Russland erweitert Fleisch-Importsperren – Ukraine-Konflikt im Hintergrund
Russland hat die Importsperren auf verarbeitetes Schweinefleisch (u.a. hitzebehandelt) aus den Ländern Polen und Litauen erweitert. Die Maßnahme wird mit den ungenügenden hygienischen Verhältnissen in den Ländern bzw. Sicherstellung gesundheitlich unbedenklicher Lieferungen begründet.
Die Spannungen zwischen Russland und der Ukraine haben zur Einstellung ukrainischer Fleischlieferungen – schwerpunktmäßig Rindfleisch nach Russland geführt.
Mit Anfang April 2014 werden australische Rindfleischlieferungen an der russischen Grenze abgewiesen. Die Begründung lautet, man habe in 30 Fällen "Trenbolon" gefunden, ein in Russland nicht zugelassener Wachstumsförderer. Die australischen Veterinärbehörden beteuern jedoch, dass in der Endmastphase das Mittel nicht eingesetzt werde. Die gleichen Rindfleischherkünfte werden auch in die EU geliefert und habe zu keinen Beanstandungen geführt. Mit Hinweis auf die Funde erklärt Russland die australischen Einfuhren als nicht sicher genug überprüft und bleibt bei seinem Einfuhrverbot.
Mehrere Versuche der EU-Kommission, die russische Importsperre für Schweinefleisch aus der EU zu regionalisieren, sind bei der Welthandelskonferenz gescheitert. Jetzt wird Klage wegen Verstoßes gegen die WTO-Grundsätze und Regeln eingereicht. Eine Entscheidung ist erfahrungsgemäß nicht vor 1 Jahr zu erwarten. Und selbst nach einer erfolgreich beschiedenen Verhandlung, bleibt das Ergebnis eine Entscheidung ohne Vollzugswirkung, die nur im politischen Raum verwertet werden kann.
In der Zwischenzeit hat sich Russland neben Brasilien um Schweinfleischlieferungen aus den USA bemüht. Die US-Lieferungen sind jedoch seit einem Jahr wegen des Einsatzes von „Ractopamine“ für den russischen Import gesperrt. Die Untersuchungen ergaben jedoch, dass der Wachstumsförderer von der WTO und WHO ausreichend auf Gesundheits-unbedenklichkeit geprüft worden ist. Die russische Veterinärbehörde hat diese Ergebnisse aufgegriffen und eine Aufhebung der Importsperren in wohlwollende Erwägung gezogen.
Zwischenzeitlich ist jedoch ein anderer Fall zweier Schiffsladungen mit über 12 000 t Geflügelfleischwurst aus den USA aufgetaucht. In beiden Lieferungen in Primoraky Krai im südöstlichen Zipfel Russlands direkt gegenüber von Japan wurden Bleigehalte gefunden, die doppelt so hoch ausfielen wie die zulässigen Grenzwerte. Die russischen Veterinärbehörden nehmen den Fall zum Anlass, weitere Untersuchungen bei US-Lieferungen anzustellen und ggfs. die Exportsperren wieder aufzubauen.
Angesichts der Spannungen zwischen Russland und den USA anläßlich des sich wieder verschärfenden Ukraine-Konfliktes sind weitere Handelsbeschränkungen nicht auszuschließen.
Russland importiert jährlich 1 Mio. t Rindfleisch vornehmlich aus den südamerikanischen Staaten Brasilien (56 %), Paraquay (26 %), Uruquay (7,5 %) und Australien (3,5 %). Der Selbstversorgungsgrad im Rindfleischsektor liegt unter 60 %. Die Schweinefleischeinfuhren Russlands werden voraussichtlich deutlich unter 900.000 t fallen. Im Vorjahr stammten aus der EU rd. 60 %, aus Brasilien 23 % und aus Kanada 12 %. Die Selbstversorgung bei Schweinefleisch steigt auf 75 %. Darüberhinaus werden knapp 500.000 t Geflügelfleisch bei einem Selbstversorgungsgrad von 90 % nettoimportiert.
Die vergleichsweise geringen Selbstversorgungsgrade Russlands eröffnen wenig Spielraum für Sanktionsmassnahmen wie Einfuhrbeschränkungen im Nahrungsmittelbereich, wenn man vermeiden will, dass die eigene Bevölkerung in einem sensiblen Bereich in Mitleidenschaft gezogen wird.