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Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

"Wetterderivate" - künftiger Handel mit Wetter-Optionen ?

Liebe Leser,

gerne möchte ich heute ein etwas grösseres Posting in unser Forum stellen, daß vielleicht noch eine eher untergeordnete Rolle spielt, nämlich den Handel mit Wetter-Derivaten. Vielleicht haben sie schon davon gehört, aber sich vielleicht kein richtiges Bild machen können, was es damit auf sich hat.

In Zukunft wird die Absicherung von Wetterrisiken eine immer grössere Rolle spielen.

Natürlich eröffnet sich damit sowohl für den Hedger wie auch für den Chance-/Risiko-Orientierten Anleger ein breiter Fächer von Möglichkeiten, Sicherheit und Gewinnchancen zu schaffen.

Die folgenden Absätze können da bestimmt etwas mehr Klarheit schaffen.

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Wetterderivate

Übersicht

Wetter Indices der Deutschen Börsen eröffnen Marktteilnehmern einen kostenlosen Zugang zu wirtschaftlich relevanten Wetterdaten. Darüber hinaus sollen die Indizes bei sich abzeichnender Marktreife in der Zukunft als Underlying für an der Eurex gehandelte Wetterderivate dienen. Im Folgenden erhalten Sie grundlegende Informationen zu Wetterderivaten und den geplanten Produkten der Eurex.

Historische Entwicklung

Der wirtschaftliche Erfolg einer Vielzahl von Wirtschaftszweigen wird von Wetterereignissen beeinflusst. In einem relativ kühlen Sommer können beispielsweise die Getränke- und Eiscremeindustrie weniger absetzen als in einem heißen Sommer. Zu heiße, zu kühle, zu trockene oder zu feuchte Sommer dagegen beeinflussen die Qualität und Quantität der Ernten in der Landwirtschaft. In einem milden Winter werden weniger Brennstoffe verbraucht als in Jahren mit starkem Frost. Hoteliers in den Bergen verzeichnen in Jahren mit wenig Schnee Verdienstausfälle. Die Liste der vom Wetter beeinflussten Wirtschaftszweige lässt sich fast beliebig fortsetzen.

Bis 1997 konnten sich Unternehmen gegen solche Wetterrisiken, wenn überhaupt, nur durch klassische Versicherungspolicen absichern. Das erste publik gemachte Wetterderivat wurde im September 1997 in den USA zwischen zwei Energieversorgern gehandelt.

Ziel des Derivates war es, durch Temperaturschwankungen ausgelöste Veränderungen in den Stromabsatzmengen der beiden Energieversorger während der Wintersaison 1997/98 monetär auszugleichen. Das einfache Produktkonzept analog zu seit Jahrzehnten bekannten Finanzoptionen sowie der einleuchtende ökonomische Nutzen führten in der Folgezeit zu der Entwicklung eines neuen Derivatezweiges, dem Handel von Wetterderivaten.

Bis zum Sommer 2000 wurden insgesamt mehr als 2.500 Transaktionen mit einem Gegenwert von über US$ 7 Mrd. gemeldet. Die umsatzstärksten Marktteilnehmer sind bisher große Investmentbanken, Rückversicherungen und eine Reihe an Energieversorgern. Aktive Marktteilnehmer kommen aber auch aus der Landwirtschaft, dem produzierenden Gewerbe, der Freizeit-, Lebensmittel- und Getränkeindustrie, der Bauwirtschaft sowie der Textilwirtschaft.

In Europa wurde die erste Transaktion mit Wetterderivaten im Herbst 1998 gemeldet. In 1999 folgten ihr sieben weitere. Im März 2000 kam schließlich die erste Transaktion mit Beteiligung eines deutschen Marktteilnehmers, einem Energieversorger, zustande. Marktteilnehmer schätzen den nominellen Gegenwert europäischer Wetterderivate im Sommer 2000 mit Euro 75 Mio. auf wenig mehr als 1% des amerikanischen Volumens.

Grundstrukturen

Rund 3/4 aller Wetterderivate werden in Form von Optionen gehandelt, etwa 1/4 aller Wetterderivate sind Swaps und einige wenige Transaktionen beziehen sich auf komplexere Optionskombinationen wie Collars, Straddles, Strangles und andere. Alle genannten Arten von Wetterderivaten zeichnen sich durch sieben gemeinsame Spezifikationsparameter aus:

Ort: In der Regel beziehen sich Wetterderivate auf eine Messstation an einem bestimmten Ort, z. B. den Flughafen Frankfurt.

