Milch: Im Würgegriff der Milchpulver-Berge
Mit Milchpreis im Würgegriff
Von Günther Ehrhardt
Thüringer Allgemeine Zeitung, Kyhhhäuserkreis (04.03.10) - Proteste der Milchbauern sind nicht nur an den Politikern in Brüssel ungehört vorbeigegangen. Die Milchpreise sind weiter im Keller und daran wird sich wohl in den nächsten Monaten nichts ändern. 80 000 Tonnen Butter und 280 000 Tonnen Milchpulver "schlummern" in Lägern.
"Die Milchpreise haben uns fest im Würgegriff", erklärte Thomas Beck, Vorsitzender der Landesvereinigung Thüringer Milch, und umriss damit die Sorgen auch der Milchbauern des Kyffhäuserkreises. Der Vorsitzende nennt brisante Fakten: 20 Prozent des Produktionswertes in der Thüringer Landwirtschaft kämen aus dem Milchverkauf. Im Jahre 2007 seien das 307 Millionen Euro - ein Jahr später 315 Millionen Euro gewesen. Aufgrund des enormen Preisverfalls sei diese Summe im vergangenen Jahr auf 220 Millionen Euro abgesackt. Das entspreche rund zehn Cent je Liter Milch weniger. Andererseits aber seien 34 bis 35 Cent je Liter nötig, um die Kosten zu decken, rechnet Beck vor. Derzeit erhalten die Milchbetriebe zwischen 26 und 27 Cent je Liter Milch. Konnten die roten Zahlen durch gute Getreidepreise im Jahre 2008 noch wettgemacht werden, "geht es jetzt ans Eingemachte - sofern man noch welches hatte". Auch die Getreidepreise seien gefallen. "Die Liquidität vieler Betriebe ist aufgezehrt", betont Thomas Beck. "Was wir jetzt brauchen, sind Hilfen für Zahlungssicherheit." Im Kyffhäuserkreis haben von einst 15 Milchbetrieben fünf die Stalltür für immer zugemacht. Damit seien auch 12 Arbeitsplätze verlorengegangen. Aufgehört haben Großeberndten, Allmenhausen, Oberheldrungen, Greußen sowie Voigtstedt. Damit gebe es im Kreis auch 4800 Kühe weniger. Andererseits aber sei in Thürringen die Milchleistung um 170 Liter je Kuh gegenüber 2008 gestiegen. Mit 8816 Litern je Kuh nehme der Freistaat Thüringen in Deutschland einen Spitzenplatz ein. Ein Teufelskreis. Denn damit sei weiter zu viel Milch auf dem Markt. Danach müssten 30 Prozent der Milchproduktion weg, um die Preise zu verbessern. Aber erst 2015 fällt in der EU endlich die Quotenregelung weg.
Alle hätten die Nase voll von der Milch - auch die Politiker, die die Regulierung jetzt dem Markt überließen, erläuterte Thomas Beck das Dilemma.
Eine Abwrackprämie für Kühe sei niemand eingefallen. Auch bei den Milliarden für Kurzarbeitergeld sei die Landwirtschaft außen vor. Und aus dem Sofortprogramm Landwirtschaft habe die Regierung ein "Sonder-Programm" Landwirtschaft gemacht. Man schiebe und verzögere. Dagegen seien für die Hypo Real Estate allein 100 Milliarden Euro über Nacht bereitgestellt worden.
Deshalb richtete Thomas Beck an den Thüringer Landwirtschaftsminister Jürgen Reinholz (CDU) unlängst die Forderung, auch den Landwirten Zugang zum Thüringer Bürgschaftsprogramm für den Mittelstand zu verschaffen.