Regional: Einen Euro für zwei Schweinehälften
Sauerei: Einen Euro für zwei Schweinehälften
Langenbernsdorf (12.02.04) „Schwein gehabt“, das können die 22 Mitarbeiter der Tierzucht GmbH Langenbernsdorf zu Beginn des neuen Jahres nicht sagen. „Die immensen Kostenerhöhungen sind erdrückend“, wettert der Betriebsleiter Eckhard Gelfert. Das Futter sei gegenüber dem Vorjahr um 30 Prozent teurer. Eine Erhöhung um 20 Prozent wäre nachvollziehbar. So viel betrug die Ertragseinbuße für die Landwirte wegen der Trockenheit im Vorjahr. Woraus aber die anderen zehn Prozent resultieren, ist für den Unternehmer unklar.
Auch in Bezug auf die steigenden Wasser-, Energie- und Heizungskosten gibt es viele Fragen. Zum Beispiel zum Ölpreis. „Der Dollar ist um 25 Prozent billiger als vor einem Jahr, aber im Preis wirkt sich das nicht aus“, schimpft Eckhard Gelfert auf diese „Sauerei“.
Diese Preistreiberei sei nicht normal. Auch die Schweinehaltungsverordnung in Deutschland nicht. Die Schweinehaltungs-Tierschutzverordnung in der Europäischen Union müsste doch für alle EU-Länder gelten. Doch die Ministerin für Umwelt und Verbraucherschutz, Renate Künast strebe eine Verschärfung dieser Verordnung für deutsche Schweinehalter an.
Demnach müsse in Deutschland pro Tier mehr Platz als in den anderen EU-Ländern angeboten werden. „Das ist ein Wettbewerbsnachteil gegenüber den anderen Ländern der Europäischen Gemeinschaft“, betont Eckhard Gelfert, der als Vorsitzender des Mitteldeutschen Schweinezuchtverbandes auch die Interessen der anderen Züchter des Freistaates sowie der von Sachsen-Anhalt und einem Teil Brandenburgs vertritt. Zum Glück sei des Ansinnen im Bundesrat abgelehnt worden.
Bei diesen erdrückenden Belastungen sei es kein Wunder, dass immer mehr Unternehmen nach Tschechien oder Polen abwandern. Auch die komplizierte Marktlage trage dazu bei. Aus dem Ausland wurden im Vorjahr zirka zwei Millionen Mastschweine eingeführt, obwohl in Deutschland im Vorjahr 26,5 Millionen Schweine gehalten wurden. Damit sei der Bestand um 0,9 Prozent gestiegen und der höchste seit elf Jahren erreicht.
„Wir bleiben trotzdem am Standort“, betont der Betriebsleiter. Nicht nur die 22 Arbeits- und die beiden Ausbildungsplätze wären von der Standortfrage betroffen, sondern auch die anderen Industriezweige, wie Fleischverarbeitung, Futtermittelherstellung, Wasser- und Energieerzeugung sowie Handel.
Die Tierproduktion im Langenbernsdorfer Betrieb richtet sich nach den Mengen, die das Bundesemissionsschutzgesetz zulässt. Das seien zirka 58.000 Tiere, die den Betrieb im Jahr verlassen. Davon würden allein 8000 bis 9000 Jungsauen vermarktet. Hinzu kommen 28 Tage alte Babyferkel mit einem Gewicht von acht Kilogramm, Mastschweine und selektierte Muttersauen. Der erwirtschaftete Ertrag für den Betrieb sei aber gering. Zwei ausgeschlachtete Schweinehälften mit einem Gewicht von 92 Kilogramm würden bei einem Kilopreis von derzeit 1,15 Euro lediglich 105,80 Euro erbringen. „Damit bleibt nur ein Euro Gewinn übrig“, rechnet der Unternehmer vor.
Trotz der komplizierten Situation ist Eckhard Gelfert optimistisch. In der Tierzucht GmbH seien alle Voraussetzungen vorhanden, dass eine stabile Existenz weiterhin möglich ist. „Wir müssen eben künftig noch mehr Ferkel pro Sau produzieren und für noch weniger Verluste sorgen“, meint er.
(Quelle: http://www.freiepresse.de)