Do, 11. Juli 2024
Die Ernten auf der Nordhalbkugel gehen zügig voran. In den USA ist die Weizenernte früher als sonst bereits zu Zweidrittel eingebracht, in den nördlichen Regionen steht man im Anfangsdrittel. Für die spätreifenden Arten und Sorten des übrigen Getreidesektors mit Schwerpunkt Mais geht es jetzt in die ertragsentscheidende Vegetationsphase. Dabei löst die Hurrikansaison mit wechselhaften Wettergeschehen große Bedenken hinsichtlich der zukünftigen Flächenerträge aus. In Kanada erwartet man unverändert eine mehr als gut durchschnittliche Ernte.
In den europäisch-russischen Erzeugungsgebieten des Südlichen Distrikt und der Wolga-Region ist die Ernte in vollem Gange. Überwiegend wird von guten Hektarerträgen bei den Wintergetreidearten berichtet. Allerdings macht das niederschlagsarme Wetter den Sommersaaten zu schaffen. Hier werden Einbußen erwartet. Die russische Weizenernte bleibt mit korrigierten 83 Mio. t erheblich hinter dem Vorjahr (91,5 Mio. t) zurück.
China schätzt steigende Mais-und Weizenernten voraus, während bei Sonnenblumen, Reis, Sorghum und Gerste teilweise beachtliche Abstriche gemacht werden.
Indien rechnet mit höheren Weizen-, Raps- und Reisernten, während andere Früchte wie Gerste und Sonnenblumen deutlich zurückstecken müssen.
In der EU-27 fallen die Ergebnisse regional sehr unterschiedlich aus. In Frankreich, Belgien, Dänemark und Deutschland geht man teils von deutlich verringerten Ernten aus, während Spanien nach dem katastrophalen Vorjahr wieder im guten Durchschnitt liegt. In den osteuropäischen EU-Staaten wird je nach Höhe der Niederschlagsmengen in Teilregionen mit unterschiedlichen Ernten gerechnet.
Auf der Südhalbkugel ist die Aussaat für die neue Ernte gut vorangekommen. In Australien ist die Anbaufläche um 9 % gestiegen und die günstigen Niederschläge sorgen für hohe Ertragserwartungen. In Brasilien wurde die Zweiternte von Mais mit gut durchschnittlichen Ergebnis abgeschlossen. Für die kommende Ernte im 1. Halbjahr 2025 erwartet man weitere Steigerungen. Die erhöhte Aussaat von Weizen könnte das Land näher an eine Selbstversorgung heranbringen. In Argentinien werden weniger Mais, aber dafür mehr Weizen und Sojabohnen vorausgesagt.
Die Weizenkurse an den Börsen zeigen nach dem kurzen Höhenflug im Mai auf über 265 €/t und der Talfahrt im Juni auf 220 €/t eine begrenzt stabile Seitwärtsbewegung in einer Bandbreite von 220 bis 230 €/t Weizen. Typisch für die aktuelle Saison liefern wechselnde Informationen zu jüngsten Druschergebnissen in den bedeutenden Erntegebieten Anlass für ein tägliches Auf und Ab der Notierungen. Es ist die Zeit der sog. Wettermärkte.
Die Maiskurse an den Börsen machen zwar grundsätzlich die Preisbewegungen beim Weizen mit, entwickeln sich aber wesentlich gedämpfter. Die kritische Phase steht noch Ende Juli/Anf. August bevor, wenn im Haupterzeugungsgebiet USA die ertragsentscheidende Kornbildungsphase stattfindet.
Die fallenden russischen Exportpreise für Weizen geben zurzeit neben dem Erntedruck aus den USA den Ton an. Die Importländer entlang der afrikanischen Mittelmeerküste von Algerien bis Ägypten halten sich vorerst mit Aufträgen ziemlich bedeckt.
Getreide-Aktualisieren,
Der Preisverfall auf den internationalen Getreide- und Ölsaatenmärkten setzte sich in dieser Woche weiter fort und nahm sogar an Tempo zu. Besonders der starke Rückgang in Chicago beeinflusst nun auch die Preise in anderen Herkunftsländern, die bereits unter Druck stehen. Die Angst vor einem erneuten Handelsstreit zwischen China und den USA hält Finanzakteure davon ab, ihre Positionen zu erhöhen.
Die fortgeschrittene Ernte in Russland und eine schwache Exportdynamik im Juli haben zu einem Überangebot geführt, was die Preise weiter drückt. Zudem trugen Embargos auf Importe aus der Türkei und Pakistan dazu bei, dass die russischen Preise gesunken sind. Der Wettbewerb auf dem internationalen Markt ist hart, und die Ursprungsländer müssen sich behaupten.
In den kommenden Tagen wird sich ein neues Preisniveau erreicht werden, da Algerien und Ägypten neue Ausschreibungen veröffentlicht haben.
ZMP Live Expertenmeinung
Vor dem Hintergrund rückläufiger globaler Versorgungszahlen führen in einem sensiblen Marktgeschehen aktuell variierende Einschätzungen von Produktions- und Verbrauchsentwicklung zu kräftigen Preisbewegungen. Es herrschen zurzeit die typischen Wettermärkte. Insgesamt liegt das Preisniveau über den mehrjährigen Durchschnittswerten, aber ein verläßliches Orientierungsniveau ist noch nicht festzumachen.