Richard Ebert
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

Landwirtschaft: Biogas statt unrentabler Milchproduktion ?

Landwirtschaft: Biogas statt unrentabler Milchproduktion?

Von Dr. Bernd Heim

gevestor.de (06.10.09) - Ich möchte mich heute und an den beiden nächsten Tagen mit einem Thema beschäftigen, das auf der Grenzlinie zwischen Energie und den nachwachsenden Rohstoffen angesiedelt ist: dem Biogas.

Für viele Milchbauern geht es inzwischen längst um die wirtschaftliche Existenz. Milch zu erzeugen und Kälber aufzuziehen ist zwar noch nicht ganz zum Zuschussgeschäft verkommen, doch der Weg dahin ist nicht mehr weit.. Bei den heutigen Abnahmepreisen erzielen viele Milchbauern nur noch einen so geringen Gewinn, dass die Frage berechtigt ist, warum man als Landwirt morgens eigentlich noch aufsteht und sich die ganze Mühe macht. Als Grund für die niedrigen Milchpreise wird neben dem Druck des Handels immer auch das bestehende Überangebot genannt. Dieses Milchüberangebot könnte sich jedoch schon bald deutlich verringern, weil immer mehr Milchbauern das Biogas als zweites Standbein für sich entdecken.

Biogas steht im direkten Wettbewerb einerseits mit den erneuerbaren Energien Biodiesel und Bioethanol und andererseits mit der klassischen Lebensmittelerzeugung um die verfügbaren Anbauflächen. Dass die erneuerbaren Energien den Menschen nicht die Nahrung vorenthalten dürfen, steht außer Frage und selbst starke Befürworter der Bioenergie sind sich deshalb schon jetzt darüber im Klaren, dass der maximale Anteil der für nachwachsende Rohstoffe nutzbaren Flächen bei etwa 25% liegen wird.

Mit diesen Flächen könnte dann jedoch schon einiges bewegt werden. Aktuell werden in Deutschland rund 5% der Anbauflächen für die Biogas-, Biodiesel- und Bioethanolproduktion genutzt. Würden EU weit 10% der Flächen für Biogas genutzt, könnten damit 1.300 Biogas Großanlagen betrieben werden. Jede Anlage käme dabei auf ein Investitionsvolumen von 8 Mio. Euro. Das in ihnen gewonnene Gas reicht aus, um die EU von den Erdgasimporten aus Russland um 50% unabhängiger zu machen. Damit Sie eine bessere Vorstellung von den Möglichkeiten bekommen: Wenn man allein entlang der Gaspipelines, die aus Russland zu uns führen, Biogasanlagen aufstellen würde, werden diese eine Gasmenge produzieren, die der Menge des gelieferten russischen Erdgases entspricht.

Biogas als Erdgasersatz

Potential ist also durchaus vorhanden und das Biogas kann, wenn man es zuvor reinigt, auch als Substitut in das öffentliche Gasnetz eingespeist werden. Gegenüber den Konkurrenten Biodiesel und Bioethanol hat das Biogas somit substantielle Vorteile, denn es ist nicht nur von der Energieeffizienz günstiger als die Konkurrenten, sondern darüber hinaus auch noch vielseitiger einsetzbar.

Politisch und innerhalb der Branche wird derzeit diskutiert, ob es eines Gaseinspeisegesetzes bedarf, um das Biogas in Deutschland weiter nach vorne zu bringen. Bislang gibt es eine fixe Vergütung für den aus Biogas generierten Strom. Sie lag bislang bei 21 Cent pro kWh und wurde kürzlich angehoben. Die neuen Bestimmungen sehen eine Grundvergütung vor, die mit verschiedenen Bonuszahlungen erhöht werden kann.

Im Idealfall, wenn jeder Bonus gewährt wird, können bei kleinen Anlagen bis maximal 150 kW Leistung 28,67 Cent erreicht werden. Bei Großanlagen bis 5 Megawatt ist jedoch nur eine Maximalvergütung von 17,25 Cent zu erzielen. Damit wird sofort die Stoßrichtung der neuen Verordnung deutlich: Der Gesetzgeber will das Biogas in der Landwirtschaft stärker verankern und fördert deshalb gezielt den Aufbau von Kleinanlagen bis 150 kW.

