tradexxx
Mitglied seit 10 Jahre 8 Monate

Grundeinkommen: Echte Lösung oder totaler Unsinn ?

Mich hat die geschlossene Einigkeit verwundert, mit der die Idee vom Grundeinkommen lapidar als "Spinnerei" vom Tisch gefegt wurde.

Um die Diskussion nicht in den zweifelhaften Einfluss von Frick und Lafontaine zu stellen, eröffne ich mal diesen Beitrag.

Die Kritiker des Grundeinkommens sollten sich vor Augen führen, das "Arbeit" in den uns bekannten industriellen Struktur ein Phänomen ist, das seit gut rund 80 Jahren existiert (im Grunde seit den Weltkriegen).

Davor war Arbeit seit Jahrhunderten eher in Familien, Kleinbetrieben, höfischen Gemeinschaften und in selbständigen Tätigkeiten vorhanden. Frühere Arbeit war zeitlich unstrukturierter (z.B. keine festen Arbeitszeiten, Saisonarbeiten, Arbeit wie sie gerade anfällt) - aber dafür eingebunden in wesentlich festere soziale Strukturen (Familien, Dorfgemeinschaft, Hofgemeinschaften, Sippen usw.). 90% der Arbeit war früher selbständig organisiert - 10% war industrielle Arbeit. Heute ist es genau umgekehrt.

Die zeitlich straff und an industriell konzentrierte Arbeit hat diese Strukturen völlig zerschlagen und aufgelöst.

Das schafft heute erhebliche Probleme, denn es hat einen passiven Bedürftigkeitsmenschen erschaffen - der aufgrund der komplett industriell organisierten Struktur unserer Gesellschaft und ohne natürliches, breites soziales Netz - in massive Probleme gerät, wenn er "Arbeit" verliert.

Es ist allerdings so, dass Arbeit tendenziell weniger wird - durch technologischen Fortschritt plus Globalisierung. Mussten Arbeiter früher ihre Arbeit mit Arbeitern aus dem eigenen Land oder der Region teilen - so müssen sie das heute mit einigen Milliarden Menschen weltweit.

Es ist also ein Märchen, dass wir die Entwicklung der industriellen Arbeit immer weiter vorantreiben können. Selbst Vorbildsland der Arbeit "Amerika" verwaltetet mitterlweile nur noch Markennamen und Patentrechte - statt zu prodizieren und herzustellen. Sie können sich den Luxus erlauben, weil sie diese Patente und Marken besitzen - während Staaten wie Deutschland, die auf "handfester Arbeit" basieren in erhebliche Probleme taumeln.

Erst hat man den "industriellen" Menschen geschaffen - jetzt wo sich Arbeit durch Fortschritt und Struturwandel kontinuierlich verringert, wird er zur Last.

Was also tun mit diesen Menschen? Zum Spargelstechen schicken? So viel Spargel gibt es gar nicht.

Ich finde sehr wohl, dass die Profiteure des Systems an die Kandarre genommen werden müssen und dass allgemein Lösungen gefunden werden müssen. Sonst wird sich die "Deutschland"-Epedemie sehr bald in vielen Ländern breit machen, die dem deutschen Weg als Wirtschaftwunder in der Frühphase der fortgeschrittenen Industrialisierung gefolgt sind. Wirtschaftaufschwünge in Zukunft bedeuten NICHT MEHR ARBEIT! Daran werden wir uns gewöhnen müssen.

Wir brauchen ein neues Denken, neue Ansätze - die alten Regeln greifen nicht mehr. Deutschland ist das beste Phänomen. Immer nur auf den Verlierern herumzuhacken und ihnen Unwillen zu unterstellen kann keine Lösung sein.

Da finde ich den Vorschlag des Grundeinkommens durchaus bedenkenswert.

Wir brauchen wieder viel mehr Selbständigkeit, freie und aktive Arbeitsmöglichkeiten auf freier Entscheidungsbasis - und keinen absurden Sozial-Staat, der Bürger unmündig macht, Renten- und Gesundheitskassen auf Zwang, die unbezahlbar werden und zu nichts führen als freie Arbeit und Entscheidung unmöglich zu machen.

Wer sich in mit einem Kleingewerbe selbständig machen will, muss vom Start an das Gehalt einer mittleren bis oberen Angestelltenstelle von 1000 Euro Reingewinn pro Monat einbringen, um allein seinen Versicherungspflichten nachzukommen - ohne dazu einen echten, nachgewiesenen und vor allem in der Anfangszeit notwendigen Gegenwert zu bekommen.

Statt einer bizarren Grundversorgungs-Lüge, die ein ganzes Land lähmt, erscheint mir der Grundeinkommens-Gedanke wesentlich sinnvoller.

