Gedrückte Stimmung am EU-Schweinemarkt
Hallo,
ich habe hier einen Beitrag von Dr. Dietmar Weiß, Abteilung Vieh und Fleisch der ZMP vom April 2003.
'Gedrückte Stimmung am EU-Schweinemarkt
Am europäischen Schlachtschweinemarkt ist die Stimmung am Boden, teilweise macht sich Krisenstimmung breit. Grund ist der nicht enden wollende Preisdruck, verursacht durch Schwierigkeiten im Drittlandshandel und das für die schwache Nachfrage zu reichliche Angebot. Hinzu kommt, dass europaweit die Ausdehnung der Discounter den Preisdruck verschärft. In nahezu allen EU-Staaten wird deshalb im Jahresdurchschnitt 2003 mit einem geringeren Preisniveau gerechnet.
Rekorderzeugung 2002
Ende vergangenen Jahres wurden in der EU 121,5 Mio. Schweine gehalten, das waren 0,6% weniger als ein Jahr zuvor. Eine merkliche Aufstockung der Bestände erfolgte lediglich in Griechenland und in abgeschwächter Form auch in Italien, Irland und Schweden. Deutlich weniger Schweine wurden dagegen im Vereinigten Königreich, Belgien, Niederlanden, Portugal und Österreich gehalten. Die Erzeugung in der EU übertraf nach vorläufigen Schätzungen mit 202,5 Mio Tieren das Vorjahresniveau um 2,54 Mio. Stück, was einem Zuwachs von 1,2 % entsprach. Weil die Tiere etwas schwerer als 2001 zur Schlachtung gelangten, stieg die Schweinefleischerzeugung um 1,5 % auf annähernd 17,8 Mio t. Im längerfristigen Vergleich ist dies nach 1999 die höchste Produktionsmenge, die jemals erzielt wurde. Anfangs konnte die höhere Erzeugung noch recht problemlos am Markt platziert werden, die Preise bewegten sich im ersten Quartal 2002 auf einem Niveau von 1,39 EUR/kg Schlachtgewicht. Im Laufe des Jahres wurde die Schweinefleischvermarktung jedoch immer schwieriger, da die Nachfrage in der EU stagnierte und die Exporte in Drittländer immer schleppender verliefen: Japan setzte im Sommer die Schutzklausel in Kraft, Brasilien jagte der EU Markt-anteile in Russland ab und die Aufwertung des Euro verringerte die Wettbewerbskraft und sorgte für sinkende Exporterlöse. Um den Markt zu stützen und den freien Fall der Preise zu stoppen, griff die Kommission im letzten Quar-tal 2002 zur Notbremse und bezuschusste die private Lagerhaltung (PLH) für Schweinefleisch. Tatsächlich konnte über den Jahreswechsel hinweg ein stärkerer Preisverfall vermieden werden, da nicht unerhebliche Mengen Schweinefleisch aus dem Markt genommen wurden. Ein kräftiger Rückgang der EU-Schweinepreise um fast 20% gegenüber dem hohen Preisniveau 2001 ließ sich aber auch durch diese Maßnahme nicht verhindern.
PLH-Ware kommt
Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben, und so warten nun gut 110.000t Schweinefleisch aus der PLH auf die Auslagerung, die im April begonnen hat und voraussichtlich im Juni/Juli ihren Höhepunkt erreichen wird, da dann europaweit die meisten Kontrakte auslaufen. Wahrscheinlich ist, dass ein nicht unbe-deutender Teil der eingelagerten PLH-Mengen den Weg nach Japan finden wird. Zurzeit bewegen sich die Ausfuhren wohl in etwa auf dem Vorjahresniveau, die Schutzklausel ist gegenwärtig nicht mehr in Kraft. Sorgen bereiten allerdings die nur geringen Kontraktabschlüsse für das zweite Halbjahr, wie es aus däni-schen Kreisen heißt. Eine Vermarktung größerer Mengen nach Russland wird aufgrund der eingeführten Importquoten und der Konkurrenz aus Brasilien im Moment eher skeptisch gesehen. So wird wohl ein Teil des gelagerten Schweinefleisches auf den EU-Markt gelangen und das eher reichliche Angebot ergänzen.
