Weizenhandelsströme verschieben sich
Das weltgrößte zusammenhängende Importgebiet für Weizen sind die nordafrikanischen Länder von Algerien bis Ägypten. Allein Ägypten importiert jährlich 9 Mio. t Weizen. Seit Jahren gehören die Schwarzmeerländer zur 1. Adresse aufgrund ihrer niedrigen Preise und der günstigen Transportkosten. An 2. Stelle rangiert die EU – speziell Frankreich mit seinen besonderen politischen Beziehungen zu einigen nordafrikanischen Ländern. Erst dann kommen die USA aufgrund der größeren Transportkosten, die aber gelegentlich durch den schwachen Dollarkurs wieder kompensiert werden können.
Diese strikten Handelsbeziehungen werden jedoch zunehmend aufgeweicht. Die Schwarzmeerländer Russland, Ukraine und Kasachstan leiden in unregelmäßigen Abständen unter Ernteausfällen infolge des Kontinentalklimas mit sehr kalter Winter- und zu trockener Sommerzeit. Zur Sicherung der eigenen Versorgung werden die Exporte je nach Bedarf sehr restriktiv zugelassen. Im laufenden Jahr behindert das relativ hohe Preisniveau die Wettbewerbsfähigkeit beim Angebot. Bei den letzten Ausschreibungen wurden erst gar keine Gebote mehr abgegeben. Noch im Anfangsstadium bewegen sich erste Verschiffungen aus der Ukraine nach China, dessen Importbedarf sich innerhalb der letzten Jahre verdreifacht hat.
Die US-Ausfuhren in Richtung Mittelmeer haben in den letzten Jahren stetig abgenommen. Gründe im vergangenen Jahr waren die hohen US-Weizenpreise, im laufenden Jahr sind die Kurse zögerlich und erst in jüngster Zeit auf ein konkurrenzfähiges Niveau gefallen. Den Amerikaner tun sich in diesem Jahr 2 große Alternativen auf. (1) Der weitgehende Ausfall argentinischer Lieferungen nach Brasilien in einer Größenordnung von 6 bis 8 Mio. t wurde weitgehend in den USA abgedeckt. (2) Die Vergrößerung des Panama-Kanals eröffnet den amerikanischen Exporteuren nach jüngsten Meldungen einen um 12 % günstigeren Transport in Richtung asiatischer Einfuhrländer mit China an der Spitze. Das eröffnet den US-Exporteuren neue Spielräume.
In zunehmendem Maße kommen daher die EU-Exporte zum Zuge. Vor allem Ägypten und Algerien sind häufige Kunden in Frankreich mit seinem großen Ausfuhrpotenzial. Selbst Deutschland kleines Exportvolumen wird angezapft. Die bisher zügigen Lieferungen in Drittländer haben die europäischen Weizenkurse vor dem starken Preisrückgang, wie er in den USA stattgefunden hat, weitgehend bewahrt. Sollten trotz des aktuell stark gestiegenen Eurokurses die Ausfuhren weiter anhalten, wird die Weizenversorgungslage der EU enger. Aber dafür bestehen gute Chancen den billigeren Mais aus den USA für den Futterbedarf einzuführen. Der überwiegende Qualitätsweizen der EU wäre zu schade für den Futtertrog.
Die überraschend große kanadische Weizenernte eröffnet zwar neue Perspektiven der Preisbildung in Nordamerika, aber die begrenzten Transportkapazitäten in Kanada werden das Ausmaß steigender Ausfuhren in Schach halten.