Zugrundeliegender Index: Die gebräuchlichsten Indizes sind HDD und CDD Indizes. Niederschlagsmengen, Windgeschwindigkeiten und andere Wettermerkmale sind aber ebenfalls möglich.

Zeitperiode: Wetterderivate beziehen sich in der Regel auf monatliche, z.B. Januar 2001, oder saisonale Perioden, z. B. Heizperiode von Oktober 2000 bis März 2001.

Ausübungspreis: In den meisten Fällen wird der Ausübungspreis in HDD oder CDD angegeben. Er kennzeichnet den Wert, ab dem eine Vertragsseite der anderen finanzielle Ausgleichszahlungen leisten muss.

Nominalbetrag: Dies ist der in Euro gemessene Wert, z. B. Euro 10.000 pro gemessenen HDD, den eine Vertragsseite an die andere zahlen muss.

Obergrenze (Cap) bzw. Untergrenze (Floor): Caps und Floors begrenzen die maximale Auszahlung, die sich aus einem Wetterderivat ergeben kann. Sie werden in der Regel ebenfalls in HDD oder CDD angegeben.

Prämie: Bei Optionskontrakten zahlt der Käufer der Option an den Verkäufer eine individuell vereinbarte Prämie. Swaps kommen aufgrund der symmetrischen Zahlungsstruktur in der Regel ohne Prämienzahlungen aus.

Anwendungsbeispiele

Absicherung mit einer Put-Option

Stromlieferant Energiedirekt aus Süd-Hessen stellt fest, dass sein Stromabsatz bei einem Temperaturanstieg von 1°C um 400 Mwh pro Tag zurückgeht. Bei einem durchschnittlichen Preis von Euro 18/Mwh entspricht dies über einen Monat einem Umsatzverlust von Euro 223.200 (18 Euro /Mwh x 400 Mwh x 31 Tage). Dies bedeutet, dass der Stromlieferant in milden Wintern wesentlich weniger Energie verkaufen kann als in kalten Jahren.

In den letzten 30 Jahren (1969-1998) lag die durchschnittliche Heizgradtageszahl für den Monat Januar in der Stadt Frankfurt bei 686,4. In 18 der genannten 30 Jahre lag die HDD-Zahl für den Monat unter dem Wert von 500. In diesen Jahren konnte der Stromlieferant besonders wenig Energie verkaufen. Um sich nun gegen die Umsatzausfälle in einem milden Januar abzusichern, beschließt er, im September 2000 eine Put-Option auf die HDD-Zahl des Januars 2001 mit einem Ausübungspreis von 500 HDD und einem Multiplikator von Euro 7.200 (=400 Mwh x Euro 18/Mwh) je HDD zu kaufen.

Da es in den letzten 30 Jahren keinen Januar mit weniger als 400 HDD gegeben hat, vereinbart der Stromlieferant für die Put-Option ein Limit von 100 HDD (Ausübungspreis 500 HDD - Minimum HDD 400). Die 100 HDD entsprechen einem maximalen Auszahlungsbetrag der Option von brutto Euro 720.000 (100 HDD x Euro 7.200/HDD). Der Verkäufer der Option, die Investmentbank Cashcollect, verlangt für den Kauf der Option und die Übernahme des damit verbundenen Risikos eine Optionsprämie in Höhe von Euro 120.000.

Bei 500 HDD beginnt die Option an Wert zu gewinnen. Bei 483,3 HDD erreicht sie den Break Even. Werden im nächsten Januar beispielsweise 450 HDD gemessen, so zahlt Investmentbank Cashcollect an den Stromlieferanten Energiedirekt netto Euro 240.000 (Euro 7.200 x 50 - Euro 120.000) aus.

Bei gemessenen 400 HDD oder weniger erhält der Stromlieferant den Maximalbetrag von netto Euro 600.000 (Euro 720.000 - Euro 120.000 Optionsprämie) ausbezahlt. Bei einem kühlen Januar mit mehr als 500 HDD kann die Investmentbank Cashcollect die eingenommene Optionsprämie von Euro 120.000 als Gewinn verbuchen und zahlt nichts an den Stromlieferanten. Dieser profitiert aufgrund der Kälte in diesem Fall jedoch von erhöhten Absatzmengen.

