Milchmarkt: unterschiedlich steigende Erzeugungsmengen
Überdurchschnittlich hohe Milchpreise liefern üblicherweise einen Anreiz zur Mehrproduktion. Doch nicht in allen Ländern ist der Preis der entscheidende Steuerungsmaßstab für die Erzeugung. Die Absatzmöglichkeiten, Produktionskosten und die Infrastrukturen in den jeweiligen Erzeugungsgebieten stellen weitere maßgebliche Faktoren dar.
In den zurückliegenden 12 Monaten des 2. Halbjahres 2013 und des 1. Halbjahres 2014 waren die Milchpreise weltweit auf Höchstniveau. Wie stark die einzelnen Erzeugungsgebiete darauf reagiert haben, ist sehr unterschiedlich ausgefallen.
Den höchsten absoluten Zuwachs mit +5,5 Mio. t hat die EU-28 aufzuweisen. Für das weltgrößte geschlossene Produktionsgebiet entspricht die Steigerung jedoch nur 3,8 %, gilt aber dennoch als überdurchschnittlich im Vergleich zu den zurückliegenden Jahren.
Neuseeland ist weltgrößtes Exportland für Milchprodukte. Eine Steigerung der Milcherzeugung von +9,4 % entspricht aber gerade mal 1,9 Mio. t Zuwachs. Die Begründung liegt in der 14-mal geringeren Ausgangsgröße.
Neuseeland hat bereits hohe Steigerungsraten in den letzten Jahren hinter sich. Für die kommende Zeit werden die Zunahmen mäßiger ausfallen. Bremsende Faktoren sind neben der begrenzten Futterfläche, die Kapitaldienstbelastung und die in jüngster Zeit um 30 % reduzierten neuseeländischen Milchpreise.
Fast die gleiche Menge von 1,8 Mio. t Zunahme der Milcherzeugung weist Brasilien auf, aber Brasilien ist im Gegensatz zu anderen Staaten ein Importland von Milchprodukten. Die steigende Menge wird dringend für den zusätzlichen Bedarf im eigenen Lande verwendet.
Die USA haben ihre Milcherzeugung um 1,2 Mio.t gesteigert; das entspricht einer relativen Zunahme von 1,3 %. Nachwirkungen der Trockenheit ist die Ursache geringer Steigerungen.
Exportländer mit stagnierendem Inlandsverbrauch müssen jede zusätzliche Erzeugungseinheit auf Drittlandmärkten absetzen. Das gilt für EU, die USA und Neuseeland in besonderem Maße. Dabei fällt der EU eine Hauptrolle zu. Diese verstärkt sich dadurch, dass ab Frühjahr nächsten Jahres die deckelnde Quotenregelung völlig wegfallen wird. Allerdings hat die Milchkontingentierung ihre Höchstgrenzenfunktion längst eingebüßt, denn die EU-Quote im Ganzen wurde schon seit Jahren nicht mehr überschritten. Nur in wenigen Ländern sind in Einzeljahren Überlieferungen aufgetreten.
Für eine Vielzahl von Milcherzeugungsgebieten sind in den letzten 12 Monaten bis einschl. Mai/Juni 2014 marktrelevante Änderungen der Milchproduktion nicht aufgetreten.
Auffallend ist der fortlaufende Rückgang der Erzeugung in Russland bis in die jüngste Zeit mit -2,2 %. Vor dem Hintergrund des russischen Importstopps für Milchprodukte aus den leistungsfähigen Regionen der EU-28 und USA stellt sich die Frage, wie eine russische Steigerung der Milcherzeugung gelingen soll, um zumindest einen Teilausgleich der gesperrten Importe von durchschnittlichen 35 % des Milchprodukteverbrauchs zu bewerkstelligen. Offen bleibt auch die Frage, welche Milcherzeugungsgebiete außer den gesperrten Ländern der EU und USA sind in der Lage, ausreichende Mengen aus der zusätzlichen Erzeugung für den russischen Ersatzimportbedarf zur Verfügung stellen zu können Die Antworten laufen auf das Ergebnis hinaus, dass weder eine steigende Eigenerzeugung noch Ersatzimporte hinreichend in der Lage sind, die gesperrten Einfuhrmengen zu ersetzen. Der größte Teil der Importsperren wird durch Konsumverzicht mangels verfügbaren Angebots und/oder hoher Preise der russischen Verbraucher aufzubringen sein.