Wird man bei Neuemissionen über den Tisch gezogen?
gautama2 hat zu dem Thread " Ist eine 1 Cent Aktie wirklich billig" folgenden Satz bemerkt:
Ich finde es "faszinierend", daß es gesetzlich möglich ist überteuerte Aktien an den Markt zu bringen. Wieso prüft das eigentlich keiner gescheit nach? Verdienen denn alle daran, die es herausfinden könnten?
Zur Verdeutlichung ein Fall aus meiner damaligen Bankpraxis. Es handelte sich um eine deutsche Großbank, ich denke heute bezeichnet Sie sich als Beraterbank.
Ich glaube es war 1995 oder 1996 als die Bank mit dem grünen Band als einer der Konsortialführer die Aktie "Creaton" an die Börse brachte. Der damalige Emmissionskurs war auf 40,00 DM festgelegt. Der Prospekt war blumig und mit den schönsten Perspektiven ausgestattet.
Auch damals gab es schon Taxen und einen sogenannten Graumarkt in dem die Aktie gekauft werden konnte. Die Taxen lagen 14 Tage vor Börseneinführung bei 53 DM. Also suggeriet dies ein tolles Geschäft. Lieber Kunde sofort zeichnen zu 40, denn die steht schon bei 53. Dies wurde auch reichlich mit den Kunden praktiziert. Der schnelle Gewinn von 13 DM erlaubt kein weiteres nachdenken.
Nun je näher der 1. Handelstag kam, desto geringer wurden plötzlich die Spannen. 1 Tag vor Einführung lagen die Taxen nur noch bei 41 - 42. Die wenigsten haben ihre Zeichnungsauftäge zurückgezogen. Nun wurden in der Praxis meist mehr Aktien gezeichnet als eigentlich gewollt. Denn man wollte ja unbedingt in der Verlosung voll dabei sein und den großen Reibach machen.
Aber wie wir ja aus der Praxis wissen, bekommt man entweder kaum Stücke oder gar keine. Nun hier kam der große Hammer. 80% Zuteilung. Zumindest gab es noch 1 Hand voll die meinen Rat die Aktie sofort zu verkaufen nachvollzogen. Vermutlich deshalb, weil Sie sich finanziell etwas übernommen hatten.
Am 1 Börsentag konnte immerhin noch ein Kurs von 40,00 DM festgestellt werden. Geld konnte man nicht verlieren, außer der Provision für die Bank. In den folgenden Tagen fiel die Aktie unter großen Umsätzen auf die 32 DM zurück und die Bank empfahl kräftig nachzukaufen. Der Titel sei maßlos unterbewertet.
Ein Kollege von mir, welcher zur gleichen Zeit auf einem Seminar in Frankfurt weilte, hatte die Möglichkeit den damaligen Analysten nach seiner Meinung zu fragen, warum denn die Aktie nach der Emmi so stark gefallen sei. Da sich der Analyst in der Seminarrunde sicher fühlte, gab er zum besten, das sich die anderen Konsortialführer von Ihren Papieren getrennt hätten, da eine interne Studie auswies, das die Aktie bei 30,00 DM fair bewertet sei.
Was dieser Analyst mitlerweile gelernt haben dürfte, ist die Tatsache, das die Welt ein Dorf ist. Lange Rede kurzer Sinn seine Aussage machte natürlich die Runde und die Zentrale wurde mit Vorwürfen der erzürnten Bankberater und Kunden überschüttet.
Das Ende vom Lied war die fristlose Entlassung des Analysten und eine neue Analyse zu Creaton. Auswirkungen hatte das ganze nur auf den Analysten, welcher dummerweise die Wahrheit gesagt hatte. Die Kunden, welche eigentlich fürstlich über den Tisch gezogen wurden mußten Jahre warten, bis im Rahmen der allgemeinen Hausse auch diese Aktie ihre Emissionskurese erreichte.
Die Moral von der Geschicht? Man pinkelt nicht auf seien Arbeitgeber, auch dann nicht, wenn dieser mehr als zweifelhafte Gebaren an den Tag legt. Solange man seinen Job hat, und solange das Gehalt am 1. am Konto ist, solange hält man sein Maul.
