Die globale Versorgungslage bestimmt das Preisniveau auf dem Getreidemarkt – was ist für 2016/17 zu erwarten?
Nach geltender Lehrmeinung bestimmt das Verhältnis von Angebot und Nachfrage das Preisniveau. Zur Einschätzung der Marktlage werden u.a. Ernte- und Verbrauchsmengen, die Entwicklung der Endbestände als Restgröße bzw. die Kennzahl Endbestand in % des Verbrauchs („stock to use ratio“) herangezogen.
Für die Wirtschaftsjahre 2014/15, 2015/16 und 2016/17 lassen sich aus den USDA-Schätzungen steigende globale Endbestände zwischen 460 bis 500 Mio. t ablesen. Im Vergleich dazu lagen die Zahlen in den davor liegenden 3 Jahren zwischen 340 und 400 Mio. t. Offensichtlich ist das Angebot größer ausgefallen als der Verbrauch gestiegen ist. Die Folge ist ein niedrigeres Preisniveau im Vergleich zu den Vorjahren.
Für eine genauere Betrachtung ist allerdings die Versorgungskennzahl des „prozentualen Endbestandes zum Verbrauch“ besser geeignet, weil bei steigenden Mengen das Versorgungsrisiko mitsteigt.. In den jüngsten 3 Wirtschaftsjahren ließen sich Endbestände zum Verbrauch zwischen 21 % und 24,8 % errechnen. Der gleitende 10-Jahresdurchschnitt liegt bei rd. 21,8 %. Für das kommende Jahr 2016/17 wird eine Versorgungszahl von 24,7 % geschätzt. Daraus werden unterdurchschnittliche Getreidepreise abgeleitet, die etwa auf dem Niveau des ablaufenden Jahres liegen könnten.
Doch diese Betrachtungsweise ist zu noch wenig differenziert. Für die preisbestimmende Versorgung auf Weltebene kommt es wesentlich darauf an, dass ein ausreichend abgesichertes Handelsvolumen zwischen den exportwilligen Überschuß- und den importfähigen Zuschußregionen vorhanden ist. Einfuhrbedürftige Regionen ohne Kaufkraft spielen kaum eine Rolle bei der Preisfindung. Ebenso sind exportunwillige Überschußgebiete trotz großer Vorratsmengen für die Preisbeurteilung kaum in Erwägung zu ziehen.
China hat in den letzten Jahren enorme Getreidevorräte angehäuft, die mittlerweile fast 50 % der Weltvorräte erreicht haben. Dennoch beschränkt sich China auf ein Exportvolumen von weniger als 1 Mio. t, bleibt aber immer noch ein Nettoimportgebiet von zwischenzeitlich gesenkten 15 Mio. t je Jahr. Für das Jahr 2016/17 entspricht die weltweite Steigerung der Vorratsbestände mit 12 Mio. t fast genau der Steigerung in China mit 13 Mio. t.
Klammert man China aus der globalen Versorgungsbetrachtung aus, relativiert sich die Einschätzung einer überdurchschnittlichen Getreideversorgung für den Rest der Welt. Die diesbezüglichen %-Endbestände zum Verbrauch bewegen sich mit Größenordnungen um die 17 % zwischen 5 bis 6 % unter den globalen Versorgungszahlen. Für das Jahr 2016/17 ist festzustellen, dass die Versorgungszahl ohne China tendenziell fällt, während die Zahlen einschl. China fast unverändert sind.
Folgt man den aus früheren Jahren abzuleitenden Zusammenhängen zwischen Versorgungszahlen und Preisniveau lässt sich aus den ersten USDA-Schätzergebnissen für das kommende Jahr 2016/17 kaum eine Preissenkung heraus herleiten. Mindestens eine Stabilisierung auf leicht anziehendem Niveau ist aus aktuellem Kenntnisstand begründbar.
Trotz dieser grundlegenden Orientierung sollte man auf die ausstehenden Wachstums- und Ernterisiken hinweisen, die in einem möglichen La Niña-Jahr noch beachtliche Veränderungen bewirken können.