peterg
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

Altmeiers "Stromtrassenanleihen"

Bundesumweltminister Altmeier plant ca. 15% der Kosten für den Bau von neuen Stromtrassen von den Bürgern finanzieren zu lassen. Quasi als eine Art Bürgeranleihe. Sie soll eine Rendite von ca. 5% abwerfen.

Demokratische Staaten versuchen immer mehr ihre Staatsaufgaben wie große Konzerne zu steuern. Dazu gehört in zunehmendem Masse der Versuch Kernaufgaben/geschäft auszulagern. Was für Betriebe individuelle Vorteile bringt, führt auf Staatsebene zu zunehmenden sozialen Verwerfungen (Schlagwort: "Postdemokratie").
Dazu passt zweifelsohne diese Idee:
Solche Angebote wären in meinen Augen aber auch eine große Chance für uns Bürger. Man denke nur, wenn derartige Modelle mit Altersvorsorgesystemen gekoppelt würden (wohlgemerkt mit Rendite von 5%!). Allerdings stellen diese Überlegungen auch eine zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch gar nicht überschaubare Gefahr für die Industrie dar. Wenn derartige Finanzierungen Schule machen würden, etwa bei der Energiewende, Vergabe öffentlicher Mittel etc. Dies könnte dazu führen, dass vom Staat bislang finanzierte Profite und Renditen von großen Konzernen, zukünftig in die Taschen der Staatsbürger umgeleitet würden.

Sollte sich Altmeier gegen die zu erwartenden Einflüsse der deutschen Lobbyisten durchsetzen so stellt sich konsequenterweise die Frage:
- Warum solche Modelle nur bei Stromtrassen?
- Warum nur 15%?
- Das Engagement von Konzernen (z. B. Energieversorger, Banken, etc.) müsste unterbunden werden. Wird das möglich sein?
- Warum integriert man derartige Renditemodelle nicht in die private Altersvorsorge?

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SPOMI
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

@ peterg [#1]

Die Idee nicht den Staat dirket sondern eine Pensionsfond als Nutzniesser einzusetzen ist grundsätzlich nicht schlecht, schafft es doch ein erhöhtes Mass an Transparenz. Würden nur private Pensinskassen als Beteiligte zugelassen, käme wohl die Breitenwirkung für alle Pensionisten nicht zum tragen. Aber ob man 5% Rendite damit erzielen kann bei dem aktuell niedren Zinsniveau für grosse Industriekonzerene, fragt SPOMI

tomxy
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

@ SPOMI [#2]

Aber ob man 5% Rendite damit erzielen kann bei dem aktuell niedren Zinsniveau für grosse Industriekonzerene

Die Durchleitungsgebühren für Strom sind regulierte Preise, die von der Bundesnetzagentur festgelegt werden. Insofern kann man diese Rendite natürlich schon erzielen. Man legt sie einfach fest. Wird dann über den Strompreis auf den Endverbraucher umgelegt. Das ist dann am Ende wahrscheinlich kein marktgerechter Preis mehr, sondern ein staatlich regulierter, den der Endverbraucher zu zahlen hat.

Wenn ich es richtig verstanden habe, macht man das aber weniger, um den Bürgern eine gute Rendite für Anlagen zu bieten oder die Finanzierung des Projektes sicherzustellen. Man verspricht sich davon eine Verringerung des Wiederstandes der Anwohner, denn die sollen in erster Linie in den Genuß dieser Anlageform kommen.

Ob das aufgeht, muss man sehen.

peterg
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

Ich kenne auch nur die Medienmeldungen z. B. hier:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/altmaier-verspricht-gesetz-zur-buergeranleihe-fuer-starkstromleitungen-a-866530.html

Sicher will man damit einerseits erreichen, dass der Wiederstand der Bevölkerung gegen neue Trassen sinkt.
Andererseits ist der Anreiz, einer festen Rendite von 5% für die Investition des Bürgers schon hoch.
Soweit ich weiß, sind Großunternehmen (Allianz?) daran interessiert in die Stromtrassen zu investieren. Der Staat würde natürlich diesen Unternehmen eine vergleichbare Rendite in Aussicht stellen.
Unter diesem Aspekt (Staat zahlt hohe Rendite für Kapitalbereitstellung zum Trassenbau) wäre m. E. dieses Modell einer "Trassenanleihe" für Bürger volkswirtschaftlich in der heutigen Zeit ein klares Zeichen für Demokratie und für die Bürger sowie gegen zunehmende Kommerzialisierung öffentlicher Leistungen durch Großkonzerne.
Selbstverständlich würde das auch eine Drohkulisse für die Stromkonzerne bzw. Trassenbetreiber aufbauen und wäre ein Modell für weitere Bürgerinvestitionen in Staatsprojekte.
Aber mal sehen, es ist schon wieder verdächtig ruhig um diese Idee geworden.

Richard Ebert
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

@ peterg [#1]

Worin liegt der Unterschied zwischen einer Staatsanleihe und einer Bürgeranleihe ?

Ich sehe nur den, daß Bürgeranleihen, die wohl von einer Vielzahl von Kommunen für eine Vielzahl von Zwecken herausgegeben werden sollen, einen viel höheren Verwaltungsaufwand erfordern als eine 100 Milliarden Staatsanleihe und natürlich höhere Zinsen kosten.

Sollten sich Bürgeranleihen für Strom erfolgreich platzieren lassen, kommen weitere Anleihen für jede Menge weiterer Zwecke, die normalerweise aus Steuergeldern zu finanzieren sind. Ich rechne dann mit weiteren "Nebenhaushalten" (auch Schattenhaushalte genannt) zum Zwecke der Verschleierung. [1] In anderen Ländern gibt es diese schon. All diese Kredite können nur durch neue Schulden ersetzt oder durch Steuererhöhungen zurück bezahlt werden.

