaljahr 2009 ca. 1.413 Mrd US-Dollar, das entspricht 2,47 % des vom IWF errechneten Welt-BIP in Höhe von 57.228 Mrd USD. Die Weltersparnis im Jahr 2009 betrug nach Angaben des IWF 21,7 % des Welt-BIP, also 12.431 Mrd USD. Die 1.413 Mrd Mrd. US-Dollar Haushaltsdefizit stellen somit einen Wert von 11,36 % der Weltersparnis dar, und nicht 75 %, wie Prof. Brodbeck behauptet.
Ich vermute mal 21.7% sind das insgesamt Ansparte. Die jährliche Sparrate im Vergleich zum WeltGDP ist sicher nicht zweistellig (Japan läuft langsam Richtung Null, USA sind eventuell gerade mal wieder Positiv geworden und die Deutschen sind vielleict bei 10%)
@ wuelle [#1]
Statistiken sind halt interpretationsbedürftig. Deine Erspanisse sind doch geringer als die Summe aus deinen Jahren mit positiven Ersparnissen. Man spart halt für irgendwas und dann gibt man das Geld aus. Das tauch dann nicht in einer Statistik auf. Ein Haus oder eine andere Investition ist ja auch (erstmal) nicht substanzmindernd. Wer zu Jesus Zeiten einen Euro oder sonstwas auf Zinen festgelegt hätte, der könnt das Haushaltsdefizit von den USA, Deutschland und Griechenland alleine finanzieren. Eine permanente Umverteilung findet also statt. Sie wird von der Statistik nicht, oder nicht ausreichend erfasst.
Ausländische Gläubiger der USA (Schatzbriefe, in Milliarden USD)
http://www.treas.gov/tic/mfh.txt
Wer denkt, die Schulden des einen seien die Ersparnisse des anderen, der täuscht sich gewaltig. Das westliche System funktioniert anders:
fiat money + fractional reserve banking = bubble economy
Das Video hier ist schon älter, 3,5 Stunden lang und übertreibt auch etwas, aber das große Ganze wird recht gut erklärt:
http://video.google.de/videoplay?docid=-515319560256183936
@ tantan [#3]
"Wer zu Jesus Zeiten einen Euro oder sonstwas auf Zinen festgelegt hätte, der könnt das Haushaltsdefizit von den USA, Deutschland und Griechenland alleine finanzieren."
Das ist immer so ein Satz aus den Schulbüchern, um den Zinseszins-Effekt zu verdeutlichen ...
... der aber in der Realität hinten und vorne nicht stimmt.
Dein angesammeltes Vermögen hätte
- die Hyperinflation der 20er Jahre nicht überlebt, oder
- den zweiten Weltkrieg nicht überlebt, oder
- nicht nur in DE, sondern in ganz Europa: den 30-jährigen Krieg nicht überlebt, oder
- wäre beschlagnahmt worden, wenn Du Hugenotte (in Frankreich) oder Jude (in DE) wärst, oder
- wäre beschlagnahmt worden, wenn Du in einem kommunistischen Regime hinter dem Eisernen Vorhang gelebt hättest, oder
- wäre von Franco (in Spanien) oder Mussolini (in Italien) beschlagnahmt worden, wenn Du die falsche politische Gesinnung hättest, oder
- wäre im amerikanischen Bürgerkrieg verloren gegangen, wenn Du in den Südstaaten gelebt hättest, oder
- wäre im Mittelalter vom König eingezogen worden (egal, wo), oder
- wäre bei der Plünderung Roms durch die Vandalen verloren gegangen, oder
- ...
Kurz gesagt, wäre ein wirklich großes Vermögen in jedem der vergangenen Jahrhunderte verloren gegangen, es sei denn man hätte hellseherische Fähigkeiten, die jeweils kommende Katastrophe zu erahnen und ihr auszuweichen. Jemand mit diesen Fähigkeiten braucht sich aber nicht 2000 Jahre zurück zu bemühen, er kann sich mit Leichtigkeit an der Börse ein Vermögen schaffen.
@ Asamat [#5]
Du gefällst mir.
Besser gesagt, Dein Posting gefällt mir.
Die "Theorie" des Zinseszinses von tantan stimmt schon, aber real wäre dies, wie du schon sagst, nie passiert.
Eine gute Argumentation.
Grüße
>Die "Theorie" des Zinseszinses von tantan stimmt schon, aber real wäre dies, wie du schon sagst, nie passiert.
Da bin ich nicht mehr so sicher. Inflationsbereinigt isnd die Zinsen ja meist so bei 1-2%. Wenn man dann noch eventuelle Steuern und die echten Defaultraten für AAA Anlagen, bin ich nicht mehr sicher, ob es überhaupt einen realen positiven Zins für sogenante Risikolose Anlagen gibt. Und das ganze auch ohne echte Enteignung. (In gewisser Weise ist das ja sogar ein positives Weltbild, denn so könnten die Reichen ohne risikobehaftete Eigenleistung nicht reicher werden).
Und selbst wenn es einen positiven Risikolosen Zins gibt, so ist doch anscheinend die Fähigkeit Zinsen zu bezahlen der limitierende Faktor wie man in Japan sieht. Die Schulden steigen, aber die Renditen sinken, so dass die Zinszahlungen stabil bleiben.
@ Asamat [#5]
Die Zinseszinstheorie habe ich erwähnt, um eine Umverteilung nachzuweisen. Die Statistik hatte sie nicht berücksichtigt.
@ Envelo [#4]
Hier ein geniales Video, das sehr anschaulich mit Hilfe von Animationen erklärt, insgesamt 47 Minuten. Mit einigen bemerkenswerten Zitaten:
Money as Debt
http://video.google.de/videoplay?docid=-2550156453790090544
Die Herausgeber des GEAB zeigen eine Schätzung über die Emission von Staatsanleihen im Jahr 2010 auf diesem Planeten. Quellen siehe dort.
http://www.leap2020.eu/GEAB-N-44-is-available-Global-systemic-crisis-USA-UK-The-explosive-duo-of-the-second-half-of-2010-Summer-2010-The-Bank_a4531.html