Zunehmende EU-Schweinefleischausfuhren haben Preise angetrieben – wie lange noch?
Im Jahre 2016 werden hochgerecht mehr als 4 Mio. t Schweinefleisch auf Schlachtgewichtsbasis berechnet in Drittländer exportiert. Gegenüber den vorhergehenden Jahren beträgt die Steigerung mehr als ein Drittel.
Diese Entwicklung ist nicht reibungslos vonstatten gegangen. Zunächst hat es durch den Importstopp Russlands einen erheblichen Einbruch der Drittlandlieferungen gegeben. Die Folge war ein ruinöser Preisverfall, der sich über das ganze Jahr 2015 erstreckte.
Noch zu Beginn des Jahres 2016 lagen die Schweinepreise unter 1,30 €/kg. Aber noch im Laufe des 1. Halbjahres 2016 entwickelte sich eine ungewöhnliche Dynamik der Ausfuhren in Richtung China und anderen südostasiatischen Ländern. Die chinesischen Einfuhren verdoppelten sich im Vergleich zum Vorjahr. Japan und die Philippinen steigerten ihre Schweinefleischbezüge aus der EU um 13 bis 25 %.
Es gibt auch deutliche Ausfuhrminderungen mit -15 % nach Südkorea, -28 % nach Südafrika und -24 % an die Elfenbeinküste.
Mit knapp 48 % bestreitet China den größten Anteil am EU-Export. Japan kommt auf rd. 10 %. Die Philippinen und Südkorea erreichen jeweils rd. 5 % Anteil. Die übrigen Länder fallen unter die 3 % Anteilsmarke.
Der Exportboom wird also vor allem von China getragen. Die Abstockungen der chinesischen Schweinebestände im Jahre 2014/15 infolge fehlender Rentabilität führt im Reich der Mitte zu einem starken Versorgungsdefizit mit Schweinepreisen weit über 3 €/kg hinaus. Zeitgleich lagen die EU-Schweinepreise noch bei rd.1,30 €/kg, während in den USA die Kurse u.a. dollarkursbedingt bei 1,45 €/kg kursierten. Was lag für China näher, als die bereits bestehenden Lieferbeziehungen mit der EU zu intensivieren.
Steigende Exportmengen bei gleichzeitig fallenden Schlachtzahlen in der EU führten im Laufe des 2. und 3. Vierteljahres zu unerwartet hohen Schweinepreisen, die selbst die Auslagerung von PLH-Mengen in den Sommermonaten vergessen machten.
Die jüngsten monatlichen Daten zeigen jedoch keine weiteren Steigerungen der EU-Exporte nach China. Zunehmende Preise hierzulande scheinen die Kauffreudigkeit zu bremsen. Das trifft nicht nur für China zu.Gleichzeitig fallende US-Schweinepreise auf umgerechnete Werte unter 1,20 €/kg können ebenfalls eine Signalwirkung ausgelöst haben. Bei den wöchentlich festgestellten US-Exporten ist jedoch von einer Absatzsteigerung nach China noch wenig zu spüren. Dafür boomt es jedoch in Brasilien, allerdings auf einem deutlich niedrigeren Niveau.
Angesichts der enormen Preisdifferenz zwischen den beiden größten Exportstaaten auf dem Schweinefleischsektor EU und USA stellt sich die Frage, in welchem Maße sich die zukünftigen chinesischen Einfuhren stärker an den Preisen ausrichten werden. Dabei hat die EU zunächst die schlechteren Karten, es sei denn die EU-Schweinepreise werden deutlich nachgeben. Dabei könnten Qualitäts- und Hygienevorteile der EU u.a. Ractopamine-Verzicht in die Waagschale geworfen werden. Ein nicht auszuschließender Dollarkursanstieg infolge Zinserhöhung in den USA in absehbarer Zeit könnte ebenfalls ins Spiel gebracht werden.
Die Wahrscheinlichkeit anhaltender hoher EU-Schweinepreise auf derzeitigem Niveau ist gering. Zusätzlich ist davon auszugehen, dass die Schlachtzahlen im 4. Vierteljahr wieder zunehmen werden. Die Frage bleibt offen, auf welchem Niveau sich die Kurse stabilisieren werden.