In dem sehr fruchtbaren Landstrich Satara in Westindien füttern die Bauern ihre Rinder mit Eisbergsalat und Erdbeeren. Sie haben nur die Wahl, ihre Ernte an Tiere zu verfüttern oder zu kompostieren. LKW-weise werden Weintrauben vernichtet.
Die Bauern können ihre Produkte nicht zu den Verbrauchern bringen, da auch Indien einen Stillstand des öffentlichen Lebens angeordnet hat. Die Maßnahmen lassen fürchten, dass die Vernichtung von Agrarerzeugnissen zu Engpässen führt und die Preise in die Höhe treibt.
Überall auf der Welt können Millionen Arbeiter nicht auf die Felder, um zu ernten oder zu pflanzen. Es gibt viel zu wenige LKW-Fahrer die die Ernte abtransportieren. Auch Luftfrachten für den Transport von Obst und anderen frischen Früchten sind nur noch begrenzt möglich, da es fast überall ein Start- und Landeverbot gibt. Zudem gibt es einen Engpass mit Containern, weil es in China lange Zeit ein Transportverbot gab.
Im US-Bundesstaat Florida verderben die Wassermelonen und Blaubeeren, weil Erntehelfer aus Mexico nicht ins Land dürfen. Das gleiche gilt für afrikanische und osteuropäische Arbeitskräfte in Europa. Das alles illustriert, wie die Pandemie Probleme dem Versorgungssystem der Welt scheinbar die Luft abschnürt. Der Vertrieb von Grundnahrungsmitteln wie Weizen und Reis ist davon bei weitem nicht so hart getroffen, auch wenn es hier inzwischen immer mehr Probleme gibt.
Ökonomen in der United Nations Food and Agricultural Organization (FAO) erklären, dass ärmere Länder mit einer hohen Einwohnerdichte die größten Probleme mit den Folgen der Corona-Krise haben werden. In Indien, dem Land mit der weltweit zweit-größten Bevölkerung, ist der Großteil der Menschen direkt oder indirekt von der Landwirtschaft abhängig.
Premierminister Narendra Modi hatte am 25 März einen 21-Tage andauernden Lock-down angeordnet. 120 Mio. Wanderarbeiter haben kein Geld für Lebensmittel und kommen nicht nach Hause. Dem Getreidegürtel im Norden des Subkontinents fehlen die Arbeiter.
Lieferprobleme in einem Teil der Welt sind schnell auch an anderen Orten spürbar. So importiert Kanada viel Gemüse aus Indien (Zwiebeln, Okra und Aubergine). Es kommen seit zwei Wochen nur noch 20% in Kanada an, weil der Luftfrachtsektor nicht mehr funktioniert. Was jetzt nicht ausgeliefert wird, verdirbt.
Italien braucht in den nächsten Monaten rund 200.000 Saisonarbeiter, die Obst- und Gemüse ernten sollen. Eine ähnliche Lage in Frankreich. In Brasilien fehlt es an LKW-Fahrern, Ersatzteilen für Erntemaschinen und Ausrüstung für Arbeiten auf den Farmen. In Argentinien, dem weltweit größten Exporteur von Sojaschrot, behindern wegen dem Coronavirus Behörden die Abwicklung der Im- und Exporte.
Neben den LKW-Frachten gibt es auch Probleme mit dem Transport frischer Früchte auf längere Distanzen. Importeure in Europa und im US-Bundesstaat Miami warten vergeblich auf Papayas und anderen exotischen Früchten aus Brasilien. Lieferungen von dort sind um 80% gesunken.
Exporteure in Kanada und den USA bekommen den Engpass bei Kühlcontainern zu spüren, die aus China nicht zurückkommen. Wenn man vier Container bestellt bekommt man einen. In den Häfen staut sich Schweine- und Rindfleisch das China bestellt hat, weil die Arbeiter aufgefordert wurden zu Hause zu bleiben. Da in China das Afrikanische Schweinefieber herrscht, sind dort 50% der eigenen Schweinfleischproduktion weggebrochen und man ist dringend auf Importe angewiesen.
Diese Krise unterscheidet sich maßgeblich von den Lebensmittelkrisen in 2007-08 und 2010-12 als Trockenheit die Getreidepreise in die Höhe trieben. Damals führte das zu politischen Unruhen in vielen Teilen der Welt. Der Preisanstieg war durch Hamsterkäufe der Regierungen beschleunigt worden. Aktuell ist das Getreideangebot auf der Welt aber relativ groß und die Weltmarktpreise sind seit Jahren niedrig, da die Überschussregionen USA, Brasilien und die Schwarzmeerländer ihre Erträge massiv steigern konnten. Auch wenn es jetzt in einigen Ländern in Nordafrika und dem arabischen Raum wieder Hamsterkäufe gibt, gibt es auch Anbieter, die ihre Exporte steigern wollen. So zum Beispiel Thailand, die durch festere Reispreise mehr ausführen wollen. Allerdings haben Indien und Vietnam jetzt ihre Reisexporte gestoppt.
Afrikanische Länder, wo die Menschen bis zu 50% ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben müssen, gehören zu denjenigen, die von der Unterbrechung der Lebensmittelversorgung am härtesten getroffen werden. Der Kontinent importiert mittlerweile schon 35% aller Reis- und 30% aller Weizenmengen, die am Weltmarkt verfügbar sind. Die Länder horten zu dem, im Vergleich zu ihrem Konsum, nur wenig Getreide, weil den Regierungen das Geld dazu fehlt und es nur einen begrenzten Lagerraum gibt.
Während frühere Lebensmittelkrisen mit einem Angebotsdefizit begründet waren, besteht heute das Problem, das reichhaltige Angebot zu Konsumenten zu transportieren, die plötzlich ihr Einkommen verloren haben. Wenn du keine Arbeit keine Transport-Kapazitäten hast, hast Du auch kein Geld, Dir Lebensmittel zu kaufen.
Quelle
Hansa Terminhandel GmbH