Erzeugung 2003 nur leicht rückläufig
Nach der Rekordproduktion von 2002 wird nach Einschätzung des Prognoseausschusses bei der EU-Kommission die Erzeugung 2003 nur leicht abnehmen. In der Vorausschau wird davon ausgegangen, dass die Bruttoeigenerzeugung in der EU bei 201,7 Mio. Stück liegen wird, das wären rund 840.000 Tiere oder 0,4% weniger als im Vorjahr. Den größten Beitrag zur voraussichtlich leicht verringerten Produktion werden das Vereinigte Königreich und die Niederlande beisteuern. Auf der grünen Insel setzte sich laut der letzten Viehzählung im Dezember der massive Bestandsabbau fort, so dass mit einem Produktionsrückgang von rund 8% in diesem Jahr gerechnet wird. Die Nachwehen der MKS-Krise und die anhaltenden Probleme mit anderen hartnäckigen Tierkrankheiten machen britischen Schweine-haltern weiterhin zu schaffen. In den Niederlanden wird von der Produktscharp (PVE) ein nochmaliger Rückgang der Bruttoeigenerzeugung um mindestens 6 % erwartet, da im Jahr 2003 das staatliche Programm zur Produktionsaufgabe aus-läuft. Für 2004 rechnet man mit einer Stabilisierung der Erzeugung bei rund 18 Mio. Tieren, da kein Folgeprogramm geplant ist. Spürbar abgenommen haben die Wachstumsraten der Schweineproduktion in Dänemark und Spanien. In Dänemark rechnet man mit einem moderaten Produktionsanstieg von 1,4 % im Jahr 2003, weil sich das Angebot an die schlechter werdenden Bedingungen im Export anpasst.
Bei Preisen von nicht einmal 1,20 Euro/kg Schlachtgewicht können auch viele dänische Erzeuger nicht in den schwarzen Zahlen wirtschaften und treten auf die Expansionsbremse. Auch in Spanien scheinen die Zeiten des ungebremsten Wachstums erst einmal vorbei zu sein. Die Nachwirkungen der Schweinepest und die in einigen Regionen verschärften Umweltauflagen bremsen den weiteren Produktionsanstieg. Für 2003 wird mit einer nahezu unveränderten Erzeugung gerechnet. In Deutschland ist nach einer Zunahme der Schlachtungen im ersten Quartal im weiteren Jahresverlauf mit einer Annäherung der Erzeugung an die Vorjahreslinie zu rechnen, erst im vierten Quartal wird voraussichtlich das Vorjahresniveau etwas unterschritten. Nach heutigem Kenntnisstand dürfte die Erzeugung im Jahresschnitt rund 1 % zulegen.
Preise unter Vorjahresniveau
Das hohe Produktionsniveau wird bei stagnierendem Verbrauch und eingetrübten Exportaussichten aller Voraussicht nach 2003 niedrigere Preise für die Schweineerzeuger in der EU mit sich bringen. Besonders skeptisch beurteilen die exportabhängigen Dänen und Niederländer den diesjährigen Preisverlauf. Zwar
wird in diesen Ländern mit einer moderaten Preiserholung im zweiten Quartal gerechnet, für das zweite Halbjahr werden allerdings schon wieder leicht nachgebende Preise erwartet. Im Jahresdurschnitt gehen die Niederländer (PVE) von einem Rückgang in Höhe von 4 %, die Dänen (Danske Slagterier) sogar von gut
8 % gegenüber dem Vorjahr aus. Freundlicher wurde die Situation im Prognoseausschuss vom französischen Vertreter beurteilt, der trotz eines Preisabschlags von 10% im ersten Quartal von nahezu unveränderten Preisen im Jahresdurchschnitt ausging. Angesichts der akuten Probleme am französischen Markt möglicherweise eine zu optimistische Prognose. In Belgien und Spanien wird für das Jahr 2003 ein Rückgang der Erzeugerpreise um 5 % erwartet, womit sich diese Länder auf einer Linie mit der deutschen Prognose befinden. Hier zu Lande ist aus heutiger Sicht damit zurechnen, dass die Preise bestenfalls ein ahresmittel von rund 1,30 Euro/kg für die Handelsklasse E erreichen werden. Wenn die Nachfrage nicht anspringt, könnten es auch einige Cent weniger sein. Trotz der eher trüben Aussichten für den Schweinemarkt im Jahre 2003 bleibt ein wenig Hoffnung, denn nahezu alle EU-Experten erwarten für das vierte Quartal wieder Preise über der Vorjahreslinie und die EU-Erzeugung dürfte gegen Jahresende das Vorjahresniveau unterschreiten. Folgt man dem Verlauf des Schweinezyklus, könnte die Produktion 2004 weiter abnehmen und eine Preisbefestigung eintreten. Bis dahin gilt es, die Durststrecke zu überwinden.
v: vorläufig; *: geschätzt Quelle: EU Kommission und eigene Schätzungen.
mfg
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