Unruhen in der Ostukraine unwesentlich für Getreideexport
Die Rebellion in der Ost-Ukraine erweist sich im Hinblick auf die Betroffenheit der ukrainischen Getreidewirtschaft eher als Randerscheinung. Gemessen an der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche befindet sich kaum mehr als 5 % der Ackerflächen in der Krisenregion. Nur die Teilgebiete der Donetsk-Region gelten als ertragreiche Weizenstandorte. Meldungen darüber, dass infolge der kriegerischen Auseinandersetzungen in diesem Gebiet ein Ertragsausfall von über 15 % zu veranschlagen sei, seien angesichts des vergleichsweise kleinen Raumumfanges zu hoch gegriffen. Genauere Zahlen liegen aber nicht vor.
Selbst die Krim stellt nur einen Bruchteil der landwirtschaftlichen Nutzfläche dar. Die Halbinsel ist nicht besonders fruchtbar. Die Landwirtschaft dort kommt nicht ohne künstliche Beregnung aus. Das Wasser wird seit Jahrhunderten vom Festland zugeleitet.
Die Getreideausfuhren aus der Ukraine und Russland verlaufen ungestört. Die ukrainischen Ausfuhrhäfen am Schwarzen Meer arbeiten auf Hochtouren. Aus der Ukraine werden fast doppelt so hohe Getreideexporte gemeldet, wie sie noch im Vorjahr stattgefunden haben.
Auch die russischen Exporthäfen laufen unter Volllast. Die Weizenpreise an den Schwarzmeerhäfen sind zurzeit konkurrenzlos günstig. Die Importstaaten der nordafrikanischen Mittelmeerländer und des Nahen Ostens haben nach anfänglicher Zurückhaltung jetzt wieder in Russland und der Ukraine gekauft.
Solange die Unruhen nicht auf die Hafenregionen um Odessa und dem Asovschen Meer erweitert werden, ist mit dem Fortgang der bisher ungestörten Entwicklung zu rechnen. Das von den Rebellen kontrollierte Gebiet ist eher kleiner als größer geworden.
Auch die Androhungen des Westens, die Finanzströme zu kontrollieren, sind kaum als wirksames Instrument anzusehen. Die Bezahlung der Einfuhrländer von russischem Getreide läuft an den westlich kontrollierten Finanzmärkten vorbei.
Es stellt sich wieder einmal mehr heraus, dass ein niedriger Getreidepreis letztlich die höhere Durchschlagskraft gegenüber allen anderen Bedenken hat. Ukrainischer Futterweizen wird frei Schiff für unter 145 € je t angeboten. Im Vergleich dazu kostet französischer Weizen mit 10,5 % Rohprotein an der Nordseeküste für 175 € je t. Russischer Brotweizen mit 12,5 % Rohprotein wird im Schwarzmeerhafen für 180 € je t frei Schiff gehandelt. US-Weizen kostet im Golf von Mexiko rd. 185 € je t. Unter Berücksichtigung der Transportkosten ist das Schwarzmeergebiet für einen Großteil der Einfuhrländer durchaus im Wettbewerbsvorteil.
In Russland beginnt die Zeit der Interventionskäufe. Der russische Staat nimmt in Zeiten hoher Ernten vermehrt Getreide auf Lager als Vorsorge für eine evtl. Mißernte infolge von Auswinterungsschäden oder Trockenheitseinbrüchen. Auf diese Weise sollen die Exporte gleichmäßiger verlaufen als in früheren Jahren mit rigorosen staatlichen Exporteingriffen.