Zukünftige Milchpreisentwicklungen richtig einordnen
Das Ende der Milchquotenregelung wird häufig mit der Erwartung einer ungebremst steigenden Milcherzeugung in Verbindung gebracht. Daraus werden fallende Milchpreise abgeleitet. Es besteht daher die Gefahr, dass die zukünftige Milchpreisentwicklung undifferenziert dem Quoteneffekt zugerechnet wird.
Zunächst ist festzustellen, dass der Milchpreis hierzulande – wie der jüngeren Vergangenheit unter Quotenbedingungen auch schon – wesentlich von den Exporterlösen auf Drittlandmärkten abhängig ist. Die seit Mitte 2014 um 40 % gefallenen Auszahlungspreise sind eine Folge der russischen Importsperre und der stagnierenden Einfuhren Chinas bei gleichzeitig weltweit preisinduzierten Produktionszunahmen.
Der drastische globale Preisrückgang hat die steigende Weltmilcherzeugung bereits erheblich gedrosselt. Zum Jahresanfang wurden aufgrund von vorübergehend knapp verfügbaren Mengen bereits wieder Preiserholungen festgestellt. In jüngster Zeit zeigen die Kurse für Milchprodukte wieder Schwächetendenzen, die sich bis Mitte des Jahres 2015 hinziehen.
Die kommende Milchpreisentwicklung in den nächsten Monaten wird neben dem auslaufenden konjunkturellen Effekt insbesondere von den jahreszeittypischen Angebots- und Nachfrageentwicklungen geprägt sein. Während auf der Südhalbkugel (Neuseeland, Australien, Argentinien) die fast ausschließliche Weidemilcherzeugung infolge nachlassenden Futteraufwuchses in Richtung Nullpunkt herunter gefahren wird, kommt es auf der Nordhalbkugel mit den Schwerpunkten in Europa und USA zu einem frühsommerlichen Angebotshoch.
Zwischen höchster (im Okt) und niedrigster Anlieferung (im Juni) besteht in Neuseeland eine Differenz von rd. 3 Mio. t. Im März 2015 ist die neuseeländische Milcherzeugung bereits auf 1,5 Mio. t gefallen. Für die EU steht eine durchschnittliche saisonale Steigerung von rd. 2 Mio. t je Monat bis Mai/ Juni bevor. In den USA führt die kraftfutterorientierte Milcherzeugung auf hohem Leistungsniveau von 10.000 kg-Kühen zu vergleichsweise geringen jahreszeitlichen Angebotsschwankungen um die 0,5 Mio. t.
Auf Weltebene ist daher mit einer jahreszeittypischen Angebotssteigerung mit Schwerpunkt in der EU zu rechnen. Dem stehen saisonale Verbrauchssteigerungen in Form höheren Frischmilchabsatz und der Sahnefrostung für die Winterbutter gegenüber. Üblicherweise nimmt in der Sommerzeit die Erzeugung von lagerfähigen Produkten wie Milchpulver und Käse zu.
Im Durchschnitt der Jahre gehen die Milchpreise üblicherweise in der Spätfrühjahr-/Frühsommermonate saisonbedingt zurück. In einigen Jahren wie 2013 bei weltweiter Milchknappheit überlagern die konjunkturellen Effekte den typischen Saisonverlauf. Umgekehrt verstärkte die allgemeine Markt- und Preisentwicklung im Jahre 2012 den saisonalen Preisrückgang.
Das Jahr 2015 beginnt auf niedrigem Preisniveau aus den o. g. Gründen. Eine konjunkturelle Erholung des weltweiten Milchmarktes zeichnet sich in Umrissen ab. Für einen durchschlagenden Preisauftrieb reichen die bisherigen Angebots- Nachfrage-Verhältnisse vorerst nicht aus. Daher ist davon auszugehen, dass die saisonalen Einflüsse für die nächsten Monate für ein niedriges in bestimmten Bandbreiten schwankenden Preisniveaus bestimmend sein werden.
Ein nicht auszuschließender Quoteneffekt betrifft nur einen 30 bis 40 %igen Teil der EU-Erzeugung. In der gesamten EU wurde die Quote 2014/15 nur zu 98 % erfüllt. Nur einige wenige EU-Länder haben die Kontingentsvorgaben beachtlich überschritten. Zurzeit wirken die niedrigen Preise als Bremse für weitere Erzeugungssteigerungen.
Konjunkturelle und Saisoneffekte vermischen sich mit einem nicht auszuschließenden Quoteneffekt. Letzter sollte jedoch nicht überschätzt werden.