Richard Ebert
Mitglied seit 11 Jahre 2 Monate

* Die fetten Gewinne der Schweinemäster

Eine etwas provozierende Überschrift, denn so gut sieht es keinesfalls aus, wie den aktuellen Informationen der ISN zu entnehmen ist:

Nach jetzt veröffentlichten Berechnungen der ZMP hat sich die Rentablität der Schweinemast im vergangenen Jahr deutlich verschlechtert. Nach diesen Berechnungen wurde in der deutschen Schweinemast im Jahr 2002 eine Bruttomarge von lediglich 10,30 Euro je Tier erzielt.

Im Sommer des vergangenen Jahres war aufgrund der hohen Ferkelpreise zu Beginn des Jahres und der niedrigeren Schlachtschweinepreise zum Verkaufszeitpunkt sogar eine negative Bruttomarge zu verzeichnen.

Bei diesen Zahlen ist zu berücksichtigen, dass zur Berechnung der Bruttomarge vom Verkaufserlös lediglich die Kosten für Ferkel und Futter abgezogen werden. Unter Berücksichtigung der weiteren Kosten für Kapital, Arbeit, Gebäude, Energie, Tierseuchenkassenbeiträge, Versicherungen usw. haben die meisten Mäster im Jahresdurchschnitt deutliche Verluste eingefahren.

Geschrieben von Richard Ebert am
Muehlenbach
Mitglied seit 11 Jahre 2 Monate

Diese Aussagen sind mir als aktiver Schweinemäster nicht neu.

Bislang haben wir versucht, den immer niedriger werdenden Einkommen durch ein aggressives Aufstocken zu kompensieren, doch bislang ohne Erfolg.

Doch das wird noch nicht das Ende sein, denn es werden noch unmengen Mastplätze aus der Erde gestampft, und das nur, weil die Kommunen uns Betrieben mit solchen Dingen wie Bausperren, Flächennutzungsplänen, Vorranggebiete für Mastanlagen usw. kommen. Das Resultat ist, dass es unmengen von Bauvoranfragen und Anträgen gibt, nur um sich den Standort für Jahre zu sichern.

Meineserachtens eine unüberlegte Strategie. Aber wer weiß, vielleicht wird ja demnächst die Schweinehaltungsverordnung nicht nur 1:1 EU-mäßig umgesetzt, sondern im deutschen Alleingang wie bei der Hennenhaltungsverordnung weit überzogen negativ angewandt.

Dann fehlen uns im Endmastbereich umgerechnet 30% Schweine. Nur mal so zum nachdenken.

Schönen Sonntag noch
Mühlenbach

gautama2
Mitglied seit 11 Jahre 2 Monate

Der Trend zur Überproduktion bei fallenden Preisen scheint bei Commodities ein unausweichliches Phänomen zu sein, dem wohl nur beim Öl mit einer rechtzeitigen Kartellbildung entgegengewirkt wurde, und auch das nur mit Druck von Regierungen, jedenfalls in den USA seinerzeit. Später vielleicht freiwillig und trotzdem spielen auch hier nicht alle mit.

Der Produzent kleinerer Mengen hat im Grunde gar keine andere Überlebenschance als die Produktion zu erhöhen, wenn er nicht untergehen will und treibt sich damit selbst in den Ruin. Das Prinzip der Produktionserhöhung bei fallenden Preisen funktioniert nicht. Seit ich mich mit commodities beschäftige, das sind allerdings noch keine Jahre, lese ich das überall, sei es beim Kaffee oder Kakao und wie gesagt, nur bem Öl scheint die Preisstabilisierung halbwegs zu funktionieren, weil man sich den Markt rechtzeitig freiwillig aufgeteilt hat und so die Produktionsmenge unter Kontrolle hat. Vielleicht bin ich hier aber nicht ganz aktuell, weil ich mich hier erst durch die Geschichte kämpfe und noch nicht in der Gegenwart bin.

Jedem ist sein eigenes Hemd am nächsten, und dem Abnehmer ist es egal, ob der niedrige Preis durch einen ruinösen Wettbewerb zustande kommt und eigentlich unrealistisch ist. Es wird billig gekauft und dieser Selbstmord eiskalt unterstützt. Am Ende ist aber der Abnehmer derjenige, der am lautesten schimpft, wenn es Lebensmittel- oder wie auch immer geartete Skandale gibt, weil man inzwischen genauso skrupellos produzieren muss, um zu überleben.

