Den Russen sind die importierten brasiliansichen Fleischpreise zu teuer
Nach dem russischen Importverbot für Fleischeinfuhren aus der EU und den USA setzte Russland in 1. Linie auf den einzigen verbleibenden leistungsstarken Exporteur von Fleisch auf Brasilien. Während in früheren Zeiten alle möglichen hygienischen Bedenken herhalten mussten, um preiswertes brasilianisches Fleisch vom russischen Markt fernzuhalten, wurden Mitte August 2014 unmittelbar nach der Gegenreaktion auf die westlichen Sanktionen sämtlichen brasilianischen Schlachtbetrieben die Grenze nach Russland offen gemacht.
Brasilien exportiert etwa 650.000 t Schweinefleisch, 2 Mio. t Rindfleisch und 3,6 Mio. t Geflügelfleisch je Jahr. Russland braucht Ersatzlieferungen an gesperrten Schweinefleisch in Höhe von 700.000 t, 100.000 t Rindfleisch und 75.000 t Geflügelfleisch. Der Engpass besteht beim Schweinefleisch, während beim Rind- und Geflügelfleisch die Probleme weniger kritisch sind.
Im Gefolge der zusätzlichen Ausfuhrmöglichkeiten entwickelte sich in Brasilien ein entsprechender Preisanstieg der in brasilianischer und Euro-Währung zu Kursanstiegen zwischen 22 und 23 % geführt hat. Der starke Kaufkraftverlust des Rubels führte jedoch zu einer Verteuerung in Russland um 30 % innerhalb zweier Monate.
Die starke Verteuerung der brasilianischen Einfuhren hat denn auch prompt in Russland zu entsprechenden Drohmaßnahmen geführt. Auf einmal wird wieder von der obersten russischen Veterinärbehörde festgestellt, dass brasilianische Mäster nach wie vor das in Russland nicht zugelassene Wachstumsmittel Racptopamin eingesetzt wird. Darüberhinaus werden weitere Hygienemaßnahmen kritisiert.
Aber bislang ist es noch bei Beschuldigungen und Drohgebärden geblieben, weil die alternativen Bezugsmöglichkeiten noch kleiner ausfallen.
In jüngster Zeit werden Anstrengungen unternommen, die indischen Rindfleischausfuhren anzuzapfen. Indien ist drittgrößter Rindfleischexporteur mit sehr preiswertem Büffelfleisch. Mit China sind Kontakte aufgenommen worden, um etwa 20.000 t gefrorenes Schweinefleisch zu erhalten. In Chile hat man alte Verbindungen aufleben lassen, um von dort 10.000 bis 15.000 t Fleisch zu bekommen.
Zwischenzeitlich wehrt man sich mit allen öffentlichen Mitteln dagegen, dass Weißrussland aus dem Westen importierte Fleischlieferungen weiter nach Russland durchschleust. Die Realität sieht meistens anders aus. Die Freihandelszone zwischen beiden Staaten ohne Grenzkontrollen eröffnet viele Möglichkeiten. Allerdings halten sich die Mengen in überschaubaren Grenzen. Es geht mehr um Prestigeverlust.
So sehr die Schweinepreise hierzulande für Druck sorgen, so sehr steht Russland selbst unter Druck. Während sich die russischen Schweinemäster die Hände reiben können, sieht es für den Verbraucher weniger günstig aus. Dabei halten sich die staatlich gedeckelten Verbraucherpreise noch in Grenzen, es herrscht jedoch Mangelwirtschaft. Staatlich verordneter Konsumverzicht ist angesagt.