EU-Getreideversorgung 2015-16 – Preisentwicklung mit Potenzial nach oben.
Die neuesten Schätzungen der EU-Getreideversorgung hat die EU-Kommission in der Sommerausgabe der regelmäßigen Kurzzeitmarktberichte veröffentlicht. Den Zahlen zufolge wird die EU-Ernte auf 296 Mio. t geschätzt. Der Rückgang zum Vorjahr beträgt rd. 30 Mio. t.
Auf der Verbrauchsseite wird ein kleiner Zuwachs von 2 Mio. t veranschlagt. Im Binnenmarkt werden nur noch wenige Mengen für die menschliche Ernährung und dem Futterbedarf der stagnierenden Viehbestände verwendet. Die industrielle Verarbeitung hält sich in engen Grenzen.
Dagegen ist der Drittlandexport zum ausschlagenden Element in der Versorgungslage geworden. Im vergangenen Jahr erreichte die Ausfuhr eine Größenordnung von 50 Mio. t, die an die US-Kapazitäten heranreichten. Die Rekordernte und eine restriktive Exportpolitik Russlands hat in Verbindung mit einem schwachen Eurokurs die internationale Wettbewerbsfähigkeit begünstigt.
Für das laufende Jahr 2015/16 sollen die Exportmengen deutlich geringer ausfallen, bleiben aber immer noch auf dem Niveau von rd. 40 Mio. t. Zwar ist der Eurokurs immer noch niedrig, aber es fehlt an Wettbewerbskraft gegenüber den Schwarzmeergebieten. Insbesondere der noch schwächer gewordene russische Rubel ermöglicht konkurrenzlos günstige Exportpreise, bei denen die EU-Exporteure bis heute nicht mithalten können. Dabei stehen durchaus genügend Mengen in Frankreich und anderen Ländern für den Export bereit.
Sollten sich die geschätzten Zahlen bestätigen, werden die Endbestände in der EU wieder deutlich abgebaut werden. Das Niveau mit rd. 30 Mio. t bzw. 11,7 % Endbestand zum Verbrauch läge dann eher im unteren Bereich. Die Perspektive einer solchen Versorgungsentwicklung spricht gegen fallende Preise, wie sie in der derzeitigen Phase zu beobachten sind.
Allerdings wird das Getreidepreisniveau zurzeit in 1. Linie von den Billigangeboten aus Russland bestimmt. Die Exportnotwendigkeit der EU zwingt dazu mit den währungsbedingt niedrigen russischen Preisen mitzugehen, wenn man nicht auf der Ware sitzen bleiben will.
Das russische Exportangebot dürfte aber auf Grenzen stoßen. Da ist zum einen der herannahende Winter, der den Nachschub an die Hafenstandorte be- bzw. verhindert und für mindestens 3 Monate mehr oder weniger lahm legt. Der steigende russische Eigenbedarf an Getreide zum Einsatz in der Veredlungswirtschaft wird zum weiteren Faktor werden. Getreide darf durch Ausfuhren nicht zu knapp und teuer werden. Nach 2 guten Jahren wird man die Vorsorge für ein evtl. schwaches Erntejahr nicht klein schreiben.
Für die Preisbeurteilung winkt auch noch im Hintergrund das El Niño-Wetterphänomen. Dabei ist zu beachten, dass mehr als die Hälfte der Weltgetreideernte noch nicht unter Dach und Fach ist. Es handelt sich fast um die komplette Maisernte und die Weizenernten auf der Südhalbkugel. Trockenheit im pazifischen Raum Nässe und Überschwemmungen in Nord und Südamerika sind Risiken, deren erste Anzeichen unübersehbar sind.
Sollten sich die Wetterentwicklungen mit größeren Schäden auf die Ernteergebnisse auswirken, werden die Exportmöglichkeit stärker in Anspruch genommen werden. Für die Preisbildung sind also durchaus Spielräume nach oben offen. Auch für die EU!