Das soll bitte nicht heissen, daß die kleinen Schweinemäster schlechte Ware liefern, aber die ganzen Seuchenmeldungen haben ja durchaus eine Ursache und die liegt bei der Produktion, bei wem auch immer und aus welchen Gründen auch immer. Entweder Raffgier oder purer Existenzkampf oder irgendwo dazwischen.

Über ausgebeutete Plantagenarbeiter empört sich auch jeder, wenn man mit ihm darüber redet, aber anschließend wird wieder der billige Kaffee aus dem Regal gezogen oder die günstigste Tafel Schokolade. Ob man damit irgendeinem Militäregime die nächsten Waffenkäufe ermöglicht, kümmert keinen, bis plötzlich Steuererhöhungen ins Haus stehen, weil die Regierung gegen Schurkenstaaten ankämpfen will/muss.

Der Verbraucher diffenrenziert nicht. Luxus und Bequemlichkeit kosten aber ihren Preis und wenn schon nicht auf dem Preisschild, dann eben durch politisch brisante Situationen in den Herstellerländern. Entschuldigung wenn ich etwas abgeschweift bin.

Bei Schweinemästern gibt es natürlich keine Militärregierungen, aber am Ende überlebt auch hier nur der skrupelloseste oder effizienteste Erzeuger und am Ende radikalisiert das vielleicht die Produzenten von kleinen Mengen, weil die weder das eine noch das andere sein können. Ich habe auf arte den Beitrag über die Landwirtschaft in Europa gesehen, und wenn man da so sieht, wie die Schweine in Dänemark hergestellt werden, sowohl in den Mastbetrieben als auch in den Schlachtereien, frage ich mich, wie man da als kleiner Produzent in Deutschland überhaupt eine Chance haben kann.

Soweit das Wort zum Sonntag :)

Schönes Wochenende noch.

Joachim Ruhmann
Mitglied seit 11 Jahre 2 Monate

Hallo Gautama 2 ,

Kaffee- und Kakaopflanzen sind baumartige mehrjährige Früchte. Kaffee trägt nach 4 und Kakao sogar erst nach 10 Jahren Früchte. Sind die Preise dann niedrig, ist der Erzeuger trotzdem gehalten, seine Früchte zum Verkauf anzubieten. Einzig bei fehlender Deckung der Erntekosten durch den Produktverkauf wird er darauf verzichten.

Der Schweinemäster wird analog in seinem bestehenden Stall seine Erzeugung erst unterbrechen, sobald seine veränderlichen Kosten (Ferkel, Futter und allgemeine Kosten Wasser, Strom) nicht mehr abgedeckt sind .

Beim Öl kann hingegen in den maßgeblichen Anbieterstaaten durch eine jederzeitge Drosselung oder Hochfahren der Produktion eine Preisänderung herbeigeführt werden.

Gruß

Joachim Ruhmann

gautama2
Mitglied seit 11 Jahre 2 Monate

Ja, ich verstehe. Das sind andere Regulierungsmechanismen, je nach Produkt. Das macht Sinn.

Danke für den Hinweis.

Muehlenbach
Mitglied seit 11 Jahre 2 Monate

Auch in der Schweinemast werden die Preise diktiert, über Gewinn oder Verlust entscheiden die letzten zwei Wochen der Mast.

Die Tiere können nicht beliebig lange gehalten werden, dann wird man zudem noch bestraft, denn die Tiere sollen einen bestimmten Gewichtsabschnitt einhalten, sonst gibt bei Über/ Unterschreitungen nochmals Abzüge.

Es wird, so schlimm wei es sich anhört, kein Weg an einer Produktionsausweitung vorbei gehen, verbunden mit einer Kosteneinsparung. Verabschieden müssen wir Schweinemäster uns von teuren Stallbauten, zu hohen Pachtpreisen und anderlei "Blödsinn", die zwar Geld kosten, aber nichts einbringen. Dazu zähle ich Dinge wie QS, oder aber auch die teuren "Powerfutter", nur um am Ende die Biologischen Leistungen hoch zu haben.

Vor 5 Jahren wurde gesagt, man solle in Zukunft 2000 Mastplätze sein eigen nennen, um zu überleben, nun geht man von 4000 Plätzen aus.

