Steuerungstechniken auf dem Schweinefleischmarkt in den USA und in Europa
Die Zeitspanne 2014/15 stellt die beiden weltweit führenden Exportländer USA und EU von Schweinefleisch auf eine harte Probe. Die USA werden von der PEDv-Seuche betroffen und die EU durch den russischen Importstopp gehandicapt. In beiden Regionen sind jedoch unterschiedliche Reaktionsmechanismen zu beobachten.
In den USA hat die seuchenhafte Ausbreitung der tödlichen Durchfallerkrankung bei Saugferkeln zu Tierzahlverlusten in der kalten Jahreszeit Febr. und März 2014 bis zu 15 % geführt. Es war vorauszusehen, dass die Saugferkelverluste rd. 6 Monate später zu einer Reduzierung der Schlachtzahlen führen würden. Der Verlust fiel genau in die Zeit der höchsten Nachfrage, der Barbecue-Saison. Eine bedarfsdeckende Versorgung würde höchste Preissteigerungen zur Folge haben.
Was geschieht in den USA? Bereits weit vor dem Zeitpunkt des Eintreffens der zu erwartenden Versorgungsengpässe steigen die Terminnotierungen an den Börsen von üblichen 1,30 € je kg auf über 1,65 € je kg an. Es beginnt ein zunehmendes Gegensteuern zur Aufrechterhaltung der Vorratsbestände für die Hauptnachfragesaison. Die steigenden Preise signalisieren der Angebotsseite, dass sich eine Knappheitsmarktlage entwickelt. Die Kassakurse spielen mit.
Die Erzeuger reagieren auf die gestiegenen Preise mit der Erhöhung der Schlachtgewichte für jedes Einzeltier. Das ist jedoch nur wirtschaftlich bei hohen Preisen, denn die Gewichtszunahmen erfordern überdurchschnittlich hohe Futterkosten. Tatsächlich ist es in den USA gelungen, den seuchenbedingten Schweinefleischausfall auf diese Weise auf geschätzte 4,5 % im Vergleich zum Vorjahr herunterzudrücken.
Auf der Nachfrageseite wurde bei steigenden Verbraucherpreisen der Konsum bereits frühzeitig gebremst und die frei werdenden Mengen verhinderten einen zu starken Abbau der Vorratsbestände.
In der Grillsaison machte sich der Engpass weniger als befürchtet bemerkbar. Die Schweinepreise kratzten nur kurzfristig an der 2 €/kg Grenze, um dann rasch wieder auf durchschnittliche Werte zurückzukehren.
Die Börsen haben ihre Aufgabe, mit ihren vorausschauenden Kursen und deren Eintaxierung rechtzeitig und angemessen auf zukünftige schwierige Marktlagen aufmerksam zu machen, erfüllt.
Eine Gegensteuerung ist in den USA bereits eingeleitet worden. Ausdehnungen der Schweinefleischerzeugung als Folge der Hochpreislage und eine weniger schadenbringende PEDv-Seuche in den Frühjahrsmonaten 2015 führt nach aller Einschätzung zu einem Überangebot an Schweinefleisch im Verlauf des Jahres 2015. Die Börsenkurse sind seit einigen Monaten auf Talfahrt in Richtung 1,20 €/kg gegangen. Die hohen Schlachtgewichte liegen zwar immer noch über mehrjährigen Durchschnitt, neigen aber zum Nachgeben. Auf der Nachfrageseite ist ein deutlicher Aufbau der Vorratsbestände festzustellen.
In der EU funktioniert der Schweinefleischkontrakt an der Börse in seiner vorausschauenden Funktion höchst unzuverlässig, weil zu wenige Teilnehmer für ein wenig ausgewogenes Meinungsbild sorgen. Die wöchentlichen Zufälligkeiten von Angebot und Nachfrage am Kassamarkt bestimmen das Preisgeschehen. Die Fleischwirtschaft sorgt aus eigenem Antrieb für einen saisonalen Ausgleich. Die Abrechnungsmodalitäten erlauben wenig Spielraum für höhere oder niedrigere Schlachtgewichte. In extremen Fällen sollen staatliche Aktivitäten wie die PLH regulierend eingreifen, allerdings mit zu langer Reaktionszeit (nämlich zu spät) und mit ungewollten Nebenwirkungen (Streckung der Niedrigpreisphase).
Unterschiedlicher können die Reaktionsmechanismen zwischen den beiden Regionen nicht sein: die einen zukunftsorientiert ausgerichtet, die anderen wenig vorausschauend auf die Gegenwartsproblematik fixiert.