EU-Schweinefleischausfuhren auf Rekordniveau – Rettung in einer kritischen Lage
Nach dem schmerzlichen Ausfall der Russlandimporte kommen die massiv steigenden Absatzmöglichkeiten nach China und andere südostasiatische Länder der EU höchst gelegen. Der fehlende Russlandimport hat ein Absatzloch von rd. 750.000 t bezogen auf ein ganzes Jahr gerissen.
Allein in den ersten 4 Monaten des Jahres 2016 sind die Drittlandexporte der EU um 35 % bzw. rd. 300.000 t gestiegen. Den größten Anteil konnte Spanien für sich mit einem Zuwachs von 63 % verbuchen. Deutschland steigert seine Exporte um 38 %. Aber auch die übrigen EU-Länder haben beim Export kräftig zugelegt, soweit sie denn über genügend Ausfuhrmengen verfügen.
Mit einer Steigerung von rd. 94 % waren Chinas Importe die maßgeblich treibende Kräfte beim jüngsten Schweinefleischhandel. In den ersten 4 Monaten haben die Chinesen rd 570.000 t Schweinefleisch aus der EU bezogen. Nimmt man Hongkongs Einfuhren von knapp 120.000 t hinzu, dann ist rd. die Hälfte aller EU Exporte nach China geflossen.
Die Ursache dieser Entwicklung ist der Rückgang der Eigenproduktion im Reich der Mitte. Infolge einer Hochpreispolitik für Getreide wurden vor fast 2 Jahren die Futterkosten für die chinesischen Schweineerzeuger so hoch, dass die Schweinefleischerzeugung unwirtschaftlich wurde. Fast 20 % der Sauen wurden geschlachtet. Heute fehlen die Ferkel für die Mast. Trotz aller Anstrengungen mit höherer Ferkelproduktivität und steigenden Schlachtgewichten muss bei anhaltend stabiler Nachfrage die Bedarfslücke durch zunehmende Importe geschlossen werden.
Nach den Einschätzungen von Experten für den chinesischen Schweinefleischmarkt rechnet man noch mit einem Versorgungsdefizit bis ins Jahr 2017 hinein. Dabei geht es nicht allein um den bloßen Wiederaufbau der Sauenhaltung, sondern auch um einen Strukturwandel von einer reduzierten Hinterhofhaltung zu zunehmendenkommerziell betriebenen Formen der Schweinefleischerzeugung. Und nicht zuletzt legt China wert auf Umweltschutz in einem dicht besiedelten Land, dessen Einwohner sich von 800 qm landwirtschaftliche Nutzfläche ernähren müssen.
Exportländer für Schweinefleisch wie USA, Kanada und Brasilien sind nur begrenzt beim Chinageschäft zum Zuge gekommen. Im Falle der USA sind eine steigende Inlandsnachfrage sowie ein starker Dollarkurs die wesentlichen Hemmnisse, die die US-Exportpotenziale eingrenzen. In anderen Fällen spielen auch Gesundheitsbedenken der Chinesen gegenüber den Importen eine Rolle.
Die zurzeit wachsenden US-Schweinebestände könnten nach der Grillsaison in der Herbst-/Winterperiode zu fallenden US-Preisen führen, die möglicherweise die Kurse der EU unterlaufen. Angesichts der engen Konkurrenzsituation zwischen den beiden Exportgebieten, die jeweils rd. 30 % des globalen Schweinefleischhandels betrieben, werden auch hierzulande die Notierungen wieder unter Druck geraten. Möglicherweise hilft ein erwarteter Rückgang der EU-Schweinefleischerzeugung im letzten Teil des Jahres dabei, die Preiseauf erträglichem Niveau stabil zu halten.