Grenzen der Bioenergie-Gewinnung (Beschlussvorlage des EP)
Das Europaparlament (EP) hat in seiner Sitzung am 11.09.2013 beschlossen, die Nutzung von Biokraftstoffen zu begrenzen. Der Anteil von Biokraftstoffen aus Agrarrohstoffen der Nahrungsmittel- und Futtermittelkette (1. Generation) soll auf 6 Prozent begrenzt werden.. Die EU-Kommission hatte 5 % vorgeschlagen. Biotreibstoffe der 2. Generation aus Abfällen sollen bis 2020 einen Mindestanteil von 2,5 Prozent im Verkehrssektor bekommen. Für Antriebe mit Strom ist ein Mindestanteil von 1,5 Prozent vorgesehen.
Mögliche Waldrodungen durch die Konkurrenz um knappe Flächen sollen ab 2020 mit einbezogen werden. Bis dahin ist eine Überarbeitung des umstrittenen iluc-Konzepts vorgesehen. Biotreibstoffe aus Speiseöl und tierischen Fetten sollen doppelt angerechnet werden. Kraftstoff aus Algen und Bakterien wird vierfach gezählt.
Jetzt müssen sich die EU-Mitgliedstaaten auf eine Position einigen. Anschließen wird mit dem EP verhandelt.
Ausgewählte Vor- und Nachteile der Bioenergie-Gewinnung im Überblick:
Bioenergie
Pro |
Contra |
Geringe Klimarelevanz: Bei der Umwandlung von Biomasse wird zum größten Teil nur das CO2 ausgestoßen, welches vorher durch die Pflanzen gebunden wurde. | Hoher Flächenbedarf: Der Anbau von Biomasse fordert einen hohen Flächen-bedarf, der regional Nutzungskonkurrenzen auslösen kann. |
Biomasse als Energiespeicher: Biomasse lässt sich auch in großen Mengen lagern, ohne dass der Energiegehalt sinkt und dann einsetzen, wenn Energie gebraucht wird | Hoher Massenbedarf: Der Energiegehalt von Biomasse variiert stark und liegt zwischen 0,3 und 4 kWh/kg. Die Energie-gehalte der fossilen Energieträger (z. B. Erdgas bei 10 kWh/kg). Es entsteht eine Nutzungskonkurrenz um die knappe Fläche mit Schwächung anderer Märkte. |
Mehrfachnutzung der Bioenergie: Biomasse kann In Form einer Kaskade genutzt werden, d. h. erst stofflich und später energetisch als Abfallprodukt. Darüber hinaus können aus Resten der energetischen Umwandlung Wirtschaftsdünger hergestellt werden. | Aufwändige Logistik: Die Produktion und Aufbereitung von Biomasse für die energetische Nutzung erfordert eine weitreichende Logistik mit Maschineneinsatz und Verkehrsflächennutzung. Dies kann zu Beeinträchtigungen in Siedlungsbereichen führen. |
Dezentrale Nutzung – Wertschöpfung im ländlichen Raum: Sinnvolle Nutzung der großen Biomassen erfordert große, aber auch aus Transportgründen begrenzte Einzugsgebiete; der ländliche Raum eignet sich dafür und fördert die dortige Wertschöpfung | Nachhaltigkeitskriterien: Um den Ausbau der Bioenergie nachhaltig und zukunftsfähig zu gestalten bedarf es einschlägiger Kriterien, die seitens der Akteure eingehalten werden müssen. Einige Nachhaltigkeitskriterien wurden bereits gesetzlich vorgeschrieben (z.B. EEG, Cross Compliance, Kreislaufwirtschaftsgesetz…), in den Aktionsplänen berücksichtigt oder aber selbstverpflichtend eingehalten. |
Die Pioniereuphorie der ersten Jahre ist vorbei. Bei nüchterner Betrachtung werden die Nachteile der Bioenergie-Gewinnung immer gewichtiger herausgestellt. Jetzt werden mehr Grenzen als Zielvorgaben diskutiert und beschlossen.
Zu Beginn der Förderung nachwachsender Rohstoffe für die Bioenergie-Gewinnung waren noch Agrarüberschüsse ein Problem. Ein "Lösungsansatz" hieß damals noch Flächenstillegung bis zu 15 %. Diese Bracheflächen konnten alternativ für nachwachsende Rohstoffe gebraucht werden. Jetzt sind Grenzen erreicht, möglicherweise regional auch überschritten. Eine ernst zu nehmende Nahrungs- und Futtermittelkonkurrenz ist entstanden; sie war nicht von Anfang an gegeben. Rechtzeitige und vorausschauende politische Dimensionierung der Maßnahmen und Gegensteuerung ist nicht unbedingt eine Stärke der Politiker, wenn es um die Gunst der Wähler geht. Politischer Handlungsbedarf ist erst dann erreicht, wenn ausreichend hoher Entscheidungsdruck aufgebaut ist.
Die Trilogie von Europäischen Parlament, Europäischer Kommission und EU-Ministerrat dient der Kompromissfindung über eine mittlerweile allgemein anerkannte Problemstellung.