Natürlich hört es sich wie Spinnerei an - noch? Aber Jule Vernes Romane waren auch Spinnerein. Und die Probleme sind ja da - Lösungen dagegen nicht in Sicht. Warum also nicht um die Ecke denken? Altbekanntes aber über Bord werfen, wenn es zu nutzlosen (gefährlichen) Ballast wird? Anders kann es keinen Fortschritt geben.

frank164
Mitglied seit 10 Jahre 8 Monate

@ tradexxx [#1]

Dem kann ich mich nur anschliessen. Die derzeitigen Probleme sind ja offensichtlich, also sind Lösungen dafür gefragt. Und Konzepte wie negative Einkommenssteuer und bedingungsloses Grundeinkommen sind ja nun auch offensichtlich nicht so neu (was mich ehrlich gesagt auch überrascht hat, als ich zum ersten Mal davon gehört habe).

Natürlich würde die Einführung keine problemlose Welt schaffen, es gibt viele Arbeiten, die nötig, aber unangenehm sind, und natürlich ist es dann ein Problem, Leute zu motivieren, sie zu übernehmen. Und ebenso gibts ja viele wichtige und verantwortungsvolle Tätigkeiten wie z.B. Arzt, für die eine lange Ausbildung und kontinuierliche Erfahrung nötig sind, und auch hier fragen sich dann vielleicht viele, warum sie das auf sich nehmen sollen, wenn sie auch "einfach so" überleben können.

Letzteres ist aber vielleicht weniger ein Problem, denn solche Berufe ergreift man ganz bestimmt auch jetzt nicht nur aus der Motivation des Geldverdienens heraus. Wenn ich z.B. sehe, dass Menschen, die mir wichtig sind, nicht geholfen werden kann, so ist das schon auch Antrieb, sich mal umzusehen, ob man denn nicht da etwas dazu beitragen kann, dort etwas zu verbessern und sich zu beteiligen, auch wenn man vielleicht nicht das Zeug zum C4-Professor hat.

Ich glaube kaum, dass jemand Freude daran hat, sein ganzes Leben nur Party zu machen und sich auf Mauritius Sonnenuntergänge anzuschauen, den Wunsch etwas Nützliches und Sinnvolles zu tun, dürften die meisten haben. Das wollten die meisten, als sie jung waren, aber viele sind dann sozusagen in der Realität abgetaucht und ihre Wünsche mussten begraben werden. Und durch ein Grundeinkommen bestünde die Freiheit, sich auch so zu verwirklichen, wie man das möchte. Wer gern sieben Kinder haben möchte kann das tun, wer lieber nur vorm Rechner sitzt und Proteine faltet, weil er wissenschaftliche Ambitionen hat, kann das auch tun.

Diskussionswürdig finde ich diese Ideen auf jeden Fall, sie von vornherein abzulehnen, nur weil sich auf den ersten Blick Probleme daraus ergeben, finde ich nicht richtig. Die Aufgaben, die dann zu bewältigen sind, werden andere sein, aber es würde wieder ein Stückchen vorwärtsgehen. tradexxx kann ich nur rechtgeben - schauen wir uns an, wie die Welt vor hundert Jahren war und was sich seitdem getan hat. Und genausowenig können wir uns heute vorstellen, was in hundert Jahren sein wird. Nur eins ist sicher, wenn wir stur an dem festhalten, was heute ist, wird sich nix ändern und verbessern, und das wäre sehr schade. So das Gelbe vom Ei ist die heutige Arbeitswelt ja nun wirklich nicht, dass wir sie für das Nonplusultra halten müssten.

Und mal ehrlich, die meisten Leute in diesem Board sind doch hier, weil sie insgeheim sowas möchten: Geld bekommen, ohne "richtig" dafür zu arbeiten, dadurch dann Zeit und Freiheit gewinnen für die Dinge, die "wirklich" wichtig sind. Oder irre ich mich da?