Das das nicht der richtige Weg sein kann, ist mir auch klar. Es wird aber darauf hinauslaufen.

MFG
Mühlenbach

Joachim Ruhmann
Mitglied seit 11 Jahre 2 Monate

@ Mühlenbach,

das ist korrekt, aber für den Empfänger nicht erschöpfend. Denn wir diskutieren in einem Forum, das sich über Termingeschäfte Gedanken macht und diese nutzt.

Wer beispielsweise im Januar 2003 sich auf April 2003 in Hannover bei Schweinen absicherte lag um 17 € im Deckungsbeitrag über dem "Ungesicherten"

Ist das nicht eine Möglichkeit, diesem 14 Tage Stress im Zeitraum der Endmast zu entgehen?

Gruß

Joachim Ruhmann

BIGPIG
Mitglied seit 11 Jahre 2 Monate

Hallo,

die Ansichten von Mühlenbach kann ich nicht teilen:

Es kann doch wohl nicht angehen, dass es in der Schweinemast nur noch eine Divise gibt: Entweder wachsen oder weichen.

Wie lange wollen Sie und andere bauwillige Mäster dieses durchstehen? Wenn schon jetzt nur geringe Deckungsbeiträge in der Schweinemast erzielt werden, wie kann es dann weiter gehen? Irgendwann wird ihnen das Kapital für die doch so notwendigen Aufstockungen fehlen, und sie werden von der allgemeinen Entwicklung auf dem Schweinemarkt überrollt. Muss man eine Rentabilität an Zahlen festmachen? Sind es 2000 oder 4000 Mastplätze, die einem Mäster den erhofften Gewinn bringen? Ich glaube es nicht.

Was machen Sie und andere bauwillige Mäster, wenn nicht nur geringe Deckungsbeiträge, sondern gar nur Verluste zu erzielen sind. Wie lange wollen Sie das durchstehen? Solange bis Ihr Hof unter den Hammer kommt? Erwarten Sie die gleiche Entwicklung wie im Eiersektor? Anton Pohlmann hat zuletzt für einen Deckungsbeitrag von 1 Pfennig oder noch weniger pro Ei erzielt, und nur durch die Masse an erzeugten Eiern konnte er einen Gewinn erwirtschaften, und das alles auf Kosten der kleinen, mittleren und teilweise auch grösseren Betriebe, die ihre Hühnerhaltung aufgeben mussten. Ist das der Weg, den die Schweinemast gehen sollte und muss? Ich denke nicht.

Wir werden schon in nächster Zeit das Jammern und Wehklagen der Mäster hören, wenn der Deckungsbeitrag nicht mehr schwarz sondern rot geschrieben wird. Ist das nicht schon ein Resultat aus der in den letzten Jahren gestiegenen Bautätigkeit einiger Mäster? Ich hoffe nicht.

Meiner Meinung nach sollte ein guter Landwirt nicht einfach auf "Teufel komm raus" in die Landwirtschaft investieren, und nach der Devise verfahren: In schlechten Zeiten bauen, um in guten Zeiten zu profitieren. Diese Denkweise ist in der heutigen Zeit nicht mehr angebracht. Der Markt hat sich geändert. Der Bauer ist und wird in der heutigen Zeit mehr und mehr ausgebeutet. Die Verbraucher scheren sich nicht darum: Wie geht es den Bauern, die mich ernähren, sondern wie günstig kann ich mich und meine Familie ernähren. Die Preise für Nahrungsmittel sind, im Gegensatz zu vielen anderen Dingen, in letzter Zeit nicht angestiegen. Lidl und Aldi tragen einen grossen Anteil dazu bei. Diese Entwicklung wird sich noch verstärken, und wir Landwirte werden dadurch noch stärker zu leiden haben. Ist das der Weg für die Zukunft? Ich befürchte es.

Ich persönlich bin der Meinung, dass ein Landwirt in der heutigen Zeit nicht immer weiter die alten eingefahrenen Gleise befahren, sondern auch mal eine Weiche in eine andere Richtung stellen, und über seinen Tellerrand hinaus blicken sollte. Es gibt andere (bessere) Möglichkeiten sein Geld zu verdienen.

mfg

Bigpig

lion
Mitglied seit 11 Jahre 2 Monate

Wer sich mit dem Thema "Globalisierung" auseinandersetzt, wird einsehen müssen, daß der Trend dahin geht, daß der Mittelstand auf lange Sicht in den Bankrott getrieben wird.

