Bald deutsches Schweinefleisch für Chinesen ?
Bald deutsches Schweinefleisch für Chinesen?
Von Helmut Schneider
Südwest Presse, Stuttgart (16.08.07) - Von den starken Preissteigerungen bei Getreide profitieren viele Landwirte - und andere geraten stark unter Druck. Die Fleischproduzenten zahlen viel mehr fürs Futter, bekommen aber weniger für ihre Erzeugnisse. Ein Ausweg könnte der Export bieten - etwa nach China.
Wer zu spät kommt, den bestraft nicht immer der Markt. Bei den Preisen für Agrarprodukte etwa waren jene Landwirte, die bereits vor Monaten Lieferverträge unterzeichnet haben, nicht gut beraten. Die Preise sind nämlich zuletzt gewaltig gestiegen. Bei Backweizen bekam der Bauer vor einem Jahr zwischen 105 und 140 EUR pro Tonne, heute werden schon 200 EUR bezahlt; der Preis der Braugerste stieg von vormals 100 EUR über 145 EUR im Herbst 2006 auf jetzt bis zu 220 EUR.
Joachim Rukwied, Präsident des Bauernverbandes Baden-Württemberg, mag angesichts dieser Entwicklung bedauern, dass er selbst auf seinem Hof in der Vergangenheit die Produktion von Braugerste um 70 Prozent zurückgefahren hat, weil "es keinen Spaß mehr machte" - bei Preisen, die nicht mal kostendeckend waren. Dass die Bauern jetzt von den Brauereien als Grund für Bierpreiserhöhungen vorgeschoben werden, will Rukwied mit dieser Rechnung ad absurdum führen: Ein Hektar Braugerste wirft etwa sechs Tonnen Getreide ab; davon werden 30 000 Liter Pils gebraut, die dem Wirt einen Umsatz von etwa 280 000 EUR bringen. Was macht es da aus, wenn der Bauer jetzt das Doppelte für die Rohware bekommt - also 600 EUR mehr bei einem Umsatz von 280 000 EUR?
Des einen Freud, des anderen Leid. Das gilt sogar manchmal innerhalb ein und derselben Branche. Von den kräftigen Preiserhöhungen profitieren die Getreidebauern - die Schweine- oder Rindermäster und Ferkelaufzuchtbetriebe aber bringt dies unter Druck. Für sie steigen die Futtermittelpreise gewaltig, während der Preis für ein Kilo Schweine-Schlachtfleisch von 1,70 EUR auf heute 1,45 EUR gefallen ist. Für ein Ferkel bekommt der Bauer im Moment 30 EUR, früher waren es 45 bis 50 EUR gewesen.
Ein Ausweg könnte für Rukwied ausgerechnet die Globalisierung bieten: der Export. Im vergangenen Jahr hat Deutschland erstmals mehr Fleisch produziert als selber verbraucht, der so genannte Selbstversorgungsgrad stieg auf 108 Prozent (in Baden-Württemberg liegt er übrigens unter 50 Prozent). Der Landesbauernverband würde es begrüßen, wenn in Deutschland die Infrastruktur (etwa eine Exportförderstelle, eine Vermarktungsorganisation wie die CMA) für Exporte geschaffen beziehungsweise ausgebaut würde.
Die Dänen machen es vor. Sie haben mit China ein entsprechendes Abkommen abgeschlossen, berichtet Marco Eberle, Referent für Vermarktung und Produktion beim Landesbauernverband. Auch Deutschland hat solche Verhandlungen begonnen. Sollte es zu einem Abschluss kommen, dann wird natürlich Fleisch nach Fernost gebracht, keine lebenden Tiere.
Zurück zu den steigenden Lebensmittelpreisen. Wird dieser Trend nicht durch die Ausweitung von Anbauflächen zur Produktion von Biokraftstoffen verstärkt? Ist es vertretbar, dass ein Teil der Ernte nicht auf den Teller, sondern in den Tank kommt? Für Rukwied muss dies kein Widerspruch sein, auch wenn die Anbaufläche für Biomasse von derzeit 3 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche auf 20 bis 25 Prozent steigen sollte.
Eine Ausweitung der Energieverwendung müsse aber damit einher gehen, dass weitere Fortschritte in der Futterverwertung erzielt werden und Flächenstilllegungen wieder aufgehoben werden. Was dazu aber der Naturschutz sagen wird, sagte der Bauernpräsident nicht.