Schweinepreise im tiefen Tal - Rindfleischpreise im Höhenrausch - Wie passt das zusammen?
Ende Sep.2021 sacken die Schweinepreise auf 1,25 €/kg (in einer weiten Spanne von 1,20 bis 1,30 €/kg) ab, während gleichzeitig die R3-Bullenpreise auf 4,16 €/kg in einer engen Spanne von 4,15 bis 4,21 €/kg weiter steigende Tendenzen anzeigen. Was steckt dahinter?
Die Ursachen für die niedrigen Schweinefleischpreise sind relativ einfach aufzudecken: Bei einem EU-Selbstversorgungsgrad von rd. 125 % ist ein funktionierender Drittlandexport vonnöten. Mit dem Auftreten von ASP in Deutschland sind entscheidende Absatzmengen auf dem Weltmarkt weggebrochen. Dabei handelt es sich insbesondere um den chinesischen Markt, der hohe Mengen an weniger wertvollen Teilstücken vom Schwein zu attraktiven Preisen abgenommen hat. Das China-Geschäft wurde auch für die übrigen EU-Exportländer in zunehmenden Maße schwieriger, wie sich die Schweinepreise in China aufgrund verbesserter Versorgungslage innerhalb eines halben Jahres halbierten. Fehlende Absatzmöglichkeiten auf dem Weltmarkt führen zu massiven Angebots- und Preisdruck im EU-Binnenmarkt. Ein nahes Ende ist nicht in Sicht. Produktionsrückgänge in Deutschland werden durch Zuwächse in Spanien überkompensiert.
Die EU-Rindfleischerzeugung ist seit mehreren Jahren rückläufig. Der EU-Rindfleisch-Außenhandel zeigt leicht steigende Ausfuhren in einer Vielzahl von Staaten mit kleinen Mengenanteilen. Ausnahme bildet Großbritannien mit 30 %, das seinen sinkenden Bedarf aus Irland bezieht. Israel ist mit 9 % Anteil das nächstgrößere Empfängerland, dessen um 36 % gestiegene Einfuhren 2021 überwiegend aus den Südost-EU-Ländern stammen.
Die EU-Importe stammen üblicherweise aus den südamerikanischen Staaten Brasilien, Argentinien und Uruquay mit einem Einfuhranteil von rd. 80 % bzw. 180.000 t bzw. knapp 2 % des EU-Verbrauchs. Deutschland gehört zu den Importländern von Rindfleisch.
Die ASP-bedingte Fleischversorgungskrise in China beschränkt sich in ihren Auswirkungen nicht nur auf den Schweinesektor. Neben den verdreifachten Schweinefleischeinfuhren von rd. 5,5 Mio. t hat China auch seine Rindfleischimporte auf 3,5 Mio. t mehr als verdoppelt.
Die nächstliegenden australischen und neuseeländischen Farmer sind nur begrenzt lieferfähig, weil sie immer noch mit dem Wiederaufbau der Rinderbestände nach den vorangegangenen Dürrejahren beschäftigt sind.
Die USA exportieren rd. 1,55 Mio. t Rindfleisch und importieren 1,35 Mio. t. Dabei spielt der grenznahe Austausch zu Mexiko und Kanada eine nennenswerte Rolle.
Als leistungsstarke Rindfleischlieferanten kommen in 1. Linie die südamerikanischen Länder in Frage. Die von China zusätzlich nachgefragten Mengen sind jedoch in kurzer Zeit nicht so schnell bereitzustellen. Brasilien mit einem globalen Handelsanteil von rd. 25 % hat zwar in den letzten 3 Jahren seinen Rindfleischexport um knapp eine halbe Mio. t gesteigert, aber das ging nur auf Kosten einer beachtlichen Bestandsminderung und Einbußen bei der Bestandsergänzung. Die Folge ist, dass Brasilien seine Rinderherden überbeansprucht hat und der notwendige Nachschub zurzeit geringer ausfällt.
Argentinien hat rechtzeitig mit Hilfe von Ausfuhrzöllen die Exportbremse gezogen, um die Versorgung zu angemessenen Preisen im eigenen Lande zu gewährleisten. Die Exporte sind um knapp 20 % zurückgegangen.
Das Ergebnis ist eine Knappheit an Rindfleisch auf Weltebene. Die internationalen Preise sind erheblich gestiegen. In Südamerika, Australien und Neuseeland haben sich die Rindfleischkurse verdoppelt. In den USA und Kanada bewegen sich die Notierungen auf Hoch-Niveau.
Preistreibend wirken sich auch die stark gestiegenen Frachtraten infolge knapper Verfügbarkeit von Containern, Covid-bedingt fehlender Fachkräfte sowie Energiepreissteigerung aus.
Für die EU fallen die möglichen Bezugsmengen erheblich kleiner aus. Die bisherigen Einfuhren sind gegenüber den Vorjahren um mehr als 20 % gefallen. Selbst die zollfreien Import-Kontingente werden nur noch in kleinen Umfange in Anspruch genommen.
Die vergleichsweise längere Produktionsdauer in der Rindfleischerzeugung sorgt dafür, dass sich die Marktlage nicht so schnell verändern wird. Die Marktanpassung der Schweinehaltung ist zwar kurzfristiger möglich, aber ASP und der schwache Drittlandexport bleiben vorerst marktwirksam. Von der Nachfrageseite ist wenig Entlastung zu erwarten.