Der Kauf der Put-Option wirkt für den Stromlieferanten in dem obigen Beispiel wie eine Versicherung. Ist der Januar relativ warm, so bekommt er von der Investmentbank seine Umsatzeinbußen erstattet. Ist der Januar relativ kalt, so bekommt er zwar keine Zahlung aus der Option, setzt aber eine größere Strommenge ab.

Durch den Einsatz der Wetteroption verringert Stromlieferant Energiedirekt daher die Schwankungsbreite seines Umsatzes und wird von extremen Temperaturentwicklungen nicht mehr nachteilig betroffen. An positiven Temperaturentwicklungen partizipiert er jedoch weiterhin vollständig. Lediglich die Optionsprämie wird unabhängig von der eingetretenen Temperaturentwicklung in jedem Fall fällig.

Für die Investmentbank Cashcollect macht der Verkauf der Option Sinn, da sie so in eine Asset-Klasse investiert, die nicht mit bestehenden Investitionen im Aktien-, Zins-, Kredit- oder Währungsbereich korreliert. Risiken werden gestreut und in anderen Geschäftsfeldern vorhandene Strukturen, Systeme und erworbenes Wissen lassen sich ohne großen Aufwand auf einen weiteren Bereich übertragen.

Ausblick: Handel von Wetterderivaten an der Eurex

Die Wetterindizes der Deutschen Börse sind einfach nachzuvollziehen und sollen in einer späteren Phase als Grundlage für Wetterderivate an der Eurex verwendet werden. Die Voraussetzungen für einen kostenlosen Zugang zu notwendigen Wetterdaten für Marktteilnehmer sind durch die Indizes geschaffen.

Bevor ein Börsenhandel von Wetterderivaten jedoch mit ausreichender Liquidität stattfinden kann, müssen die vorab genannten Handelshindernisse überwunden werden. Unabdingbar ist auch eine deutliche Verbreiterung der derzeitigen Anwenderbasis.

Denn erst wenn Banken, (Rück-) Versicherungen und andere Market Maker so viele individuelle Wetterrisiken übernommen haben, dass sie aufgrund des Erreichens ihrer Kapazitätsgrenzen ohne Absicherung keine weiteren Risiken übernehmen können, wird die Eurex mit standardisierten Wetterderivaten die geeigneten Instrumente zur Steuerung von Wetterrisiken auf Portfoliobasis anbieten können. Wann der europäische Markt für Wetterderivate diese Reife erlangen wird, ist aus heutiger Sicht noch nicht absehbar.

Rasante Umsatzsteigerungen in anderen Märkten, beispielsweise das schnelle Wachstum des Neuen Marktes und der daraus resultierende Handel mit Nemax 50 Derivaten an der Eurex oder das Entstehen liquider Strommärkte binnen weniger Jahre, zeigen aber, dass diese Entwicklungen auch kurzfristig vonstatten gehen können.

Die Eurex wird bei entsprechender Marktreife sowohl die oben skizzierten Swaps als auch Optionen auf die monatlichen und saisonalen europäischen HDD und CDD Indizes der Deutschen Börse anbieten. Die Derivate werden Laufzeiten von bis zu 18 Monaten haben. Um einen möglichst hohen Grad an Standardisierung zu erreichen, werden bei den Wetteroptionen jedoch Basispreise nur in bestimmten Abstufungen, z. B. 25 HDD oder CDD, zur Verfügung stehen.

Bei sich abzeichnender Marktreife werden die endgültigen Kontraktspezifikationen von der Eurex zusammen mit aktiven und interessierten Marktteilnehmern festgelegt werden. Dieses bewährte Vorgehen soll von vornherein zu einer maximalen Marktakzeptanz führen.

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Viele Grüsse und viel Spass bei der Lektüre

wünscht Ihnen Ihr

Franjo

Richard Ebert
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

Während die Wetterderivate der Eurex noch immer in der Schublade liegen, werden in den USA überdurchschnittliche Umsatzsteigerungen gemeldet:

CME Achieves Record Weather Futures Volume

21-Dec-04

CME, the largest U.S. futures exchange, established a new daily volume record of 4,350 weather futures contracts traded on Friday, December 17, 2004, up from the previous record of 3,065 reached on December 9, 2004.

“Weather is one of the largest variables impacting economic activity and corporate performance across many industries,” said Felix Carabello, associate director at CME for environmental products. “Just as professionals regularly use futures and options to hedge their risk in interest rates, equities, foreign exchange, and commodities, CME weather derivatives are financial tools available for the management of risk from sharp movements of temperature, which may impact deliveries and inventories.”

