* MarketFacilitationIndex: Theorie und Anwendung für Metastock

MarketFacilitationIndex

Was hat es damit - aus meiner Sicht - auf sich?

Angeblich gibt es Experten, die beweisen können, daß sich aus dem Handelsvolumen einer Aktie nichts herauslesen läßt - und ich muß gestehen, daß ich bis vor ca. 3 Monaten diesen Experten beigepflichtet hätte. Denn alles, was ich bis dahin über die Volumeninterpretation gehört hatte, beschränkte sich auf die üblichen Plattitüden: "Wenn der Preis steigt, sollte auch das Volume steigen, dann hat die Aufwärtsbewegung Bestand."

Sieht man sich die Volume-Information in einem Wochenchart an, dann läßt sich in der Tat feststellen, daß Ausbrüche sehr häufig von Volumensteigerungen begleitet sind. Doch wenn man sich das Volumen im Tageschart ansieht, ergibt sich ein anderes Bild: Ein kontinuierlich steigendes Volumen über mehr als 3 Tage zu finden, ist schon fast ein Ding der Unmöglichkeit.

Also haben die "Experten" doch recht?

Bei der Arbeit an einem Buch über Swing Trading hatte ich einfach das Gefühl, meine Leser vor ein schwarzes Loch zu stellen. "Blenden Sie unbedingt das Volume in Ihre Charts mit ein. Ich habe zwar keine Ahnung, warum Sie das tun sollen, aber da es alle anderen auch tun, scheint es gut zu sein."

Kam mir etwas dürftig vor und deshalb habe ich mich noch mal auf die Suche gemacht nach Indikatoren, die speziell das Volumen interpretieren.

Das Angebot ist in der Tat sehr dürftig, aber Bill M.Williams, der vor allem für seine Chaos Theorie und den Alligator bekannt ist, hat Anfang der 80er Jahre den "MarketFacilitationIndex" erfunden - nicht zu verwechseln mit dem MFI, dem Money Flow Index!!!

Nach Aussage von Bill M. Williams hieß der MarketFacilitationIndex zuerst "Mud Factor", weil er dazu diente, im Dreck herumzustöbern, dann wurde er 1986 in "tick mileage" umbenannt, bevor er seinen heutigen Namen bekam - der klingt laut Williams einfach etwas besser.

Was ist nun der MarketFacilitationIndex?

Wer die Funktion beispielsweise in MetaStock aufruft, wo sie als Indikator hinterlegt ist, erlebt sein blaues Wunder: Auf dem Bildschirm erscheint nur eine gezackte Linie, die nichts, aber auch überhaupt nichts aussagt. Kann sie auch nicht, denn für sich allein genommen ist sie vollkommen bedeutungslos. Sie gibt nichts anderes an als

(High-Low)/Volume

Das Ergebnis ist eine Zahl, die täglich einen anderen Wert annimmt, aus dem sich aber nichts herauslesen läßt.

Der Trick besteht in der Interpretation. Williams selbst unterscheidet vier mögliche Ableitungen aus dem MarketFacilitationIndex in Verbindung mit dem Volumen:

MarketFacilitationIndex größer als am Tag vorher und Volumen steigt
MarketFacilitationIndex größer als am Tag vorher und Volumen fällt
MarketFacilitationIndex kleiner als am Tag vorher und Volumen steigt
MarketFacilitationIndex kleiner als am Tag vorher und Volumen fällt

Jeder dieser vier Fälle gibt nach Williams ein anderes Geschehen wider. Die Überlegung dahinter ist einfach: Der MarketFacilitationIndex gibt an, wieviel Preis durch das Volumen bewegt wurde, und wenn man analysiert, wie sich dieser Faktor im Verhältnis zum Volumen verändert hat, lassen sich daraus Schlüsse über die Marktstimmung ziehen. Dies drückt sich in den vier Fällen aus:

Fall 1: MarketFacilitationIndex größer als am Tag vorher und Volumen steigt

Williams bezeichnet diesen Fall als "Green" und spricht gleichzeitig von einem Trending Day: Die Preisänderung pro Volumeneinheit ist gestiegen und das Volumen ist gestiegen - der Markt hatte somit einen klaren Trend.

Fall 2: MarketFacilitationIndex größer als am Tag vorher und Volumen fällt

Wenn der Preis pro Volumeneinheit steigt, ohne daß das Volumen selbst zunimmt, spricht Williams von einem Fake-Day: Für ihn sind an einem solchen Tag die Marketmaker aktiv und sorgen für "künstliche" Preise.

Fall 3: MarketFacilitationIndex kleiner als am Tag vorher und Volumen steigt

Das Volumen nimmt zu, aber am Preis tut sich nicht viel: Bullen und Bären kämpfen, sorgen für lebhafte Umsätze, können aber den Preis nicht relevant in die eine oder andere Richtung bewegen. Das ist für Williams ein Squat-day.

