Pasha
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Wie der chinesische Aufstieg unser Leben und die Märkte verändert

Nebenbei: Für die Reibungslose Rohstoffsicherung hat Chinas Regierungschef angekündigt in den nächsten zehn Jahren 100 Mrd.$ in Lateinamerika zu investieren. Die Ressourcen sind begrenzt, die Nachfrage steigt (auch die Weltbewölkerung, die Umweltprobleme und auch Klima!): Preissteigerungen künden sich an. Aber ehrlich, irgendwie ist mir diese ganze Entwicklung nicht genehm. Aber wer weiss - entgegen der Mainstream - auch die Abnkühlung der chinesichen Wirtschaft möglich (Ölimporte in den ersten zwei Monaten 05 sind stark Rückläufig auch Stahlimporte - Abkühlungsignale?).

Auf jeden Fall bleibt es spannend!

Gruss,
Pasha

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NEUES CHINA-BUCH

Der Westen unterschätzt den fauchenden Drachen

Von Alexander Schwabe

Noch nie hat sich ein so großes Volk mit einer solchen Geschwindigkeit aufgemacht, die Weltwirtschaftsmacht Nummer eins zu werden wie die Chinesen. Die Dynamik des fernöstlichen Booms wird den Globus verändern. Bisher, so die These eines neu erschienenen Buches, ist der Westen auf die Offensive schlecht vorbereitet.

Hamburg - Nach 16 Uhr geht gar nichts mehr. Die Blechlawine erstickt den Verkehrsfluss in Peking selbst auf achtspurigen Straßen. Jeden Tag kommen in der chinesischen Hauptstadt 1000 neue Fahrzeuge hinzu. Das ist gut für das Wirtschaftswachstum, doch bringt es nicht den erhofften Fortschritt in der Mobilität: Die Durchschnittsgeschwindigkeit auf den Hauptverkehrsstraßen hat sich in knapp zehn Jahren auf ein Viertel reduziert. Heute kriechen die Autos im Schnitt nur noch mit zwölf Kilometern pro Stunde durch Peking.

Das Beispiel ist symptomatisch für die Zweischneidigkeit des wirtschaftlichen Aufschwungs im bevölkerungsreichsten Land der Welt. Wolfgang Hirn, der China seit 20 Jahren bereist, hat jetzt ein Buch vorgelegt, in dem die gigantischen Chancen in- und ausländischer Investoren im Wirtschaftswunderland mit zahlreichen Beispielen dargestellt sind.

Die Kombination aus Kapital risikofreudiger Exil-Chinesen und ausländischer Investoren, rasant wachsendem Know-how, einem unerschöpflichen Heer gering bezahlter Arbeiter und einem der größten Absatzmärkte der Welt lässt die Wirtschaft boomen wie in keinem anderen Land. "In der Weltgeschichte gab es bisher nichts Vergleichbares. Noch nie hat ein so großes Volk, ein so riesiges Land sich in einer solchen Geschwindigkeit auf seinen Weg in die Weltwirtschaft gemacht", schreibt Hirn.

Doch die Entwicklung stellt das Land vor gewaltige umweltpolitische Probleme: In rund 400 der mehr als 600 Großstädten Chinas herrscht Wasserknappheit. In manchen Provinzen ist bereits der Kampf um das kostbare Gut ausgebrochen, das nicht nur weniger, sondern auch immer stärker verschmutzt wird. Mit steigendem Wohlstand verbrauchen Industrie und private Haushalte immer mehr Wasser. Die zunehmende Versandung weiter Landesteile, die intensive Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen und leckende Wasserpipelines verschärfen die Lage. Der absinkende Grundwasserspiegel hat dazu geführt, dass Shanghai in den vergangenen 40 Jahren um 1,70 Meter gesunken ist.

Ebenso düster sieht es bei der Reinheit der Luft aus. Wenn am 15. November eines jeden Jahres das allgemeine Heizverbot in den Städten fällt, legt sich eine dicke Smogschicht über die Metropolen. Die Sonne kommt kaum noch durch. Der Dreck, den Kinder in chinesischen Großstädten täglich einatmen, entspricht in etwa dem Konsum von zwei Schachteln Zigaretten pro Tag.