“The increase in the weather futures volume is driven by increased interest from energy traders, more flexibility in options on CME, increased speculative trading on weather forecasts, and the decision on the part of hedge fund managers and other risk takers to seek out new asset classes,” said Ben Smith, partner at Enercast, a provider of market data to the energy industry.

“The growth in CME weather trading volumes coupled with recent volatility in energy products presents a new angle for futures traders. In the last two months, our Heating Degree Days positions have been optimized by trading in and out of natural gas and heating oil options," says Scott Mathews, president of WeatherEX LLC. "Now that the CME options are trading every day, the tail may even wag the dog before winter is over.”

Since September 2004, 66,242 weather futures contracts have been cleared by CME. Adjusted for the change in contract size and compared to 2003 levels, volume at CME has increased 229 percent against year ago levels. Open interest has climbed to 47,761 for the year, a 299 percent increase over last year’s levels. CME weather contracts are offered for more than 20 cities in the United States, Europe and Japan.

Richard Ebert
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

CME Weather Derivatives Establish New Records - 2005 Volume In Innovative Product Complex Surpasses 2004 - New Single Day Volume Record Established On April 11

(13.04.05) - CME, the largest U.S. futures exchange, announced that yesterday year-to-date trading of futures and options on futures in its weather derivative contracts already has surpassed the total volume of contracts traded in 2004. CME® Weather traded this year have reached a total of 124,177 contracts as of the close of trading yesterday, April 12, compared with 122,987 in 2004.

The exchange also established a single-day trading record on Monday, April 11, 2005, with 4,850 contracts traded, exceeding the previous record of 4,500 set on April 5, 2005. Average daily volume of CME Weather contracts traded this year is 1,800 compared with an average daily volume of 344 in 2004.

Even in our advanced, technology-based society, we are still very much influenced by the weather. It affects our daily lives and choices, and also can have an impact on corporate revenues and earnings,” said Rick Redding, managing director, products for CME. “Just as professionals regularly use futures and options to hedge their risk in interest rates, equities, foreign exchange and commodities, now there are tools available for the management of risk from extreme movements of temperature.”

“The combination of weather and related commodity markets is fueling a great surge in activity where the CME platform is excellent for new entrants such as hedge funds and other companies to jump start their business with an exchange-cleared product,” said Brian O'Hearne, president of GuaranteedWeather, a global weather risk management company, and president of the Weather Risk Management Association. “This in turn creates more diversity and depth for established players and improved pricing for companies hedging their weather risk.”

“Weather impacts every facet of the global economy down to the very steps that make up the corporate supply chain. New fund managers, new procurement managers, and retailers are realizing that the costs of volatile weather can be managed with CME weather futures,” said Agbeli K. Ameko, managing partner, Enercast.com, a provider of real-time information to the energy markets. “The global economy is exposed to over a trillion dollars of unmanaged weather risks and these new volume figures show that the growth in this market is going to continue its explosive gains.”

In 1999, CME created a weather derivative market to enable businesses to transfer risk that could be adversely affected by unanticipated temperature swings. CME Heating Degree Day (HDD) and Cooling Degree Day (CDD) futures and options on futures are the first exchange-traded, temperature-related weather derivatives. These contracts are designed to help businesses protect their revenues during times of depressed demand or excessive costs because of unexpected or unfavorable weather conditions. CME today offers a total of 22 cities which are listed on the exchange for trading (15 in the United States, five in Europe and two in Japan). Further information about CME Weather is available at http://www.cme.com/weather.

Marktbeobachter
Mitglied seit 7 Jahre 8 Monate

Servus.

Zum Thema "Rekordhitze" anbei noch einige interessante Info´s.

https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/426-Grad-Warum-ist-es-gera…

Lage der Wetterstation in Lingen = innerstädtisch, 22 m über dem Meerespiegel (NN), in kleiner Senke, kaum Wind für Luftzirkulation (!!!!)

Tip = warum nicht einfach die Wetterstation gleich in eine Wellblechhütte einbauen, auf welche die Sonne besonders draufscheinen / draufknallen kann. Mit Sicherheit werden dann bald rekordverdächtige 50 Grad ++ (und mehr) gemessen werden......

Ansonsten noch der Link zu

https://de.wikipedia.org/wiki/Temperaturextrema

Schönes Wochenende noch und viele Grüsse.

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