Experten schätzen das Potential dieser Anlagen, die auch mit Abfällen aus der Tierhaltung betrieben werden können, allein in Deutschland auf 10.000 Anlagen. Bei den kleineren Anlagen bis 150 kW Leistung liegt der Güllebonus deshalb bei hohen 4 Cent pro kWh, während mittelgroße Anlagen bis 500 kW nur mit 1 Cent auskommen müssen und Großanlagen bis 5 Megawatt was den Güllebonus betrifft komplett leer ausgehen.

Nachdem mit diesen Zahlen der Rahmen, in dem sich die Biogasförderung in Deutschland bewegt, abgesteckt ist, werden wir morgen einmal etwas genauer die Situation bei den Kleinanlagen unter die Lupe nehmen.

(Quelle: http://www.gevestor.de)

Richard Ebert
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Biogas: Mais oder Gülle ? das ist die Frage

Von Dr. Bernd Heim

gevestor.de (07.10.09) - Die Verwertung von landwirtschaftlichen Abfällen in der Biogasproduktion soll gefördert werden. So will es zumindest die neueste Fassung des Fördergesetzes. Um Biogas für die Landwirte attraktiv zu machen wird nicht nur ein Nawaro-Bonus für die nachwachsenden Rohstoffe gezahlt, sondern auch ein Gülle Bonus, der bei Kleinanlagen bis 150 kW bei 4 Cent je erzeugter Kilowattstunde Strom liegt. Der Bonus ist notwendig, denn es macht einen großen Unterschied, ob eine Biogasanlage mit Mais oder mit Gülle beschickt wird: Mit 1 Tonne Gülle können 20 Kubikmeter Biogas erzeugt werden. Aus einer Tonne Mais lassen sich hingegen 220 Kubikmeter Biogas gewinnen.

Bei diesen Unterschieden wird sofort klar, warum der Gülle Bonus gewährt werden muss, um die Biogasanlagen auf den Bauernhöfen zu etablieren. Es ist zwar technisch möglich das Biogas allein aus Abfällen zu erzeugen, für die Landwirtschaft ist diese Form der Biogasproduktion jedoch kein Standbein, denn auf einem Bauernhof mit 100 Kühen fallen pro Tag nur etwa 5 Kubikmeter Gülle an. Das ist angesichts der im Vergleich zum Mais geringeren Ausbeute zum alleinigen Betrieb der Anlage nicht ausreichend um wirtschaftlich zu sein. Denn selbst kleine Anlagen erfordern ein Investitionsvolumen von rund 1 Mio. Euro von denen der Landwirt 30% als Eigenkapital zur Verfügung stellen muss. Der Rest wird meist über eine Bank finanziert.

Steht die Anlage dann auf dem Hof, so erfordert sie täglich etwa 2 Stunden für Wartungs- und Beschickungsarbeiten. Biogasanlagen sind also anders als die auf den Dächern installierten Fotovoltaikanlagen keine reinen Selbstläufer, sondern bedürfen einer permanenten Pflege. Der Grund hierfür sind die im Kessel aktiven Bakterien. Bei ihnen handelt es sich um Lebewesen, die ganz spezielle Lebensbedingungen benötigen um sich wohl zu fühlen. Wir kennen das Phenomen von unserer eigenen Arbeit: Ist es uns zu heiß oder zu kalt leidet schnell das Arbeitsergebnis.

Eine Biogasanlage steht und fällt mit dem Betreiber

Bei den Bakterien ist es nicht anders. Sie sind empfindlich und wie mir Oliver Nacke, der Gründer und Vorstand der Archea Biogas AG, erklärte am ehesten den Kühen vergleichbar. Während Schweine als Allesfresser relativ unempfindlich auf eine Veränderung ihrer Nahrung reagieren, weil ihr Magen schlechter verwertet, müssen die Kühe sorgsamer gepflegt werden. Ihre Mägen verwerten besser als die der Schweine, sodass sich bereits geringe Änderungen der Nahrungsmittelzusammensetzung auf die Milchproduktion auswirken.

Bei den Biogasanlagen ist es ähnlich. Auch hier kommt es auf eine möglichst homogene Zusammensetzung des Substrats an, mit dem die Anlage beschickt wird. Damit haben es die Landwirte zum Teil selbst in der Hand wie hoch oder niedrig der Wirkungsgrad ihrer Anlage ausfällt. Bei Archea Biogas hat man aus diesem Wissen bereits Konsequenzen gezogen, denn die Erfahrung hat immer wieder gezeigt, dass die bei Milchbauern aufgestellten Anlagen wesentlich bessere Ergebnisse liefern als jene, die auf den Höfen von Schweine- oder Hühnerbauern aufgestellt werden.