Auch ich habe auf Arte besagte Sendung mit großem Interesse gesehen. Langfristig wird sich das dänische Modell durchsetzen. Traurig aber wahr! Das gilt nicht nur für die Landwirtschaft, sondern für alle Bereiche.

Gruß

Muehlenbach
Mitglied seit 11 Jahre 2 Monate

Zuerst einmal ist es nicht der "goldene Weg", wenn die Einbrüche am Ertrag durch höhere Produktion erlöst werden müssen. Nur ist es mal so, dass auch der Beste Schweinemäster irgendwann man was essen, Auto fahren und sonstiges will. Und je mehr verkaufte Tiere es sind, um so geringer die Stückkosten.

Natürlich ist die Warenterminbörse eine Möglichkeit, wie ich sie auch nutze. Nur sollte man nicht am realen Geschäft vorbeigehen. Denn sonst sind wir alle nur Spekulanten, und gehen am reellen Geschäft vorbei, siehe am Ölmarkt, wo auch ich mich gefreut habe.

Ansonsten sehe ich hier im Marktumfeld dieselben Tendenzen, wie wir sie im vergangenen Jahr schon hatten, mit der Premisse, dass im Sommer nichts los ist am Markt.

Es kann aber auch anders gehen, wer weiß das schon heute, ob alle Deutschen in den Urlaub fahren werden, wg. Krieg, SARS und Geldmangel. Ganz so pessimistisch kann ich das im Sommer nicht sehen, aber warten wir es mal ab.

MFG
Mühlenbach

Jonny
Mitglied seit 11 Jahre 2 Monate

Hallo Muehlenbach,

kleine Anmerkung, der Deutsche kauft lieber bei Aldi, Liedel & Co das billigste vom Billigsten, wenn er an Geldmangel leidet als auf seinen Urlaub oder eine neue Einbauküche zu verzichten, die er eigentlich garnicht bräuchte.

Wohin das führt brauche ich ja nicht zu erklären.

Gruß
Jonny

gautama2
Mitglied seit 11 Jahre 2 Monate

@ Joachim Ruhmann

Nach kurzer Überlegung und dem Lesen der weiteren Beiträge scheint mir, daß die Regulierungsmachanismen keine anderen sind und das Ergebnis auf dem Markt auch immer das Gleiche ist. Nämlich, daß fallende Preise die Kleinen zur Erweiterung der Produktion drängen und damit eine tödliche Preisspirale in Gang gesetzt wird. Die Geschwindigkeit, in der reguliert werden könnte, hängt vom Produkt ab.

Da hat das Öl natürlich einen Vorteil, was aber nicht verhindert, daß trotzdem 1. Absprachen und Kartelle oder 2. die Verdrängung der Kleinen in Richtung auf Monopolisierung/wenige Große oder beides das Endergebnis sein wird. Subventionen oder andere staatliche Regularien sind jetzt mal unberücksichtigt gelassen.

Daran ändert auch langsameres Wachstum von Kakaobäumen leider nichts.

Viele Grüße

Muehlenbach
Mitglied seit 11 Jahre 2 Monate

Es freut mich, dass es auch mal wieder Grundsatzdikusionen gibt, für und wieder der Schweineproduktion.

Allerdings habe ich noch einige Anmerkungen zu machen; denn es sind nicht die kleinen, die aufgefordert sind, zu wachsen, sondern eher die großen.

Arbeitsmäßig und Logistikmäßig ist es kein riesiger Schritt, von 2000 Mastplätzen auf 3000 Tiere zu gehen, im Gegenteil, es gibt noch Synergieeffekte. Es sind eher die kleinen, die auf Lohnmast gehen, oder das nur noch im Nebenerwerb zu machen.

Nun etwas anderes: Es sollte morgen zumindest ein unverändert geben, denn hier im Nordwesten werden Schweine auch wieder nachgefragt, obwohl am Teilemarkt nicht der goldene Regen lockt.

Wer weiß, wann die Grillsaison eröffnet wird, hier schneit es grade.

MFG
Mühlenbach

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