Gast

dm-Chef hält Hartz IV für Menschenquälereidm-Chef Goetz Werner vertritt ungewöhnliche Positionen für einen Manager. Seit einiger Zeit kämpft er offensiv für ein garantiertes Grundeinkommen. Hartz IV gleiche "offenem Strafvollzug", schimpft er jetzt in einem Magazin. Aufgabe der Wirtschaft sei es, die Menschen von Arbeit zu befreien. Außer dem Artikel findet ihr hier eine kritische Bewertung von Werners Position.
Hamburg - "Hartz IV ist offener Strafvollzug. Es ist die Beraubung von Freiheitsrechten. Hartz IV quält die Menschen, zerstört ihre Kreativität", schimpft Goetz Werner, Chef der Drogeriemarktkette dm, im "Stern"-Interview. Es sei ein Skandal, "dass eine rot-grüne Regierung dieses destruktive Element in die Gesellschaft gebracht" habe, so der 62-Jährige.
Seit mehreren Monaten kämpft Werner offen für eine völlig neue Auffassung von Arbeit. Den Startschuss gab eine großformatige Anzeigen, mit der der dm-Chef gemeinsam mit Steuerexperte Benediktus Hardorp in mehreren Medien für ein garantiertes Grundeinkommen warb. Wie genau das realisiert werden könnte, erklärte Werner in einem Interview mit Spiegel Online
Inzwischen hat Werner den Ton noch erheblich verschärft. Die Zeiten der Vollbeschäftigung seien "endgültig vorbei", erklärte er nun dem "Stern". Die Politiker seien jedoch "vernagelt" und weigerten sich, die neue Wirklichkeit zu akzeptieren. "Sie sind narkotisiert vom Vollbeschäftigungswahn. Vollbeschäftigung ist eine Lüge, ein Mythos." Das "manische Schauen auf Arbeit" mache alle krank.
Aufgabe der Wirtschaft sei es, die Menschen von Arbeit zu befreien. Anstelle eines Rechts auf Arbeit "brauchen wir ein Recht auf Einkommen", bekräftigte Werner seine Forderung nach einem Grundeinkommen von bis zu 1500 Euro für alle und lebenslang. "Ein bedingungsloses Grundeinkommen ohne Auflagen, ohne Formulare", das es den Menschen ermöglichen solle, "ein Leben in Würde und frei von Existenzängsten" zu führen.
Finanziert werden soll dieses Bürgergeld über die Mehrwertsteuer, die "allerdings kräftig, vielleicht sogar auf 50 Prozent ansteigen müsste". Alle anderen Steuern gehören nach Auffassung des Unternehmers abgeschafft.
Die Klagen seiner Unternehmer-Kollegen über zu hohe Abgaben bezeichnete Werner jetzt als "Lug und Trug". Die Unternehmer zahlten so gut wie keine Steuern: "Klagen und Jammern gehören zum Geschäft. Aber jeder Unternehmer wälzt seine komplette Steuerlast auf die Preise ab."
ase

Quelle: spiegel.de vom 19.04.06

So "ungewöhnlich", wie behauptet, ist die Position von Götz Werner gar nicht.
Nicht für Manager, nicht für die KapitalbesitzerInnen (Götz Werner ist nicht nur Manager, sondern auch Besitzer der dm-Kette) und ihre "ExpertInnen" in diversen Wirtschaftsinstituten.
So geht die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens für alle u.a. auch auf Milton Friedmann zurück, den Oberguru der Neoliberalen. Prof. Thomas Straubhaar vom Hamburger Weltwirtschaftsinstitut (HWWI), das neben dem Münchner ifo-Institut zu den aggressivsten Think Tanks der Neoliberalen zählt, tritt ebenso offensiv mit der Idee an die Öffentlichkeit wie andere Alt- und neoliberale Gruppen bis hin zur FDP. Die Modelle differieren, der Kern ist der gleiche:
Die Herren sehen, dass ihre auf Profitmaximierung und Kapitalakkumulation aufgebaute Wirtschaftsordnung Vollbeschäftigung nicht garantieren kann - die Zeit des sog. "rheinischen Kapitalismus" oder "Fordismus" war eine Ausnahmesituation angesichts besonderer historischer Bedingungen, nicht die kapitalistische Regel. Wenn Herr Werner uns allerdings weismachen will, dass es das ZIEL dieser Wirtschaft sei, die Menschen von der Arbeit zu befreien, wirft er natürlich Nebelkerzen. Der Vorsitzende des Sachverständigenrats der Bundesregierung, Bert Rürup, bezeichnete Unternehmen richtigerweise als "renditegesteuerte wirtschaftliche Einrichtung" (Bert Rürup, Fischer-Wirtschaftslexikon, Frankfurt 1995, 279). Bei der kapitalistischen Produktionsweise geht's also um die Rendite, um maximale Kapitalverwertung, nicht um Bedürfnisse der Menschen und nicht um Befreiung von der Arbeit. Die Herren suchen nun nach Lösungen, wie sie das Heer der für die Kapitalverwertung Überflüssigen soweit befrieden können, dass sie nicht auf den verwerflichen Gedanken kommen, die kapitalistische PRODUKTIONSWEISE als solche könnte faul sein.
Die Herren sehen ferner, dass sie immer größere Schwierigkeiten haben, ihre immensen angehäuften Kapitalien mit maximalen Renditen zu verwerten. Auch hier suchen sie Lösungen: Lohndumping, Herabsetzung bzw. Beseitigung der sog. "Lohnnebenkosten", Arbeitsverdichtung und Arbeitszeitverlängerung, Befreiung von der paritätischen Finanzierung der Sozialausgaben, Steuersenkungen für Reichtumseinkommen und Unternehmensgewinne. Sie bewegen sich dabei in einem fehlerhaften Kreislauf: je mehr sie "den Faktor Arbeit" verbilligen, je mehr Arbeitskräfte sie freisetzen, und damit die Masseneinkommen drücken, desto weniger können sie die Fülle der Waren absetzen und Gewinne realisieren.

