Produktionsstrukturen und Entwicklungen im russischen Schweinesektor
Die Schweinehaltung in Russland hat bewegte Zeiten hinter sich. Kurz nach der politischen Wende 1992 bis zum Jahre 2005 hatte sich die russische Schweinehaltung fast halbiert. Die früher zu 60 % im Industriemaßstab erzeugten Schweine fielen ohne staatliche Subventionen auf weniger als 28 % zurück. Gleichzeitig stieg die Hinterhofhaltung von 40 auf 72 % an, ohne dass die absoluten Schweinezahlen gestiegen wären. Typische Merkmale der Hinterhofhaltung sind katastrophale Leistungsdaten mit Futterverwertung jenseits von 1:6 und Hygienebedingungen. Bis heute gehört die Afrikanische Schweinepest zum Alltag. 10 offiziell gemeldete Fälle gibt es zurzeit rund um Moskau.
Mit dem Jahre 2006 begann eine systematische staatliche Förderung der Schweineerzeugung, die bis zum Jahre 2011 rd. 8 Mrd. Dollar gekostet hat. Bei 730 geförderten Projekten sind das knapp 11 Mio. $ je Betrieb an staatlichen Stützungsgeldern. Die Folge war, dass die Schweinerzeugung um knapp 60 % gesteigert wurde. Die Produktion in den industriell betriebenen Anlagen verdreifachte sich und wird auf 60 % Marktanteil geschätzt. Die 15 größten Anlagen produzieren rd. 44 % aller russischen Schweine. Der größte von Ihnen „Agroholding Miratorg“ erzeugt allein 1,2 Mio. Schweine, der kleinste „nur“ 133.000 Tiere. Die Strukturen sind denen in den USA nicht ganz unähnlich.
Die Beteiligung der Tönnies Gruppe an einer 600.000er Anlage gehört eher zum Mittelfeld.
Die politischen Absichten laufen darauf hinaus, bis zum Jahre 2020 den industriellen Anteil auf 81 % voranzutreiben und den Hinterhofanteil auf unter 20 % zu drücken. Man verspricht sich hohe Leistungssteigerungen, weniger Krankheitsprobleme und - wenn möglich - die 100 %-ige Selbstversorgung. Allerdings ist man davon noch ein gutes Stück entfernt.
Störend in diesem Plan war und ist der WTO-Beitritt, der den ungehinderten Handelsverkehr fordert und Schutzzölle bis auf einen gewissen Rahmen nicht zulässt. Ausgenommen davon sind Schutzmaßnahmen mit dem Argument der hygienischen Vorsorge. Die fast zweijährige Importsperre für fast alle deutschen Schlacht- und Fleischbetriebe gehört dazu. Über die wahren Beweggründe mag man trefflich streiten oder auch nicht.
Schweinepreise unter umgerechneten 2,30 € je kg sind für russische Verhältnisse unrentabel. Angestrebt werden Kurse je nach Getreidepreisen zwischen 2,50 bis über 3 € je kg.