Die Pariser Börsenkurse für Weizen sind seit Mitte August von bisherigen 215 bis 225 €/t unerwartet stark auf die Linie von 200 €/t zurückgefallen. Vorausgegangen waren Kurseinbrüche an der Chicagoer Börse. Vor dem Hintergrund mehrfacher Ernteschätzungen mit dem Ergebnis einer fortgesetzten globalen Versorgungsknappheit 2024-25 erscheinen die Kursrückgänge zunächst widersprüchlich.
Für die derzeitige Preisentwicklung ist aber das aktuelle Verhältnis von Angebot und Nachfrage im weltweiten Handelsgeschäft entscheidend. Dazu sind folgende Einflußfaktoren von entscheidender Bedeutung:
- Auf der Nordhalbkugel ist die Hauptgetreideernte o. Mais weitgehend abgeschlossen. Damit entsteht ein gewisser Angebotsdruck. In den Maisanbaugebieten muß für freie Lagerräume gesorgt werden.
- Die argentinischen und australischen Ernten stehen in den Monaten Nov./Dez.24 an und versprechen nach derzeitigen Stand ein überdurchschnittliches Ergebnis.
- Die russische und ukrainische Ernte ist zwar deutlich kleiner als im Vorjahr ausgefallen, aber nicht so schlecht wie ursprünglich befürchtet.
- Die US-Weizenerzeugung wird um 8 bis 10 % höher als im mehrjährigen Durchschnitt eingestuft. Mehr als die Hälfte davon wird exportiert.
- Die EU-Getreideernte fällt zwar erheblich kleiner aus, aber die Exportüberschüsse sind durch den starken Eurokurs auf dem Weltmarkt wenig wettbewerbsfähig und drücken auf den Binnenmarkt.
- Üblicherweise bestehen starke Bestrebungen, vor der unsicheren Winterfrostperiode einen möglichst hohen Anteil der Ausfuhren vorher im Markt unterzubringen. Das gilt insbesondere für die Schwarzmeerländer.
- Die Türkei hat bis Mitte Okt.24 einen Importstopp verhängt.
Zwischenzeitlich mehren sich die Zeichen, dass die bisherige Abwärtsentwicklung an Kraft verliert. In der Ukraine werden Mindestexportpreise und Exportobergrenzen in Erwägung gezogen. In Russland wird wieder über Exportsteuern nachgedacht. Importländer nutzen verstärkt die Chance preisgünstiger Einkäufe.
ZMP Live Expertenmeinung
Trotz global anhaltend knapper weltweiter Versorgungslage steht der Getreidemarkt in der Nacherntephase unter (vorübergehenden) Preisdruck. Es mehren sich jedoch die Zeichen, dass die fallende Kursentwicklung eine Talsohle erreicht hat.