Was liegt da näher, als beide Probleme miteinander zu verbinden. Götz Werner bringt das in seinem Modell auf den Punkt:
Das von ihm propagierte Grundeinkommen wird bei den lohnabhängig Beschäftigten mit den Lohneinkommen verrechnet und wirkt hier nicht anders als gigantische Lohnsubvention an die Unternehmer (Kombilohn auf die Spitze getrieben). Nachzulesen auf seiner WebSite "Unternimm die Zukunft" (http://www.unternimm-die-zukunft.de) Begründet wird das u.a. damit, dass "Arbeit in Deutschland unbezahlbar" geworden sei (Götz Werner bei einer Podiumsveranstaltung an der Uni Dortmund am 10.02.06.). Thomas Straubhaar antwortet auf die Journalisten-Frage „Also eine staatliche Grundsicherung für alle, nicht nur für Rentner?“: „Ja, sie darf an keine Bedingung geknüpft sein. Alle 80 Millionen Bundesbürger sollen sie bekommen. Kombilohn-Modelle" [weil sie jetzt „Bedingungsloses Grundeinkommen“ heißen;StS] "oder Mindestlöhne werden dann obsolet. Wir müssen dann aber auch akzeptieren, dass es extrem niedrige Löhne geben kann.“ (Prof. Straubhaar in Berliner Zeitung vom 17.3.2006)
Nach dem Götz-Werner-Modell werden die Kapitalgewinne und Einkommen von allen Steuern und Abgaben entlastet, das Grundeinkommen und alle anderen staatlichen Leistungen werden über die Mehrwertsteuer, also eine Konsumsteuer, finanziert, die unterschiedslos Reiche und Arme aufzubringen haben, die letztere aber bekanntlich in besonderer Weise belastet. Thomas Straubhaar vom HWWI favorisiert demgegenüber eine Flattax von 25% auf alle Einkommen gleichermaßen (Kirchhoff und Merz lassen grüßen) in Kombination mit einer Mehrwertsteuererhöhung. Sozialabgaben entfallen und damit auch deren paritätische Finanzierung durch die Unternehmen (Lohnnebenkosten).
Als "Einstieg" in das Grundeinkommen empfehlen Götz Werner und Straubhaar eine Transferleistung, die beim derzeitigen Alg-II/Sozialhilferegelsatz liegt oder nur knapp darüber (Götz Werner: 400 Euro). Milton Friedmann setzt noch deutlich darunter an. Im Modell sollen diese Sätze dann auf bis zu max. 1000 Euro (Straubhaar) oder 1500 Euro (G.Werner) je nach wirtschaftlicher Entwicklung gesteigert werden können. Die 1500 Euro des
Götz Werner machen zunächst einen großzügigen Eindruck, der sich aber schnell verflüchtigt, wenn bedacht wird, dass sich erstens die Lebenshaltung aufgrund der Mehrwertsteuererhöhung auf bis zu 50% enorm verteuern würde und zweitens, dass diese Großzügigkeit v.a. auf Kosten der Lohnabhängigen geht, die die Transferleistungen erstmal zu erarbeiten haben. Auch verschweigen unsere GrundeinkommensprotagonistInnen, wer denn diese Steigerungen durchsetzen würde / durchsetzen könnte / durchsetzen müsste (vielleicht die Arbeitgeberverbände?).
Die VertreterInnen eines bedingungslosen Grundeinkommens versprechen in ihren Modellen eine "Befreiung vom Arbeitszwang". Die kapitalistische Produktionsweise aber braucht diesen Arbeitszwang wie die Atemluft. Kapital wird verwertet dadurch, dass sich die KapitalbesitzerInnen im Produktionsprozess unbezahlte Arbeit privat aneignen; den (größeren) Teil des Arbeitstages nämlich, der über die Arbeitszeit hinausgeht. die zur Wiederherstellung der Ware Arbeitskraft auf dem jeweiligen soziokulturellen Bedürfnisniveau einer Gesellschaft notwendig ist, die also dem Arbeitslohn entspricht. In der Logik des bedingungslosen Grundeinkommens selbst muss deshalb die Transferleistung so niedrig sein, dass sich die erforderliche Anzahl mehrwertproduzierender LohnarbeiterInnen, die zur Kapitalverwertung notwendig ist, noch "freiwillig" einfindet. Straubhaar: "Es muss schließlich Geld verdient werden, bevor man umverteilen kann." Man kann den Arbeitszwang nicht in Frage stellen, ohne die kapitalistische Produktionsweise anzugreifen. Diese Produktionsweise aber nicht mal im Ansatz in Frage zu stellen und gleichzeitig die Befreiung vom Arbeitszwang an den Horizont zu malen, ist Traumtänzerei. Traumtänzerei, die Götz Werner & Co dazu dient, abzulenken von den WURZELN von Massenerwerbslosigkeit, Lohndrückerei, Verarmung, Ausgrenzung und Entwürdigung.
Das propagierte bedingungslose Grundeinkommen ist eine staatliche Zuweisung von Geld. Mit Geld sollen die Übel geheilt werden, die Götz Werner mit Recht den Hartz-IV-Gesetzen ankreidet (nur dass Hartz-IV nicht die Ursache, sondern lediglich ein weiterer Ausdruck dieser Übel ist). Geld soll "ein Leben in Würde und frei von Existenzängsten" ermöglichen, "Freiheitsrechte" und "Kreativität" wiederherstellen.
Danach scheinen Würde und Freiheit der Menschen vom Besitz von Geld abhängig zu sein, also einem Anspruch auf Waren, die mit diesem Geld erworben werden können. Geld ist unter unseren Bedingungen sicher eine notwendige Voraussetzung zur Befriedigung diverser Bedürfnisse. Die dazu benötigten Waren müssen allerdings vorher erstmal produziert worden sein: in kapitalistischer Produktionsweise, die nicht in Frage gestellt wird. Im Geld als allgemeinster Ware ist aber eben diese Produktionsweise verkörpert, die als wesentlichen Zweck die Kapitalverwertung hat und deren gesetzmäßige Folgen nun mit Geld geheilt werden sollen. Mit Geld lässt sich aber weder die notwendig krisenhafte Entwicklung des Kapitalismus aufheben, nicht sein ggf. kriegerischer Expansionsdrang, nicht die kapitalistische Konkurrenz, noch die Ausbeutung der Lohnarbeit durch die Herren der Produktionsmittel, noch die Tatsache, dass nicht die lohnabhängigen Produzenten bestimmen, was wie für welche individuellen und gesellschaftlichen Bedürfnisse produziert wird, dass sie Objekte der Produktionsverhältnisse und nicht Herr ihrer Geschicke sind.
Götz Werner und Co geht es darum, eben diese Produktionsverhältnisse auszublenden und der Kritik zu entziehen, die Bedingungen für die Kapitalverwertung aufrechtzuerhalten und zu verbessern, Lohn- und Lohnnebenkosten weiter zu drücken, Unternehmer und Reiche noch weitgehender von Steuern und Sozialabgaben zu entlasten. Das ist so "ungewöhnlich" nicht für Kapitalisten. Ungewöhnlich ist, dass Linke darauf hereinfallen.

