Veränderte Versorgungslage auf Weltgetreidemarkt – China verfügt über 40 % der Vorräte
Nach mehreren Jahren des Rückgangs nehmen seit 3 Jahren die Überhangbestände an Getreide auf Weltebene wieder auf die Höhe von mehr als 400 Mio. t zu. Die chinesischen Endbestände sind seit etlichen Jahren kontinuierlich angestiegen. Die schwankenden Bestände der 8 wichtigsten Exportregionen haben zwar in jüngerer Zeit wieder zugelegt, aber nicht mehr das Niveau früherer Jahre erreicht. In den letzten 3 Jahren waren die chinesischen Vorratsbestände höher als die der 8 führenden Exportstaaten zusammen. Für das Jahr 2015/16 errechnet sich ein 40 %iger Anteil Chinas an den Weltgetreidevorräten.
Für die Beurteilung der Versorgungslage und der Preisbildung ist eine Unterscheidung zwischen sog. mobilen und immobilen Überhangbeständen zweckmäßig.
Als mobile Überhangbestände können die Endvorräte in den wichtigsten Exportländern angesehen werden. Die Ausfuhrländer sind willens und in der Lage im unvorhergesehenen Bedarfsfalle höhere Exportmengen zur Verfügung zu stellen. Hohe mobile Endbestände stellen für Importländer eine Sicherheit dar, ihre Einkaufsplanungen über das ganze Jahr ohne große Preisrisiken strecken zu können.
Absolut und relativ zum Importvolumen fallende mobile Endbestände erhöhen jedoch das Einkaufspreisrisiko. Zwar sind die Überhangbestände der wichtigsten Exportstaaten in den zurückliegenden 2 Jahren gestiegen, jedoch im Verhältnis zum Importvolumen fielen die Veränderungen relativ klein aus. Für das bevorstehende Wirtschaftsjahr 2015/16 sollen die geschätzten mobilen Endbestände im Verhältnis zu den Importen wieder deutlich zurückgehen. Diese Entwicklung erhöht das Preisrisiko.
Ein markantes Anschauungsbeispiel immobiler Überhangbestände liefert China. Im letzten Jahrzehnt hat China aufgehört, Getreide in größeren Mengen zu exportieren. Im Gegenteil sind die chinesischen Importe von 3 Mio. t auf rd. 20 Mio. t gestiegen. Die Einfuhrmengen sind bis auf Sorghum kontingentiert, denn chinesische Maispreise werden auf einem Niveau von rd. 350 €/t staatlich garantiert. Einfuhren vom wesentlich preisgünstigeren Weltmarkt sollen durch Kontingente in Grenzen gehalten werden. Eine Absenkung der Preisgarantie steht ebenfalls zur Debatte.
In jüngster Zeit wird aber Sorghum aus Australien und den USA importiert und damit der inländische Mais als teures Futter umgangen. Großzügige Auslagerungsangebote aus staatlichen Vorratslägern wurden von den Käufern nur wenig in Anspruch genommen. Spekulationen über eine Wiederaufnahme von chinesischen Exporten wurden bislang nicht bestätigt. Dagegen wird gemeldet, dass die Einfuhren stärker reglementiert werden.
Zwischen den Überhangbeständen und den Getreidepreisen besteht ein negativ korrelierter Zusammenhang. Fallende Endbestände führen im Regelfall zu höheren Preisen und sinngemäß umgekehrt. Die stärkere Gewichtung der immobilen Endbestände u.a. in China bedeutet gleichzeitig ein geringeres mobiles Endbestandsvolumen in den Exportländern. Während für 2015/16 auf globaler Ebene die Getreidevorräte um 2 % zurückgehen, beträgt der Rückgang in den 8 Exportgebieten knapp 11 %. Für das Welthandelsvolumen wird der Spielraum also deutlich enger. Die Schätzzahlen deuten auf einen Rückgang des globalen Getreidehandels um 10 Mio. t hin.
Die mobilen Endbestände gewinnen daher noch mehr Bedeutung für die Preisbildung als in der Vergangenheit. Die für den Herbst 2015 anstehenden Ernten der großen Exportländer USA (Mais), Australien und Argentinien (Weizen und Mais) können unter dem Vorzeichen eines El Niño-Wetters noch für Überraschungen gut sein. Darüberhinaus beeinflussen die Auswirkungen der russischen Exportsteuer das Exportgeschehen ebenso wie die Entwicklung des Wechselkurses Dollar zu Euro.