Die neue Ernte ist mit Unterbrechungen angelaufen. Noch sind die ersten Ergebnisse in den Frühdruschgebieten je nach Region und Getreideart hinsichtlich Menge und Qualität begrenzt aussagefähig.
Die EU-KOM bestätigt in ihrer Veröffentlichung vom 27.Juni anbaubedingt weniger Weizen, dafür aber mehr Futtergetreide in Form von Gerste und Mais. Insgesamt wird die Gesamternte um 1,5 bis 2 % höher geschätzt als im Vorjahr. Der EU-Verbrauch bleibt weitgehend unverändert. Für den Export werden knapp 48 Mio. t vorausgesagt, davon rd. 32 Mio. t Weizen. Der Import mit Schwerpunkt Mais (18 Mio. t) fällt auf rd. 28 Mio. t zurück. Die Endvorräte gehen unwesentlich auf 46,5 Mio. t zurück.
Der internationale Getreiderat (IGC) hat in seiner Ende Jun-24-Ausgabe die weltweite Versorgungslage nochmal gesenkt. Produktions- und Verbrauchsteigerungen gleichen sich aus. Die globale Versorgungszahl fällt auf 25 % Endbestand zum Verbrauch zurück. In den Vorjahren sind die Vorratszahlen fortlaufend von 30 auf 26 % gesunken.
Die FAO hat in ihrer aktuellen Juli-Ausgabe die globale Produktion und den Verbrauch zum Vormonat leicht angehoben, aber die Versorgungslage wird weiterhin ähnlich knapp wie im Vorjahr geschätzt.
Im Weizensektor dominieren die geringeren Ernten in Russland und der Ukraine sowie die zügig voranschreitende US-Ernte (15 % Vorsprung zum Vorjahr) das Preisgeschehen.
Die Maiserzeugung wird durch eine gekürzte brasilianische und flächenbedingt (-3 %) geringere US-Ernte geprägt. Die weltweite Versorgungslage 2024/25 wird kritischer als im Vorjahr eingestuft.
Staatliche Eingriffe verunsichern das Markt- und Preisgeschehen: Die russische Regierung fordert mit unterschiedlicher Handhabung Mindestexportpreise und die Türkei hat ein Importverbot bis Mitte Okt 2024 verhängt.
Die US-Weizen- und Maislagerbestände ergaben Ende Jun.-24 um 22 % höhere Vorratsmengen.
Die Achterbahnfahrt der Börsenkurse in den zurückliegenden Wochen scheint vorerst eine Orientierung auf ermäßigten Niveau gefunden zu haben.
Die Weizenkurse an der Matif pendeln für den Liefermonat Sep.-24 um die Linie von 225 €/t, die Maiskurse für den häufigst gehandelten Nov.-24-Termin mit 205 €/t. Diese Größenordnungen entsprechen dem langjährigen Verhältnis von Versorgungszahl zum Preisniveau.
In Chicago haben sich die Weizenkurse nach vorangegangener Achterbahnfahrt wieder stabilisiert. Das hängt mit der fortgeschrittenen Ernte zusammen, dessen Ergebnisse zunehmend sicherer einzuschätzen sind. Die Maisnotierungen für die Herbstmonate haben sich auf ermäßigten Niveau stabilisiert. Am Do, 04.07. war Unabhängigkeitstag und die Börsen waren geschlossen.
In den Fokus der Beobachter geraten in den nächsten Wochen folgende Regionen:
- Die weiteren Ergebnisse der russischen Ernte, die mit fortschreitender Entwicklung auch die kritischen nördlichen Regionen erreichen wird.
- Die tatsächlichen Ergebnisse in der Ukraine mit einer verminderten Erntefläche und voraussichtlich niedrigeren Hektarerträgen.
- Die unterschiedlichen Ergebnisse in der EU-27 mit deutlichen Ernteeinbußen des größten Erzeugers Frankreich. Auch die Erwartungen im Brexitland Großbritannien liegen deutlich unter dem Durchschnitt früherer Jahre.
- Die weiteren Ergebnisse der US-Weizenernte in den nördlicheren Anbauregionen, die weniger günstige Ausgangsbedingungen hatten.
- Die tatsächlichen Ergebnisse der als günstig eingestuften kanadischen Getreideerzeugung.
- Die beeinträchtigte chinesische Getreideerzeugung mit der Folge möglicher Importsteigerungen.
- Auf der Südhalbkugel gehen die Anbautermine ihrem Ende entgegen: In Argentinien und Australien sind die Aussaatbedingungen in den Regionen sehr unterschiedlich.
ZMP Live Expertenmeinung
Die weltweite Versorgungslage auf dem Getreidemarkt bleibt angespannt, weil vergleichbar niedrige Vorratsbestände nur begrenzte Möglichkeiten für unvorhersehbare Versorgungskrisen bieten. Daher reagieren die Preisbildungen sehr sensibel auf jegliche Änderungen zur Einschätzung der Marktlage. Die Kurse werden daher vorerst auf erhöhten Niveau sehr volatil verlaufen.