P.S.: Voraussichtlich Mitte Mai wird eine Broschüre von Rainer Roth "Zur Kritik des bedingungslosen Grundeinkommens" herauskommen, die ausführlicher auf die Problematik eingeht als das hier in der gebotenen Kürze möglich ist. In einigen Textpassagen stützte ich mich auf das mir vorliegende Manuskript.
von Sturmi Siebers

(Quelle: http://zope1.free.de/sofodo/themen/erwerbslosigkeit/dm-chef-haelt-hartz-iv-fuer-menschenquaelerei)

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Ein Alleingang Deutschlands scheidet wegen der offenen Grenzen zur EU aus. Entweder ist ganz Europa dabei oder in die Toilette mit der Vision.

Gast

All

Artikel 1 des Grundgesetzes

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

So wie viele Menschen in Deutschland leben müssen, und nicht weil Sie faul sind, ist Menschenunwürdig.

Keine Arbeit, Kein Geld, Kein Geld keine Würde. So einfach ist das.

Wie sagte schon damals Bolko Hoffmann der Herausgeber des Effektenspiegels.
Der Grössenwahn eines Helmut Kohl bringt uns noch allen an den Bettelstab.

Die Prognose ist schneller eingetroffen als erwartet.

fluggerät
Mitglied seit 10 Jahre 8 Monate

@ tradexxx [#1]

Irgendwie habe ich mal versehentlich gelernt, dass jeder Euro, der ausgegeben werden will VORHER verdient werden muss.

