Erwartetes hohes Sojaangebot im Widerspruch zu hohen Preisen - Risikobewertung
Legt man die jüngsten Schätzungen wie z. B. des IGC zum Sojamarkt zugrunde, dann ist mit einem gut durchschnittlichen Angebot zu rechnen. Auf der Nachfrageseite sind keine ungewöhnlichen Zuwachsraten zu erkennen. Darüberhinaus wurde anläßlich des USDA-Anbauberichts eine größere Sojafläche in den USA festgestellt.
Daher stellt sich die Frage nach den Ursachen der starken Kurssteigerungen im Sojakomplex. Es wird die Meinung vertreten, dass hier eine spekulative Übertreibung der Kursentwicklung vorliegt.
Für das Wirtschaftsjahr 2016/17 kommt der internationale Getreiderat (IGC) auf eine Erntemenge von knapp 320 Mio. t Sojabohnen. Das sind rd. 8 Mio. t mehr als im Vorjahr.
Die infolge von zu hohen Niederschlägen schwächer ausgefallene argentinische Ernte wird jedoch unter Berücksichtigung überdurchschnittlicher Erträge in den nicht betroffenen Gebieten tendenziell wieder etwas höher eingestuft.
Die brasilianische Ernte mit 96 Mio. t bleibt allerdings hinter den Erwartungen von 100 Mio. t zurück, liegt aber immer noch auf dem Niveau des Vorjahres.
Für die kommende US-Ernte im Herbst 2016 wird eine gestiegene Anbaufläche festgestellt. Die Erwartungen lagen zwar noch höher, aber die derzeitige Sojafläche stellt immerhin einen Anbaurekord dar, der in früheren Jahren noch nicht erreicht wurde. Unterstellt man Durchschnittserträge auf Vorjahresniveau musste eine etwas höhere Ernte als im Vorjahr von 106 Mio. t herauskommen.
Aber die Ertragserwartungen sind mit hohen Risiken verbunden. Da steht zunächst die Befürchtung einer länger andauernde niederschlagsarmen Zeit im Juli in den US-Anbauregionen zur Debatte. Das konnte die Sojabohen in der Wachstumsphase stören.
Schlimmer wird jedoch die Erwartung einer La Niña-bedingten Warmwetterperiode mit geringen Niederschlägen in der Blüh- und Kornbildungsphase eingeschätzt. Im Falle von Wassermangel wirft die Pflanze teilweise die Blüten oder auch die Schotenansätze ab, so dass kaum etwas geerntet werden kann. Neu gesetzte Austriebe bringen kaum einen Ertrag.
Das Wetterereignis La Niña soll mit einer Wahrscheinlichkeit von 60 % eintreten. Dabei ist weder die genaue Zeitspanne noch die Intensität berechenbar. Das Risiko einer sehr schwachen US-Sojaernte in Verbindung mit nur durchschnittlichen südamerikanischen Ernteergebnissen liefert den zukunftsorientierten Börsenteilnehmer ausreichend Motivation die Risikoprämien in den Kursen hochzutreiben.
In den nächsten Wochen und Monaten wird sich herausstellen, inwieweit diese Risikoschätzungen berechtigt waren oder nicht. Vorerst werden die Sojakurse auf erhöhtem Niveau beachtlichen Schwankungen ausgesetzt sein, je nachdem wie sich das Wetter in den USA präsentieren wird.
Wer die jetzige Kursentwicklung als rein spekulative Blase abqualifiziert, wird der Aufgabenstellung einer Börse nicht gerecht. Schließlich ist es das grundlegende Anliegen einer Börse auf zukünftig mögliche Versorgungsengpässe möglichst frühzeitig aufmerksam zu machen und das Risiko auf eine breite Basis von Börsenteilnehmern zu verteilen.
Wer anderer Meinung ist, kann sich an der zukünftigen Versorgungseinschätzung gern beteiligen. Er kann an Geld und Erfahrung gewinnen und verlieren.