Polens Schweinemarkt in einem doppelten Dilemma: Importabhängigkeit bei Schweinefleisch und und noch mehr bei Ferkeln
Bis kurz nach dem EU-Beitritt stiegen die polnische Schweinefleischerzeugung und der Inlandsverbrauch durchschnittlich an. In den letzten 10 Jahren sind sowohl Erzeugungsvolumen als auch Schweinefleischverbrauch rückläufig.
Polen war bis kurz nach seinem EU-Beitritt Nettoexporteur von Schweinefleisch auf der Grundlage eigener Ferkelerzeugung.Das hat sich im Laufe der letzten 10 Jahre grundlegend gewandelt.
Jetzt ist Polen Nettoeinfuhrgebiet für Schweinefleisch geworden. Gleichzeitig wächst die Zahl der Importferkel auf mittlerweile 4,5 Mio. Tiere je Jahr an, um die Schweinefleischerzeugung im eigenen Land gerade aufrecht halten zu können. Was sind die Ursachen für diese Entwicklung?
Zunächst sollte man festhalten, dass in Polen aufgrund der geringen Besiedlungsdichte und hoher landwirtschaftlicher Flächenverfügbarkeit eigentlich günstige Voraussetzungenfür die Veredlung bestehen. Die Bau- und Umweltauflagen sind deutlich geringer als in den Ballungszentren Nordwesteuropas. Arbeitskräfte und Stallbauten kosten weniger Geld als in anderen Gebieten.
Das Problem Polens besteht in seiner überwiegenden Zahl kleinflächig ausgestatteter und kleinbetrieblich organisierter Betriebe. Die durchschnittliche Betriebsgröße beträgt rd. 12 ha LF. Die Hälfte der Betriebe verfügt über nicht mehr als 5 ha LF, rd. 90 % der Betriebe bewirtschaften weniger als 30 ha. Die Zahl der gehaltenen Schweine liegt bei 60 Tieren je Betrieb, bei den Sauen sind es durchschnittlich 17 Tiere je Einheit. 2015 wurden immer noch mehr als 45 % der Sauen in Einheiten unter 20 Tieren gehalten.
Daneben bestehen aber auch „Großbestände“ mit über 200 Sauen, die mittlerweile einen Anteil von 25 % erreichen. Dabei handelt es sich häufig um Nachfolgeorganisationen von Staats- und Genossenschaftsbetrieben, in jüngster Zeit auch von neu gegründeten Kapitalgesellschaften, z.T. mit ausländischer Beteiligung. Dazu gehören auch Unternehmen mit mehreren 1.000 Sauen. Typisch für Polen ist der unzureichende Anteil mittelgroßer Sauenbestände, die als Grundlage für die weitere Entwicklung dienen. Es zeichnet sich eine zunehmende Polarisierung von kleinen und „Grösstbeständen“ ab.
Die polnischen Sauenzahlen haben sich seit dem EU-Beitritt halbiert. Von ehemals 1,8 Mio. Sauen sind jetzt nur noch 800.000 übrig geblieben. Angesichts des hohen Anteils der Tiere in unwirtschaftlichen Kleinbeständen ist absehbar, dass eine weitere Reduzierung in den nächsten Jahren zu erwarten ist. Im Zuge des Generationswechsels wird die Selbstversorgerwirtschaftfortschreitend abnehmen.
In den letzten Jahren wurde das Ferkeldefizit durch steigende Ferkelimporte aus Dänemark und den Niederlanden ausgeglichen. Weitere Steigerungen werden notwendig sein. Aber Deutschland mit einem Ferkeldefizit von knapp 20 % ist ein starker Konkurrent, der zudem von einer größeren Transportnähe zu den Exportgebieten profitiert. Die überschüssigen Ferkel wandern im Regelfall immer zu dem Standort, wo am meisten bezahlt wird. Da befinden sich die polnischen Ferkelimporteure im Nachteil, der nur durch höhere Ferkelpreise auszugleichen ist.
Wenn Polen die Schweinefleischerzeugung auf bisherigem Niveau halten will, werden weitere Ferkelimporte notwendig sein. Ob dabei das Produktionsniveau gehalten werden kann, ist zu bezweifeln.