Wenn den Regierungen in Deutschland seit Jahrzehneten nichts besseres einfällt, als ständig die Abgabenlast zu erhöhen, wird der letzte Arbeitswillige die Arbeit hinschmeißen und das garantierte Grundeinkommen von 1.500 € kassieren.
Meine als Arzt selbst eingezahlte Rente beträgt wesentlich weniger als 1.500 €, möchte ich bei dieser Gelegenheit mal anmerken.
Wenn ich die 1.500 € bereits jetzt ohne weitere Arbeit bekommen kann, gerne.
Dann her damit, ich bin gerne Freizeitvorrentner und gehe meinen Hobbys nach und Depressionen bekomme ich vom Nichtstun auch nicht.

Wenn hier ach so kluge Kommunisten meinen, sie könnten ein Grundeinkommen für alle bezahlen, dann sollen sie zuerst erklären, wer das Geld erarbeiten soll.
Ich jedenfalls nicht mehr. Leute die richtig Geld haben, wie Schumacher und Becker sind schon lange aus Deutschland weg. Es werden damit immer weniger "Reiche".
Da ist das wirklich eine "überzeugende" Idee, ein Grundeinkommen einzuführen.
Ich schlage vor, wer solche absurden Ideen in die Welt setzt, der soll sie auch bezahlen.
Schon bricht das große Schweigen aus.

Und es ist auch ein Irrtum zu glauben, dass Maschinen in Zukunft einen Mehrwert schaffen, der an alle verteilt werden könnte und niemand muss mehr arbeiten.
Dazu gibt es zu viele Arbeiten, die ohne Mschinen nicht zu verrichten sind, wie z. B. die des Arztes, aber wer dafür einen Computer als Diagnostiker und Therapeut haben will, - gerne.

Und schließlich sind die Maschinen immer noch programmierte Befehlsausführer, die nicht in der Lage sind ohne den Menschen einen Mehrwert zu schaffen.
Das führt zwar dazu, das der Maschinenführer einen größeren Wert schafft, als ohne Maschine. Überflüssig wird er deshalb trotzdem nicht.
Aber der Markt regelt letztlich alle Probleme, wenn man ihm die Möglichkeit dazu läßt.
Wenn Arbeit nicht mehr gefragt ist, wird sie billiger zu haben sein.
Aber niemand ist bereit für wenig Geld zu arbeiten.
Niemand ist bereit sich einzuschränken.
Alle wollen so leben wie ein Herr Ackermann. Ich auch.
Nur sein Geld bekomme ich nicht, also verlange ich jetzt ein Einkommen wie Herr Ackermann.

Das was hier abläuft ist die Diskussion einer Wirtschaftskrise.
Niemand will sie wahrhaben, aber wir sind mitten drin.
Damit es nicht nach Wirstschaftskrise klingt, wird auf einmal Kommunismus und Umverteilung aus der Schublade geholt.
Damit wird die Wirtschaftskrise nur noch schlimmer.

Die Krise läßt sich nicht mit Tricks aus der Welt schaffen. Wenn hier jahrlang Erwartungen an Wohlstand und Einkommen aufgebaut wurden, die nicht mehr zu halten sind, muss abgespeckt werden.
Das sollte weitgehend dem Markt überlassen werden, sonst haben wir bald wieder kommunstische Planwirtschaft. Weit davon entfernt sind wir nicht mehr.

Der größte Fehler der Regierung besteht darin die noch Arbeitenden soweit zu belasten, bis sich die Arbeit für sie auch nicht mehr lohnt.
Dann gibt es bald nur noch Menschen, die an den Staat die Erwartung haben, dass sie eine Grundsicherung in Höhe von 1.500 € bekommen. Nur bezahlen wird sie niemand. Alles Andere ist angeblich Gefängnis mit Ausgang.

Die ganzen Theorien sind so alt wie Karl Marx.
Gebracht haben sie bisher nur den Untergang der Staaten jenseits des Eisernen Vorhangs.
Nun folgt die Bundesrepublik ausgerechnet diesem Vorbild.

renard
Mitglied seit 10 Jahre 8 Monate

Also, ein bißchen mehr mitdenken könnte man von solch einem Forum, das - mit Recht oft - viel auf sich hält, schon erwarten. Diese Diskussion ist wirklich eine ganz, ganz schwache Kür. Punkt!

tradexxx
Mitglied seit 10 Jahre 8 Monate

@ fluggerät [#5]

Du musst aber auch berücksichtigen, dass das heute bekannte System des Geldes und der Notenbanken recht jung ist. Es ist noch lange nicht perfekt. In seinem heutigen Zustand produziert es vor allem Konzentration.

