Dicke Kartoffeln sind Luxus

Dicke Kartoffeln sind Luxus

von Ulrich Ernenputsch

Westdeutsche Allgemeine Zeitung, WAZ, Moers (06.09.06) - Bei den Einkellerungssorten rechnet die Rheinische Erzeugergemeinschaft mit Ertragseinbußen von rund 20 Prozent. Die Erdäpfel spielen zurzeit im Boden verrückt.

Folienkartoffeln vom Niederrhein im XXL-Format sind in nächster Zeit Luxusware. Auch muss der Verbraucher, wie Johannes Rips prophezeit, damit rechnen, in einem Beutel Erdäpfel einer Sorte, aber mit unterschiedlicher Geschmacksqualität zu bekommen. Der Vorsitzende der Rheinischen Erzeugergemeinschaft für Kartoffeln rechnet damit, dass es rund 20 Prozent Einbußen bei den klassischen Einkellerungskartoffeln gibt und der Kunde folglich mehr zahlen muss.

Recht zufrieden mit den bisherigen Erträgen ist Aloys Hammans, der auf einer fünf Hektar großen Fläche in Saelhuysen die Sorten Annabelle, Laura, Vitelotte und Cilena anbaut. Er hat in der Trockenzeit die Fläche mit Hilfe einer Unterwasserpumpe beregnet. "Das wirkt sich auf die Erträge aus." Wohl bei der Cilena, einer mittelfrühen Sorte, geht Hammans von leichten Ertragsrückgängen aus.

Noch keine Prognosen zur Cilena-Ernte, die in der nächsten Woche starten soll, will Novella von Eerde vom Hourtenhof in Moers wagen. Auch hier wurde die Anbaufläche mehrfach künstlich beregnet. Zufrieden war Novella von Eerde mit den Geschmackstests bei den Sorten Leila und Belana. "Bei der Cilena müssen wir gucken, was aus dem Boden herauskommt." Für die Ernte der festkochenden Cilena, die auch eine klassische Einkellerungskartoffel ist, sei der Boden noch zu nass.

Pflanzen mit der Beregnung gerettet

"Dicke Kartoffeln werden in diesem Jahr rar", da ist sich die Landwirtin ganz sicher.

Dass eine klare Trennung zwischen Betrieben mit und ohne Beregnungsanlagen gezogen werden müsse, betont Harald Beyer. Er gilt als "Kartoffelpapst" unter den Pflanzenberatern der Landwirtschaftskammer Wesel. Beyer erläutert, dass Kartoffelpflanzen mit Beregnung auch in extremen Trockenphasen nicht absterben. Andernfalls könne es ganz enorme Ernteausfälle geben.

"Durch die Wahnsinnshitze hat nicht nur der Ertrag, sondern auch die Qualität gelitten", urteilt der Fachmann. Zurzeit sei zu beobachten, dass die Kartoffelgewächse "im Boden verrückt spielen". Die Kartoffeln setzen neue Knollen an oder überraschen plötzlich mit ganz frischen Trieben. Beyer: "So bekommt man eine Mehrgenerationengeschichte auf dem Acker."

All das mache den Landwirten Sorgen. Ganz besonders groß seien die Sorgen, wie der Pflanzenberater häufiger erfährt, hinsichtlich der Lagerstabilität der Knollen. Mit Blick auf die aktuelle Kartoffelernte spricht Harald Beyer von einem knappen Markt "mit Erträgen, die unter dem Durchschnitt liegen".

(Quelle: http://www.waz.de/waz/waz.moers.volltext.php?kennung=on1nrzPOLStaMoers38964&zulieferer
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