Renditemodelle für die private Altersvorsorge ? Dann müßten ja davon ausgehen, daß Anleihen zurückgezahlt werden. Das ist doch seit Jahrzehnten in Deutschland schon nicht mehr der Fall und für die Zukunft wird es dank europäischer Geldumverteilung überhaupt keine Rückzahlungen mehr geben.

Ich tendiere immer mehr dazu, meinen Rentenanteil im Depot zu verringern und den Aktienanteil weiter zu erhöhen. Nicht als kurzfristiger Trader, sondern auf eine Sicht von 5-10 Jahren. Eine Rückzahlung von Anleihen, gleich ob Bürgeranleihen oder normale Staatsanleihen, halte ich für wenig wahrscheinlich.

Schöne Grüsse, Richard Ebert

[1] https://www.google.de/#hl=de&gs_nf=3&tok=JVeNZzbywxOb2bcsZ4oymQ&cp=13&gs_id=ae&xhr=t&q=nebenhaushalte&pf=p&output=search&sclient=psy-ab&oq=nebenhaushalt&gs_l=&pbx=1&bav=on.2,or.r_gc.r_pw.r_qf.&fp=f405d40724a7c8e7&bpcl=38093640&biw=1166&bih=855

benedikt54
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

@ Richard Ebert [#5]

Rückzahlung von Anleihen, gleich ob Bürgeranleihen oder normale Staatsanleihen, halte ich für wenig wahrscheinlich.

Natürlich werden fällige Anleihen zurückgezahlt.

Sie werden allerdings mit der Aufnahme durch neue finanziert.

Es stellt sich halt die alte Frage wie lang man dieses Spiel schadlos betreiben kann.

Bürgeranleihen sind ein uralte Hut.

Früher hiessen Sie Kommunalobligationen.

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SPOMI
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

@ benedikt54 [#6]

Es stellt sich für mich grundsätzlich die Frage ob es nicht ein HybridInstrument geben sollte, eine Mischung aus Anleihe mit Elementen der Beteiligung. Die zur Verfügungstellung von Kapital muss nicht immer in den bislang bekannten Formen erfolgen. Ich persönlich halte Anleihen, die nach Auslaufen verlängert werden und den ev. gleichen Zins liefern für eine interessante Alternative zu den ultra bonds. Veranlagungsbedarf besteht seitens Pensionsfonds sicherlich... meint SPOMI

StoxxDude
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

@ benedikt54 [#6]

bei Anleihen muss man früh genug abspringen, denn den letzten beißen die Hunde.

peterg
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

@ Richard Ebert [#5]

Ich denke das ist ein interessantes und wichtiges Thema.
Hoffentlich kommt hier eine weitere Diskussion dazu in Gang.

Aus meiner Sicht glaube ich, dass in dieser Frage zwei Aspekte zu unterscheiden sind:

1. Die Verlagerung von immanenten Staatsaufgaben, wenn man so sagen will das Kerngeschäft der öffentlichen Dienstleistungen, in nichtstaatliche Hände. Ich glaube hier sind wir uns einig, dass dieser von Betrieben in der freien Marktwirtschaft praktizierte Weg große Nachteile und Gefahren für die Bürger bringt wenn er eins zu eins vom Staat übernommen wird. Leider läuft diese Entwicklung bereits seit vielen Jahren nicht nur in Deutschland. Und mit Einführung der "Schuldenbremse" ist zu befürchten, dass Staatsausgaben in noch viel größerem Stile in solche oder ähnliche "Nebenhaushaltsposten" verschoben werden.

2. Ist aus rein marktwirtschaftlicher Sicht eine derartige "Bürgeranleihe" oder wie auch immer man sie nennen möchte sinnvoll oder spielen noch andere Faktoren eine Rolle?
Wahrscheinlich würde eine derartige "Bürgeranleihe" mit einem größeren Verwaltungsaufwand einhergehen als eine Staatsanleihe. Aber wäre sie auch teuerer? Der direkte Vergleich mit einer Staatsanleihe ist vielleicht nicht fair. Ich gehe davon aus, dass ein Großkonzern wie die Allianz an einem derartiges Projekt (Trassenfinanzierung) nur dann Interesse zeigen würde, wenn auch die Rendite analog zu einer "Bürgeranleihe (5%?) wäre. Würde das dann nicht bedeuten, dass, der Kostenaufwand für den Staat vergleichbar wäre? Wenn dem so ist, stellt sich die nächste Frage ob es unter den heutigen Bedingungen (desolates Rentensystem, mangelhafte Infrastruktur) aus Sicht des Staates besser ist diese Rendite einem Großkonzern oder den Bürgern zukommen zu lassen?

Schließlich könnte eine derartige Finanzierung möglicherweise die Akzeptanz eines Projektes und vielleicht auch die Ausgabenkontrolle (siehe Berliner Flughafen) verbessern helfen.

PS.:
Wäre es eine bessere Alternative auch ein Besitzrecht (analog AG.) an eine derartige Investition z. B. in eine Stromtrasse zu koppeln?

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SPOMI
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

@ peterg [#9]

Projekt Anleihe mit 5% und asset backed und mit Staatshaftung versehen wäre wohl ein Verkaufschlager. Gruss SPOMI

xforce
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

@ Richard Ebert [#5]

Wenn der deutsche Staat seine Anleihen nicht mehr bedienen kann wird der BuFu maximal bei 70 stehen. Leider gibt es keine langfristigen Optionen auf den Bund.

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