Hohe Milchpreise in China – Chinas Milchimporte wachsen wieder
Chinas Milchmarkt wird von einer Reihe außergewöhnlicher Merkmale geprägt. Bis vor 10 Jahren spielte die Milcherzeugung und –verwendung eine randständige Rolle.
- Eine wesentliche Ursache ist die genetisch bedingte Milchlactose-Unverträglichkeit der meisten Chinesen. Durch ein einfaches Verarbeitungsverfahren lässt sich das Problem jedoch beheben.
- In China herrscht Bodenknappheit. Die zur Verfügung stehende landwirtschaftliche Nutzfläche beträgt rd. 850 qm je Einwohner, weniger als die Hälfte einer halben Fußballplatzfläche. Die Milchviehhaltung ist jedoch flächenintensiv und konkurriert im größten Teil Chinas wenig erfolgreich mit anderen Bodennutzungsformen.
- Daher hat sich die Milcherzeugung auf weniger leistungsstarke Standorte im Norden an der Grenze zur mongolischen Wüste/Steppe konzentriert. Weitere bedeutende Milcherzeugungsstandorte im Norden orientieren sich um große Städte. Die durchschnittliche Milchleistung liegt bei 4.500 kg je Kuh. Die durchschnittlichen Milchpreise liegen umgerechnet bei knapp 50 €/100 ltr.
- Der Milchkonsum findet jedoch zu zwei Drittel im Süden Chinas in verschiedenen konservierten Formen von Milchpulver, Butter und Käse statt. Im Süden herrscht intensiver Reisanbau mit bis zu 5 Ernten in 2 Jahren vor. Eine Milchviehhaltung ist hier nicht konkurrenzfähig.
- Eine flächendeckende Milchviehhaltung ist in China wenig erfolgversprechend. Die Orientierung auf schwächere und absatzferne Produktionsstandorte bleibt.
- Eine geschlossene Kühlkette ist erst in den Anfängen vorhanden. Daher wird Milch zu 40 % als Frischmilch für den Eigenbedarf oder für regional begrenzte Absatzgebiete verwendet. Für den überregionalen Verkauf geht der Weg über Voll- und Magermilchpulver. In den Anfängen ist auch Butter- und Käseproduktion vorhanden.
- Die wachsende Nachfrage nach Milchprodukten stammt aus einer zunehmenden Mittel-und Oberschicht mit steigenden Einkommen in den Ballungszentren, die ihre Ernährung stärker auf westliches Konsumverhalten ausrichten. Mit 32 kg Milchäquivalent je Einwohner liegt der chinesische Milchverbrauch weit hinter dem europäischen von 285 kg Milchäquivalent zurück. In Indien kommt man einschließlich Kuh- und Büffelmilch auf einen Konsum von 140 kg je Einwohner.
- Der chinesische Melamin-Skandal im Jahre 2008/09 hat zu einem nachhaltigen Einbruch bei Produktion und Absatz geführt. Mit staatlicher Unterstützung ist zwar ein Wiederaufbau eingeleitet worden, dessen Schwung aber in den letzten Jahren wieder etwas nachgelassen hat.
- Der bis 2014 stetig steigende Import von Milchprodukten mit Wachstumsraten von 20 bis 45 % brach im Jahre 2014 ein. Gründe waren ein geringeres Wirtschaftswachstum, eine Abwertung der Kaufkraft der chinesischen Währung und der Aufbau von ausreichend angesehenen Vorratsbeständen. Die reduzierten Einfuhraktivitäten hielten bis ins Jahr 2015 an.
- Im Laufe des 1. Halbjahres 2016 sind wieder steigende Importzahlen zu beobachten. Hohe Zuwachsraten sind bei Vollmilchpulver mit knapp 24 % und Butter mit 32 % festzustellen. Dennoch bleibt das Einfuhrvolumen immer noch hinter dem der Jahre 2013/14 zurück. Jüngste Entwicklung ist eine steigende Einfuhr von H-Milch aus der EU.
Fazit: Chinas Nachfragepotenzial ist noch bei weitem nicht ausgeschöpft. Das Produktionsvermögen Chinas ist jedoch begrenzt. Über den Aufbau von Milcherzeugungskapazitäten hinaus muss im Bereich der Verarbeitung und Verteilung kräftig investiert werden. Das braucht Zeit. Je nach Einkommenswachstum werden die chinesischen Importe von Milchprodukten weiter steigen und eine entscheidende Rolle im internationalen Milchmarkt spielen.