Getreide-Versorgungsbilanz - China und der Rest der Welt
Die jüngste USDA-Schätzung zum Weltgetreidemarkt hat für einige Verwirrungen und viel Unverständnis geführt. Die seit mindestens 2 Jahren überfällige Korrektur der chinesischen Getreidebilanz wurde einfach in die laufende Serie der monatlichen Ernteschätzungen eingebaut. Damit wurde die Vergleichbarkeit zu früheren Ergebnissen untergraben. Die ausgewiesenen Endergebnisse verzerren die tatsächliche Versorgungslage, wenn man sie unkorrigiert für eine Marktbeurteilung übernimmt.
Was ist passiert? Von einem Monat zum anderen wurden die chinesischen Überhang-bestände beim Mais rückwirkend über drei Jahre um insgesamt 25 Mio. t angehoben. Die Begründung eines verringerten Verbrauchs infolge zu hoch festgesetzter staatlicher Mindestpreise und rückläufiger Schweinfleischerzeugung in China sind seit längerer Zeit bekannt.
Die höheren chinesischen Endbestände schlagen in voller Höhe auf die Weltendbestände durch und signalisieren, dass weltweit eine „überreichliche“ Versorgung bestehe. Für die Preisbildung ist das jedoch eine Fehlinterpretation, denn die Warenbestände sind nur statistisch hinzugekommen, tatsächlich waren sie vorher in nicht genau bekannter Größe vorhanden. Als entscheidendes Merkmal kommt hinzu, das China kaum Getreide in nennenswerter Menge exportiert. Daher stehen die zusätzlichen Vorratsmengen auch nicht für den Welthandel zur Verfügung. Chinesische Importe stagnieren seit einiger Zeit.
Für eine Beurteilung der globalen Versorgungslage ist es daher zweckmäßig, den China-Effekt herauszurechnen. Im Ergebnis stellt sich heraus, dass die Versorgungslage 2015/16 für die übrige Welt ohne China eher schlechter ausfällt als im vergangenen Jahr.
Die weltweite Versorgungslage beim Weizen hat sich für 2015/16 nicht nennenswert verbessert, wenn man den China-Effekt herausrechnet. Knapp 40 % der weltweiten Weizenüberhangbestände lagern in China und stehen für den Welthandel nicht zur Verfügung. Erhöhte Weizenernten werden nur noch für die EU-28 ausgewiesen, während in den USA die Weizenergebnisse deutlich gemindert wurden. Reduzierte Schätzungen liegen auch für Australien und Argentinien vor, wobei das El-Nino-Wetterereignis noch nicht ganz ausgestanden ist. Aus den Schwarzmeerländern kommt die Meldung, dass die Ernten zwar mengenmäßig gut ausgefallen seien, aber die Qualitäten zu wünschen übrig lassen. Importländer mit höheren Qualitätsansprüchen bemühen sich um andere Herkünfte u.a. aus der EU
Für Verunsicherung sorgen die vom USDA geschätzten hohen Weizenexporte der EU in Höhe von 33,5 Mio. t. Die EU-Kommission geht von 29 Mio. t aus. Zwar unterstützt der schwache Eurokurs die Ausfuhren, aber Marktexperten bezweifeln, ob die vom USDA geschätzten Mengen realisiert werden können. Die Auflösung dieses Problems könnte in einem Ausgleich zwischen vermehrten Futterweizeneinsatz und geringeren Maisimporten der EU bestehen. Das USDA schätzt 16 Mio. t Maiseinfuhren für die EU; die EU-Kommission kommt nur auf 11 Mio. t. Weniger Weizenexporte durch mehr Weizenverbrauch im Inland und verringerte Maiseinfuhren werden sich zumindest teilweise ausgleichen.