Archea verkauft die eigenen Anlagen deshalb nur noch in Verbindung mit einem Service- und Wartungsvertrag, denn eine Biogasanlage steht und fällt mit dem Betreiber vor Ort. Es muss sichergestellt sein, dass die Archea Service GmbH die Anlage im Extremfall auch selbst übernehmen kann. Das wird ermöglicht durch die Bildung von regionalen Servicezentren mit mindestens 5 Anlagen in einem Radius von 30-40 Kilometer. Auf der anderen Seite wird auch ein Landwirt abgelehnt, wenn er als Betreiber einer Anlage ungeeignet erscheint.

Wir werden uns morgen zum Abschluss der kleinen Reihe über Biogas mit der Beschickung und der Finanzierung der Anlagen auseinandersetzen.

(Quelle. http://www.gevestor.de)

Richard Ebert
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Biogas: Grundlastförderung oder Spitzenlastverkauf?

Von Dr. Bernd Heim

gevestor.de (08.10.09) - Strom aus Windkraft kann nur dann erzeugt werden, wenn der Wind weht; Solarstrom setzt Sonnenschein voraus. Das führt immer wieder dazu, dass diese regenerativen Energiequellen selbst zu Spitzenzeiten des Verbrauchs nicht liefern können, weil die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht weht. Die Stromerzeugung aus Biogas ist hingegen sowohl grundlastfähig als auch in der Lage, ihren Strom nur zu Spitzenzeiten, dann aber zu deutlich höheren Preisen in das öffentliche Netz einzuspeisen.

Die Einspeisevergütung, die ein Betreiber einer kleinen Biogasanlage bis 150 kW erzielen kann, wenn jeder Bonus gewährt wird, liegt bei 28,67 Cent.. Deutlich höhere Erträge lassen sich zu Spitzenzeiten erzielen. An der Strombörse in Leipzig zahlen Stadtwerke und andere Versorger in normalen Spitzenzeiten leicht zwischen 30 und 40 Cent je Kilowattstunde. An extrem heißen Sommertagen, wenn der Verbrauch hoch und die Versorgungslage besonders eng sind, kann der Preis sogar bis in den Bereich zwischen 1,00 und 1,50 Euro emporschießen.

Für den Betreiber einer Biogasanlage stellt sich damit die Frage, ob er die Anlage rund um die Uhr betreibt und sein Kleinkraftwerk quasi im Grundlastbetrieb laufen lässt oder ob er das Gas in Tanks speichert und nur dann der Turbine zur Stromerzeugung zuführt, wenn der Bedarf und damit auch die erzielbaren Preise besonders hoch sind.

In der Regel entscheiden sich die Betreiber für den Grundlastbetrieb. Der Grund für diesen Schritt ist aber nicht in der besseren Wirtschaftlichkeit, sondern in der Ängstlichkeit der Banken zu suchen. Banken wollen Sicherheit und hassen schwankende Einnahmen für den Betreiber. Deshalb drängen sie die angehenden Minen zu den wirtschaftlich unsinnigen Vorwärtsverkäufen ihrer Rohstoffe und die Betreiber von Biogasanlagen dazu, die garantierten Förderpreise für ihren Ökostrom in Anspruch zu nehmen.

Der einzelne Landwirt kann sich gegen diesen Druck oftmals nicht oder nur schwer wehren, was bei einem Finanzierungsvolumen von 1 Mio. Euro selbst bei den kleinsten Anlagen von denen die Bank mit ihrem Kredit 70% trägt kaum verwunderlich ist. Trotzdem wäre es energiepolitisch wünschenswert, wenn hier ein Umdenken einsetzen würde und nicht allein die Banken in unserem Land bestimmen wo es lang geht.

Hungern für Biogas? Es geht auch anders!

Der Widerstand, der vielfach gegen Biodiesel, Bioethanol und Biogas vorgebracht wird, kommt oftmals daher, dass die Befürchtung entsteht, es könnten zu viele landwirtschaftliche Flächen für die Produktion von Nahrungsmitteln verloren gehen. Der Einwand hat durchaus seine Berechtigung, denn bereits gestern wurde beim Vergleich der Ausbeute von Biogas aus Gülle und Mais deutlich, dass die Verwendung von Mais den Betreibern einen erheblichen Vorteil bringt. Zur Erinnerung noch einmal die Zahlen: 1 Tonne Gülle ergibt nur 20 Kubikmeter Biogas, während aus einer Tonne Mais 220 Kubikmeter gewonnen werden können. Noch krasser und damit ethisch bedenklicher wird das Gefälle, wenn die Anlage statt mit Mais mit Getreide beschickt wird.