Früher hat Geld nicht die Rolle gespielt, die es heute spielt - als es noch solziale Strukturen, Familien und Sippen gab, die zumindestens schwierige Zeiten für Menschen abfedern konnten.

Diese Strukturen sind völlig zerschlagen worden - um Menschen Arbeits- und Konsum-tauglicher zu machen.

Wir haben eine Single bis 2-Personen-Haushalts-Gesellschaft in Deutschland geschaffen, die sofort kippt und in schwere Krisen gerät, wenn es an einer Stelle schwierig wird oder einer ausfällt.

Warum bekommen die Menschen keine Kinder mehr? Weil sie den sozialen Abstieg fürchten.

Warum gibt es teure Pflegeversicherungen? Weil es keine Großfamilien mehr gibt.

Warum gibt es teure Arbeitslosenversicherungen? Weil es keine Familienstrukturen mehr gibt, die Mitglieder auch mal über eine Durststrecke bringen können.

Warum gibt es teure Rentenversicherungen? Weil man alte Leute ab einen bestimmten Punkt auf das Abstellgleis stellt - obwohl sie sehr wohl noch wertvolle Beiträge allein schon aus ihrem Erfahrungsschatz beitragen könnten.

Heute muss Geld als Ersatz für soziale Strukturen herhalten. Die Sicherheit, die man früher in einem solzialen Umfeld hatte, muss man sich heute erkaufen.

Deutschland als industrieller Vorreiter ist nur eben auch der Vorreiter in der Abendämmerung des industriellen Zeitalters. Weil die Deutschen schon immer alles besonders gründlich gemacht haben, sitzen sie eben jetzt auch gründlich im Mist.

Es geht ja nicht um eine Hobby- und Freizeit-Gesellschaft. Das halte ich für ein Gerücht. Ich kenne genügend sehr reiche Leute - keiner von denen liegt auf der faulen Haut. Das hält niemand durch.

Der Mensch ist kein passives Wesen - diese Vorurteil ist ein Produkt einer industriellen Gesellschaft, die Menschen und ihre sozialen Struturen demontiert und ihrer persönliche Entscheidungsfreiheit, was für sie förderlich und richtig ist, berraubt hat.

Und die schweren Fälle totaler Verweigerung, die es halt immer gibt und die dann immer als Beispiel für die Grundschlechtigkeit und Faulheit der Menschen herangezogen werden - würden ebenfalls erheblich biller für die Gemeinschaft werden. Weil teure - aber nutzlose - Bürokratie, Betreuung, Maßnahmen usw. ganz einfach wegfallen würden.

Ich wette, dass die monatliche Betreuung für die schweren Fälle inkl. Kosten für Bürokratie, Programme, Kontrollen, Verwaltung, Verfahren, Stütze usw. weit über 2000 Euro pro Monat liegt. Bei einem Grundeinkommen ohne Bürokratie, Maßnahmen und Kontrolle von sagen wir mal 800 Euro wäre das eine echte Ersparnis. Dann sollen sie sich halt ins Koma saufen oder vor der Playstation völlig verwahrlosen. Wen stört´s?

Allein der Abbau von Bürokratie wäre so befreiend, kostensparend und förderlich - allein dafür lohnt sich schon der Gedanke.

Man bräuchte nur noch seine Kontonummer abgeben, seine Geburtsurkunde - und das wars: Kein Finanzamt, keine Bundesanstalt für Arbeit, keine Sozial-Ämter, keine Renten-Kassen, keine Abeitsbeschaffungsmaßnahmen usw.

Es würde mich nicht wundern, wenn Deutschland nicht sogar mit einem dicken Plus aus der Sache rauskommen würde.

Die Industrienationen haben sich über ihre Bürokratie jegliche Handlungsfreiheit und Selbstbestimmung genommen. Aber diese Bürokratie existiert doch nur, weil ineffiziente und zur Konzentration eigende Geldströme ständig kontrolliert und umgeleitet werden müssen. Warum diese Geldstöme also nicht mal breit nutzen als sie in einer absurden Bürokratie versanden zu lassen, die der Gemeinschaft überhaupt nicht mehr zu Gute kommt.

Ist das so falsch gedacht, das Geldsystem jetzt auch einfach mal zum Nutzen der Menschen zu gestalten, statt den Menschen dem Nutzen des Geldsystem zu unterwerfen? Es funktioniert ja anscheinend nicht. Von Effizienz ist das bestehende System weit entfernt. Man muss doch nur mal die Augen aufmachen und genau hinsehen... Es bröckelt doch an allen Ecken und Enden.

tradexxx
Mitglied seit 10 Jahre 8 Monate

Deutschland hat 80 Mio Einwohner.

BIP pro Einwohner ist 35.000$.

