Unterschiedliche Einschätzungen der Ernte 2015 in der Ukraine
Mit Stichtag zum 1. März 2015 sollen nach amtlichen Feststellungen in der Ukraine noch knapp 19 Mio. t von der großen Ernte 2014 in Höhe von rd. 64 Mio. t liegen. Gegenüber dem Vorjahr liegt dieser Vorrat um mehr als 20 % höher. Hintergrund für die zurückhaltende Verkaufsaktivität ist die hohe Inflationsrate im Land, die die Farmer veranlasst, das Getreide als Absicherung für den Wertverfall der ukrainischen Währung zu verwenden. Der Finanzbedarf in den kommenden Monaten für die Frühjahrssaat wird jedoch für mehr Bewegung sorgen. Als Lockinstrument dient auch die schwache ukrainische Währung, die den Export begünstigt. Dem stehen Ausfuhrrestriktionen gegenüber, um die Eigenversorgung zu sichern.
Für die kommende Ernte mehren sich die Schätzungen, allerdings mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen zwischen den offiziellen und privaten Institutionen. Der ukrainische Agrarclub (UACB) geht von einer geringeren Anbaufläche von knapp 18 Mio. ha bzw. -2,4 % weniger gegenüber dem Vorjahr aus. Die Flächenerträge sollen aufgrund von schwachen Beständen und reduzierter Bewirtschaftungsintensität deutlich niedriger ausfallen.
Viele landwirtschaftliche Unternehmen seien finanziell so angespannt, dass am Einsatz von Dünger und Pflanzenschutz auf Kosten des Ertrages gespart werde. Die schwache Kaufkraft der Währung habe (importierte) Betriebsmittel bis zu 50 % verteuert. Banken verweigern teilweise die Vergabe von Krediten.
Der UACB schätzt die gesamte ukrainische Getreideernte 2015 auf rd. 50 Mio. t, davon knapp die Hälfte auf Mais und weitere 20 Mio. t auf Weizen.
Ähnliche Argumentationen und Einschätzungen hat das Beratungsbüro AgrUkrConsult schon vor einigen Wochen vorgetragen. Im Gegensatz zu Russland halten sich die amtlichen Stellen der Ukraine zurück. Zwar ist auch von einem Rückgang der Ernteergebnisse die Rede, aber man verweist auf den noch frühen Termin zur Aufstellung von Prognosen. Der dominierende Maisanbau erfolgt erst in einem Monat. Andererseits ist bekannt, dass diese Frucht besonders kostenintensiv ist. Saatgut, Dünger und Pflanzenschutz müssen teilweise mit währungsbedingt hohen Aufwendungen aus dem Ausland beschafft werden.
Die Ukraine gehört zu den ausfuhrstarken Ländern am Schwarzen Meer mit mehr als der Hälfte der Produktion für den Export. Für Importstaaten sind auch die günstigen ukrainischen Einkaufspreise von Bedeutung. Ein Ausfall macht sich am Weltmarkt deutlich bemerkbar.