Es gibt allerdings einen Weg, die Diskussion um die Verschwendung von Lebensmitteln schon im Keim zu ersticken. Den Landwirten ist die Lösung zumeist viel eher bewusst als uns Auenstehenden, die wir mit den Produktionsprozessen weniger vertraut sind. Oberflächlich betrachtet ist Korn gleich Korn.. Doch jeder Landwirt weiß, dass auch die Ernte seiner besten Felder Getreide enthalten wird, das von so schlechter Qualität ist, dass es von den Mühlen zur menschlichen Nahrungsmittelproduktion nicht angenommen wird.

Bislang endete dieses minderwertige Getreide als Viehfutter, etwa bei der Aufzucht von Rindern. Es könnte jedoch zukünftig auch im Biogaskonverter enden, vor allem dann, wenn der Milchbauer mangels Ertrag und Wirtschaftlichkeit seine Kühe ganz oder teilweise abschafft und zur Stromerzeugung mittels Biogas übergeht. Gegen eine derartige Verwendung des für die menschliche Nahrungsmittelproduktion ungeeigneten Getreides ist auch aus ethischen Motiven nichts mehr einzuwenden. Die Lösung der Zukunft liegt somit vermutlich in einer Trennung des geernteten Getreides frei nach dem Motto: Die guten ins Mühlentöpfchen, die schlechten ins Biogaskröpfchen.

(Quelle: http://www.gevestor.de)

hfx0
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Als Biogasbetreiber habe ich schon ein leichtes Kopfschütteln dafür übrig. Wahrscheinlich ist der Verfasser Dr. med. oder so. Den Formulierungen nach.

Und wie er auf den Strompreis kommt kann ich nicht nachvollziehen. Wahrscheinlich Brutto. Hauptsache er sieht hoch aus. Oder er rechnet Boni zusammmen, die gar nicht zusammen gehen.

Das Grundproblem der Milchviehhalter ist: Ohne Milchvieh keine Gülle und damit kein Bonus.

Richard Ebert
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

@ hfx0 [#4]

Das Interesse an Beiträgen wie Biogas im Forum ist recht hoch, was Sie an den Klickzahlen ablesen können.

Sie sind gerne eingeladen, einen ausführlichen Beitrag zu schreiben oder zumindest die Teile zu korrigieren, die aus Ihrer Sicht nicht richtig oder unvollständig dargestellt zu werden. Bis dahin müssen wir mit dem von Dr. Heim leben.

Das Grundproblem der Milchviehhalter ist: Ohne Milchvieh keine Gülle und damit kein Bonus.

Das Grundproblem scheint noch aktueller zu sein: Wie überlebe ich als Milchviehhalter wenn ich meine Rücklagen Monat für Monat aufbrauche oder sogar mit Schulden keine Bank mehr für die Finanzierung künftiger Verluste finde ?

Tipps aller Leser sind gerne willkommen !

Schöne Grüsse, Richard Ebert

J.F.k
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

Als Biogaslandwirt von morgen würde ich sagen, Hr. Dr. Heim hat das ganze ganz gut erkannt und beschrieben. Das man mit einer Biogasanlage punktuell Strom zu Spitzenlastzeiten produzieren kann, ist der große Vorteil gegenüber den alternativen Sonne und Wind.

Es lohnt sich aber für den Betreiber momentan nicht, da es immer die gleiche Einspeisevergütung gibt. Hier ist eine Änderung des EEG sinnvoll und von der Politik und Biogaslobby anzupacken. Das würde die Sinnhaftigkeit von Biogasanlagen sehr verbessern.

Das man minderwertiges Getreide nicht mehr ans Vieh verfüttert sondern in der Biogasanlage verwertet, nützt uns allerdings nichts! Das Vieh muss dann mit besseren Qualitäten gefüttert werden. Die Menge die die Biogasanlage benötigt, ist zusätzlich weg. Punkt!

Durch die Hochpreisphasen 2006 und 2007 ist enormes Agrarrohstoff- Produktionspotenzial generiert worden, das zu einem sehr großen Anstieg der Produktion und diesen desaströsen Preisen geführt hat.

Es wird Weltweit nur ca. 30 % der Ackerfläche genutzt. Hohe Preise werden daher zu fast unbegrenzter Produktionssteigerung führen.

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