Interessant wäre zu wissen, was die deutsche Bürokratie kostet. (Weiss das jemand?)

Ist da ein Grundeinkommen von 800 Euro ein so absurder Gedanke, um Bundesanstalt für Arbeit, BfA, Sozialamt, Finanzamt und Co. loszuwerden?

fluggerät
Mitglied seit 10 Jahre 8 Monate

@ tradexxx [#7]

"Es geht ja nicht um eine Hobby- und Freizeit-Gesellschaft. Das halte ich für ein Gerücht. Ich kenne genügend sehr reiche Leute - keiner von denen liegt auf der faulen Haut. Das hält niemand durch.

Allein der Abbau von Bürokratie wäre so befreiend, kostensparend und förderlich - allein dafür lohnt sich schon der Gedanke."

Jeder der Geld hat, mußte vorher dafür normalerweise viel arbeiten (von wenigen reichen Erben abgesehen).
Dann versteht es sich von selbst, dass er wenn er reich ist nicht auf der faulen Haut liegt, schon deshalb nicht, weil er Angst hat erneut ohne Geld dazustehen.
Das ist bei mir der einzige Grund,weshalb ich jahrlang den Job nicht hingeschmissen habe, den ich viele Jahre mühselig aufgebaut habe.
Wenn ich könnte, würde ich schwimmen gehn, Musik machen, mich von schönen Frauen verwöhnen lassen... usw. alles Dinge, von denen ich lediglich träumen konnte, weil ich arbeiten mußte um Geld zu verdienen und nicht einmal viel Geld verdient habe.

Wenn die Bürokratie abgebaut wird, sind die Steuerbürokraten auch abgebaut dann treibt niemand mehr Steuern ein.
Woher soll dann das Geld für das Grundeinkommen fließen?

Ich denke, die Diskusion ist völlig überflüssig, weil das Geld dafür ist in keinem Fall da, auch nicht wenn die Bürokraten abgeschafft werden, was aus Geldmangel sowieso geschehen muss.

Der Staat ist heute bereits pleite und das wird nicht besser.

tradexxx
Mitglied seit 10 Jahre 8 Monate

Die Idee des Grundeinkommen ist doch eine Finanzierung über die Mehrwertsteuer, oder hab ich das falsch verstanden?

Bedeutet:

- Es gäbe ein revolutionär einfaches Steuersystem
- Das Finanzamt müsste nur noch die Unternehmen in Deutschland betreuen, statt 80 Millionen Einwohner mit tausenden Sonderregelungen
- 80% des Finanzamtes könnten sicherlich gestrichen werden
- Steuererklärungen für Privatleute würden wegfallen

- Dazu würde die Bundesanstalt für Arbeit wegfallen, Rentenversicherung, Sozialämter, Betreuungen, Pflegeversicherungen, Förderprogramme usw.

- Man hätte die geforderte Förderung von Familien mit einem Schlag umgesetzt
- Kindergeld könnte gestrichen werden incl. dafür anfallende Verwaltungskosten

- Ausbildungs- und Arbeitskosten würden erheblich günstiger werden

Wir müssten mal die Zahlen haben. Aber ich glaube nicht, dass die Idee so absurd ist, wie sie im ersten Moment klingen mag.

scorpion260
Mitglied seit 10 Jahre 8 Monate

@ tradexxx [#10]

Ist Dir klar wieviele Millionen Arbeitslose es mehr gäbe ohne diese ganzen Ämter??? S#mtliche Beamte wären auf einen Schlag arbeitslos.

Zur Finanzierung dieser bescheuertsten Idee aller Zeiten müßte die Mehrwertsteuer exorbitant steigen. Was mit D als Exportweltmeister passieren würde kannst Du Dir sicher selbst ausrechnen.

Kein Kindergeld, kein Erziehungsgeld, die Geburtenrate würde auf Null sinken.
Ich weiß wovon ich rede denn ich habe so gut wie 3 Kinder.

Über ARbeitslosenquoten müßten wir uns keinen Kopf mehr machen, denn die würde schneller steigen als die Mehrwertsteuer, denn ALLE Jobs mit einem Nettoverdienst unter 1500 € würden schlagartig wegfallen! Keine Sau geht mehr arbeiten wenn er den gleichen Nettoverdienst lebenslang fürs Nixtun erhält, wacht mal bitteschön auf.
Ich bin ein Kapitalistenschwein, und ein Workaholic dazu, aber würde ich nur netto 1500 haben, und man würde mir anbieten, dies OHNE ARBEIT , und OHNE BEDINGUNGEN zu bekommen, würde ich sofort aufhören zu arbeiten.
Denkt bitte mal nach, und studiert etwas VWL, c'mon!

Gruß

Scorpion

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