Vion übernimmt insolvente Artland Fleischwaren
Artland Fleischwaren: 480 Jobs vorerst gerettet
Von Klaus Jongebloed
Neue Osnabrücker Zeitung, Osnabrück (31.07.06) - Das zermürbende Warten, das Bangen um die berufliche Zukunft hat für die rund 480 Mitarbeiter ein Ende: Der insolvente Schlacht- und Zerlegebetrieb Artland Fleischwaren GmbH in Badbergen ist vorläufig gerettet. Ein Jahr nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist gestern in Osnabrück die Übernahme durch den niederländischen Schlacht- und Nahrungsmittelkonzern Vion N.V. zum 1. September dieses Jahres besiegelt worden.
Die Nachricht wird in der Belegschaft mit großer Erleichterung aufgenommen. "Es wird Zeit, dass wir wieder in ruhigeres Fahrwasser kommen. Viele von uns haben schon nicht mehr an eine Rettung geglaubt", sagt ein Mitarbeiter unserer Zeitung.
Insolvenz-Sachbearbeiter Olaf Schlüter, der gemeinsam mit Insolvenzverwalter Heinrich Stellmach aus Osnabrück den Betrieb fortgeführt und in allen Geschäftsbereichen aufrechterhalten hatte, zeigt sich zufrieden mit dem Erreichten: "Die Jobs am Standort Badbergen bleiben erhalten." Nach Schlüters Worten zahlt Vion als vorläufigen Kaufpreis rund zwölf Millionen Euro. Die Verbindlichkeiten in Höhe von 25,2 Millionen Euro brauche Vion indes nicht zu übernehmen. Diese Summe wandere in die Insolvenzmasse - schmälert also das Vermögen, aus dem die Gläubiger je nach Quote bedient werden. Der Gläubigerausschuss muss zwar der Übernahme noch zustimmen, Schlüter erwartet aber "keine Hürden".
Der Kauf von Artland betrifft auch deren Tochter Keba Tiefkühlkost, deren Produktionssitz sich in Karben bei Frankfurt/Main befindet. Die Vion Food Group zählt zu den Global Playern der Fleischbranche, lag laut einem in der "Lebensmittel-Zeitung" veröffentlichten Ranking 2005 an der Spitze der Schweineschlachtungen Deutschlands. Weltweit rangiert Vion, das auch Standorte in Emstek/Landkreis Cloppenburg und Lingen hat, unter den ersten vier Fleischkonzernen. In Europa liegt es auf Platz zwei.
Laut Vion-Sprecherin Anja Kleine-Wilde machte der Konzern mit insgesamt 15500 Mitarbeitern 2005 einen Umsatz von 7,3 Milliarden Euro. Zuletzt hat Vion unter anderem Unternehmen wie Südfleisch, Moksel und NFZ übernommen. Kleine-Wilde sagt, Vion wolle mit der Übernahme von Artland besonders seinen so genannten Convenience- und Tiefkühl-Bereich stützen. Dabei handelt es sich um Produkte wie Schnitzel, Frikadellen und Cevapcici.
Doch die Freude über die Übernahme wird nach Informationen unserer Zeitung zugleich durch erheblichen Frust in der Belegschaft getrübt. In der Kritik ist vor allem ein neuer Arbeitsvertrag, der auch unserer Zeitung vorliegt. "Das ist eine Knebelung. Aber wir hatten keine Wahl", sagt ein Mitarbeiter. Ein anderer Kollege spricht sogar von "Ausbeutung".
Künftig gilt unter anderem für die Mitarbeiter: 42- statt 40-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich, 27 statt bisher 30 Urlaubstage. Und: Kein Weihnachts- und Urlaubsgeld. Zur Kritik an diesen Konditionen sagt Schlüter: "Das ist ein unumgänglicher Schritt, um eine Wirtschaftlichkeit zu erreichen."