Drei Mal so viele Kilometer wie Amerikaner

Die prognostizierte Steigerung der Zahl der Autos von derzeit 20 Millionen auf 140 Millionen in 15 Jahren wird nicht nur viel Öl fressen, sondern auch die Luft weiter verpesten. Zu allem Überfluss sind Chinesen auch noch Vielfahrer. Ein Autofahrer dort fährt mit durchschnittlich 47.400 Kilometern im Jahr rund drei Mal so viel wie ein amerikanischer.

Der chinesische Wirtschaftsboom wird Negativfolgen für die ganze Welt haben. Hirn stellt eine Rechnung auf, die die Ausmaße der Bevölkerungsgröße im Reich der Mitte deutlich macht. Sollte sich der Bierkonsum jedes erwachsenen Chinesen um nur eine Flasche pro Jahr erhöhen, bedeute das für die Volkswirtschaft einen zusätzlichen Bedarf von 370.000 Tonnen Getreide. Bei stark abnehmender Ackerfläche (Umwandlung in Industrieland, Landflucht der Bauern) wird China immer mehr Korn einführen müssen. Die schlimmsten Berechnungen ergeben, dass der Import in 25 Jahren die doppelte Menge aller derzeitigen weltweiten Getreideexporte ausmachen wird.

Weltweit wird sich auch der wachsende Ölverbrauch in China auswirken. In den nächsten 15 Jahren wird er auf 450 Millionen Tonnen pro Jahr steigen. 60 bis 80 Prozent müssen eingeführt werden. "Der China-Faktor wird in Zukunft den Ölpreis entscheidend determinieren", schreibt Hirn.

Der Autor wirft westlichen Entscheidern ein mangelndes Bewusstsein dafür vor, dass sich die Dynamik im Reich der Mitte bald auf den ganzen Globus auswirken wird. Diesen Mangel gelte es zu beheben, um der "Herausforderung China", so der Titel des Buches, gewachsen zu sein. "Denn: Wir können uns den Luxus der China-Ignoranz nicht länger leisten."

Gefahr für den Westen

Die Folgen des chinesischen Aufschwungs werden auch das Leben in Westeuropa tief greifend verändern. Die Folgen der Umweltzerstörung machen nicht an Chinas Grenzen Halt, die Explosion der Weltmarktpreise für Nahrung und Energie wird auch bei uns spürbar sein.

Hirns Hoffnung, dass sich die negativen Folgen dieser Entwicklung noch abwenden ließen, ist gering. Manager, so urteilt der Reporter des "manager magazins", hätten - wie Politiker - lediglich den schnellen Erfolg im Blick. Sie sind augenscheinlich bereit, wertvolles Know-how nach China zu importieren, wohl wissend, dass Chinesen Weltmeister im Kopieren von High-Tech-Geräten sind. Um in China billig zu produzieren oder um sich den dortigen Absatzmarkt zu erschließen, unterminieren sie das Wirtschafts- und Sozialgefüge in ihren Herkunftsländern. Die westlichen Konzernchefs ziehen mit ihrer auf schnellen Profit zielenden Strategie die Konkurrenten von morgen heran. Dass sie damit einen enormen Abbau von Arbeitsplätzen im Westen vorantreiben, wenn ganze Industrien nach China verschwinden, nehmen sie in Kauf.

Bayerns Wirtschaftsminister Otto Wiesheu (CSU), der wie Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) China bereits häufig besucht hat, habe als einer der wenigen den Ernst der Lage erkannt, schreibt Hirn. Der Prozess der Deindustrialisierung werde sich im Westen weiter beschleunigen, sollten die Weichen nicht anders gestellt werden, so der Minister. Doch mit "Reformen und Reförmchen" am Arbeitsmarkt werde man dem Problem nicht Herr werden, warnt Hirn. Was aber wirklich getan werden muss, das weiß auch er nicht.

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Wolfgang Hirn, Herausforderung China. Wie der chinesische Aufstieg unser Leben verändert, Frankfurt am Main (S. Fischer) 2005, 14,90 Euro>

http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,345403,00.html

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