Nach Einschätzung des Geschäftsführers einer großen Erzeugerorganisation, die in Russlands Süden in erster Linie Getreide für den Export produziert, kann die offizielle Einschätzung zur russischen Getreideernte 2015 nicht erreicht werden. In den letzten Tagen hatten Vertreter der Regierung in Moskau die diesjährige Getreideernte auf bis zu 100 Mio. Tonnen geschätzt. Das wären vier Mio. Tonnen weniger als die letzte Getreideernte, die einem Rekordergebnis nahekommt.
Private Schätzungen kommen jetzt auf 70 bis 85 Mio. Tonnen Getreide für Russland in 2015. Das Wintergetreide ist in schlechtem Zustand in den Winter gestartet. Da die Wintertemperaturen in der Region Krasnodar aber mild waren und auch genügend Regen fiel, hat sich das relativiert. Man hofft nun auf eine Ernte ohne Komplikationen. Anders sieht es in der Region Wolgograd aus, wo es mehr Auswinterungen gegeben hat, die Bauern aber wohl kaum Sommergetreide nachlegen werden, da es für sie schwer ist, an Kredite zu kommen.
Westliche Sanktionen nach der russischen Besetzung der Krim führten in 2014 zu einem Wertverfall des Rubels um 43 % gegenüber dem U.S. Dollar, danach stiegen in Russland auch die Zinsen. Beides zusammen erhöht für russische Bauern die Produktionskosten um 50 bis 200 %, da zugekaufte Betriebsmittel wie Saatgut und Düngemittel teurer wurden. Inzwischen bemüht sich Moskau um Entlastung für den Agrarsektor, die Branche ist aber weit davon entfernt, den nationalen Bedarf an Getreide befriedigen zu können.