Aus diesem Grund lieber gautama2 sind die Dinge so, wie sie sind.
gruß walter
laddering, gezielte "Kurspflege" nach dem IPO
Aus:
Sirota & Sirota and Lovell & Stewart Announce Class Action Lawsuit Against Red Hat, Inc.
March 29, 2001
(...)
In exchange for the excessive commissions, the complaint alleges, lead underwriter The Goldman Sachs Group, Inc. and underwriters Credit Suisse First Boston Corp. and Merrill Lynch, Pierce, Fenner & Smith, Inc. allocated Red Hat shares to customers at the IPO price of $14 per share. To receive the allocations (i.e., the ability to purchase shares) at $14, the defendant underwriters' brokerage customers had to agree to purchase additional shares in the aftermarket at progressively higher prices. The requirement that customers make additional purchases at progressively higher prices as the price of Red Hat stock rocketed upward (a practice known on Wall Street as ``laddering'') was intended to (and did) drive Red Hat's share price up to artificially high levels. This artificial price inflation, the complaint alleges, enabled both the underwriters and their customers to reap enormous profits by buying stock at the $14 IPO price and then selling it later for a profit at inflated aftermarket prices, which rose as high as $56.75 during its first day of trading.
Rather than allowing their customers to keep their profits from the IPO, the complaint alleges, the defendant underwriters required their customers to ``kick back'' some of their profits in the form of secret commissions. These secret commission payments were sometimes calculated after the fact based on how much profit each investor had made from his or her IPO stock allocation.
The complaint further alleges that defendants violated the Securities Act of 1933 because the Prospectus distributed to investors and the Registration Statement filed with the SEC in order to gain regulatory approval for the Red Hat offering contained material misstatements regarding the commissions that the underwriters would derive from the IPO transaction and failed to disclose the additional commissions and ``laddering'' scheme discussed above.
Lieber Walter,
das stimmt völlig. Langer Rede kurzer Sinn und am Ende ist es das, was wir alle schon immer wussten:
Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus und niemand beisst die Hand, die ihn füttert. Große Vermögen werden immer auf Kosten vieler kleiner angehäuft. Und der alte bayerische Energieerhaltungssatz lehrt uns: Von nix kommt nix.
Man kann es gut finden oder auch nicht. Schutz der Schwachen ist auch okay, aber Kapitalismus ist ein hartes Spiel, wo jeder die volle Verantwortung für seine Handlungen übernimmt. Das heißt auch, daß man nur sicher fährt, wenn man sich nur auf sich selbst verläßt. Opfer sein wird nicht belohnt.
Eine Schutzorganisation für Kleinanleger z.B. ist daher eigentlich ein Widerspruch in sich. Sie schützt Kleinanleger nicht wirklich. Bestimmte Regeln müssen eingehalten werden, Buchhaltung muss stimmen usw., aber Spekulation ist ein Vorausschauen, eigenes Urteil bilden und danach handeln. Es ist nicht blind vertrauen und nachher vor Gericht jammern.
Vielleicht kommt mal jemand auf die Idee, eine Aktionärsversicherung zu verkaufen, die Verluste an der Börse ausgleicht, und ich glaube, dieser Blödsinn hätte auch noch Erfolg. Diese Aktie würde ich vielleicht bei der Neuemission kaufen, auch wenn ich sie nicht lange halten würde.
Also es verdienen alle daran, die es herausfinden könnten. Der Staat bekommt Steuern vom Gewinn der Banken (glaubt er wenigstens), und wenn die Kleinen ihr bisschen Geld noch verzocken, dann sind sie wenigstens weiter gut zu kontrollieren und können nicht auswandern. Hat doch auch was Gutes.
Viele Grüße
P.S. Nur fürs Verständnis: Wer kauft die Aktie eigentlich auf dem Graumarkt für 53 DM? Oder ist der Preis nur gemacht, um den Kunden ein gutes Geschäft bei 40 zu suggerieren?
In diesem speziellen Fall wohl letzteres.
gruß