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Kartoffeln: WTB Hannover profiliert sich als Systemanbieter

Die zurückliegende Woche bescherte der Warenterminbörse Hannover (WTB) einen optimistischen Ausblick: Nach langer Durststrecke wurden wieder Kartoffelkontrakte in nennenswertem Umfang gehandelt. Dabei wirkt sich das durch Veredelungs- und Britische Kartoffeln komplettierte Kontraktangebot positiv aus.

Der seit dem Börsenstart im Jahre 1998 erfolgreich eingeführte Speisekartoffelkontrakt der WTB Hannover erhielt in den letzten Monaten nur wenig Zuspruch. Das Absichern befriedigender Deckungsbeiträge war angesichts der europäischen Angebotssituation nur selten möglich. Zu einer Absicherung unterhalb der eigenen Produktionskosten konnten sich viele Landwirte nicht durchringen. Insofern muss das Kartoffeljahr 2002/03 aus Sicht der deutschen Kartoffelerzeuger und der Börse als nicht zufriedenstellend beurteilt werden.

Trotz einer um eine Mio. Tonnen kleineren Deutschen Gesamternte blieben die Preise über das gesamte Jahr auf einem unbefriedigenden Erzeuger-Preisniveau. Kartoffelbauern aus den Niederlanden, Belgien und Frankreich produzierten nämlich Rekorderträge und boten ihre Knollen unterhalb der Produktionskosten an.
Zum wiederholten Male mussten auch deutsche Landwirte erkennen, dass ihre Kartoffelpreise nicht mehr alleine in Deutschland gemacht werden.

Die Europäische Produktion und der Handel von Kartoffeln und Kartoffelprodukten findet zu mehr als 75 % in Holland, Belgien, Nordost-Frankreich, dem südlichen Großbritannien und Nordwest-Deutschland statt. Alles konzentriert sich also immer mehr in einer Region, in der nicht nur klimatisch ideale Standortbedingungen vorhanden sind, sondern auch eine Infrastruktur inklusive aller Dienstleistungen angeboten wird, die es weltweit nicht ein zweites Mal gibt.

Diese Erkenntnis bewog die Verantwortlichen der WTB schon vor einem Jahr, neben dem Speisekartoffelkontrakt nun auch einen Kontrakt auf Veredelungskartoffeln aufzulegen. Außerdem führte die WTB zu Beginn diesen Jahres auf Wunsch britischer Marktteilnehmer einen Index-basierten Kontrakt auf London-Potatoes ein, da sich die dortige Börse Liffe von Agrar-Terminkontrakten auf heimische Produkte getrennt hatte. Mit den drei Kartoffelkontrakten, die dreiviertel des europäischen Konsum-Kartoffelmarktes repräsentieren und auf der Handelsplattform einer Börse angeboten werden, ist die WTB nun bestens gerüstet der Kartoffelbranche, ihren Anteil an qualifizierter Service-Leistung zu erbringen.

Nachdem in den letzten Tagen fast ausschließlich bullische Faktoren den Kartoffelmarkt und seine Notierungen nach oben trieben, kommt endlich wieder Leben in den Handel mit Kartoffel-Futures der WTB. Als Vorteil erweist sich nun das breit gefächerte Kontraktangebot, welches auch den Anlegern größtmögliche Flexibilität bietet. Wer nicht so tief im Kassamarkt verwurzelt ist und sich dennoch der Faszination der extremen Preisbewegungen im Kartoffelmarkt nicht entziehen will, der handelt Spreads zwischen den verschieden Produkten oder den verschieden Fälligkeiten. Der dadurch erreichte stetige Handel bringt engere Geld-Brief-Spannen und erleichtert weiteren Marktteilnehmern den Einstieg.

Die Service-Leistungen der WTB sind damit allerdings noch nicht erschöpft. Zurzeit befindet sich eine Finanzierungsgesellschaft in Gründung, die Lagerhaltern und Produzenten Projektfinanzierungen von Lagerbeständen im Zusammenhang einer Preissicherung durch WTB-Kontrakte anbieten will. Unterstützt wird das Ganze durch die Politik, denn um das alles noch weiter abzurunden, wird es schon bald für Hedger Landesbürgschaften zur Besicherung von Marginzahlungen geben.

Das System der Finanzdienstleistungen rund um die europäische Landwirtschaft befindet sich also immer noch im Aufbau und wird zielstrebig durch die Dienstleister der WTB und der Politik vorangetrieben. Wenn im Jahre 2006 die gemeinsame Europäische Agrarpolitik ohne produktbezogene Zuschüsse auskommen soll, wird das gesamte System stehen und den Marktbeteiligten ein eigenverantwortliches Risikomanagement ermöglichen. Die Zeit bis dahin sollten Unternehmer allerdings nutzen, um sich für die Zukunft fit zu machen. Denn schon heute hört man aus der Politik immer häufiger den Begriff der Eigenverantwortung. Schon bald wird aus dieser Worthülse brutale Wirklichkeit.

Joachim Tietjen
HANSA Terminhandel GmbH

Geschrieben von HANSA Terminhandel am
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