Fall 4: MarketFacilitationIndex kleiner als am Tag vorher und Volumen fällt

Läßt das Volumen nach und sinkt gleichzeitig der Preis pro Volumeneinheit, deutet dies auf fallendes Interesse der Marktteilnehmer: Für Williams ein Fade-Day.

Soweit zur Theorie - nur noch ein kleiner, aber wichtiger Zusatz: Laut Williams sollte das Volumen um mindestens 10% zulegen, bevor es als Volumensteigerung interpretiert werden darf, umgekehrt muß es um mindestens 10% fallen, bevor es als fallendes Volumen angesehen werden darf.

Damit wäre eigentlich alles zum MarketFacilitationIndex gesagt, was in den Büchern darüber zu finden ist.

Doch aus meiner Sicht ist das nur eine solide Grundlage - interessant wird es erst, wenn noch einige Zusätze dazu kommen. So kann man die Regel, daß sich das Volumen um 10% verändern muß, heute getrost vergessen - das mag in den 80er Jahren von Bedeutung gewesen sein, doch heute sind 50 bis 200% Volumenschwankungen vollkommen normal. Allerdings muß ein gewisses Grundvolumen da sein - bei vielen deutschen Aktienwerten ist das nicht der Fall, doch bei US-Aktien funktioniert der MarketFacilitationIndex sehr gut, ganz besonders bei NASDAQ-Aktien.

Was mir nicht gefallen hat, was Williams Definition des "green" days - er schloß nur daraus, daß es ein Trend-Tag ist, unterscheidet aber nicht zwischen Auf- und Abwärtstrend. Ich unterteile deshalb den Green-day in Aufwärtstrend und Abwärtstrend:

Close>Open für einen Up-Day
Close<Open für einen Down-Day

Ich gestehe aber offen, daß ich weder mit Up- noch mit Down-Day bislang viel anfangen konnte, diese Tage sind eher selten und mir wäre noch nichts aufgefallen, was zum Traden einladen würde. Das gleiche gilt für den Fake-Day - mitunter sind bis zur Hälfte der Tage Fake-Days. Viel zu viel, um damit was anzufangen.

Recht interessant ist der Fade-Day - er ist häufig die "Ruhe vor dem Sturm": Zwar folgt nicht auf jeden Fade-Day ein Ausbruch, aber vor vielen Ausbrüchen gibt es einen Fade-Day.

Wer bis hierher durchgehalten hat, soll nun belohnt werden: Denn der vierte Fall, der Squat-Day, hat es in sich.

In der Grundform taucht er viel zu häufig auf, um darauf aufbauend handeln zu können. Aber mit zwei kleinen Tricks kann man ziemlich viel herausholen.

Der erste Trick besteht in einer stärkeren Berücksichtigung des Volumens. So unterscheide ich zwei Arten von Squat-Days: Ist das Volumen kleiner als das Durchschnittsvolumen der letzten 10 Tage, hat der Bullen-Bärenkampf wenig Bedeutung, liegt das Volumen aber darüber, hat der Fight mehr auszusagen. Deshalb konzentriere ich mich beim Handel ausschließlich auf die Tage mit Squat-Signal und einem Volumen oberhalb des 10 Tages Durchschnitts.

Der zweite Trick ist etwas diffiziler. Es gibt zwar vor den meisten Trendwenden einen Squat-Day, an dem sich Bullen und Bären eine große Schlacht liefern, doch man kann leider von einer solchen Schlacht noch nicht darauf schließen, daß der Trend wirklich dreht. Deshalb müssen für ein Handelssystem das Squat-Plus Signal (Plus für die Signale, die über dem 10 Tages Durchschnitt des Volumens liegen) weitere Bedingungen bestimmt werden.

Derzeit arbeite ich dabei mit zwei Formeln - Uptrend Over für die Tage, an denen ein Aufwärtstrend möglicherweise zu Ende geht und Downtrend Over für die Tage, an denen ein Abwärtstrend möglicherweise stoppt.

Die Formeln für MetaStock lauten:

Uptrend over:

VMFI:=MarketFacIndex();
MAVol:=Mov(VOLUME,10,W);
VMFI<Ref(VMFI,-1) AND (VOLUME>=Ref(VOLUME,-1) AND (VOLUME>=MAVOL))

AND ROC(C,3,%)>5

Downtrend over

VMFI:=MarketFacIndex();
MAVol:=Mov(VOLUME,10,W);
VMFI<Ref(VMFI,-1) AND (VOLUME>=Ref(VOLUME,-1) AND (VOLUME>=MAVOL))

AND (ACDC3<Ref(ACDC3,-1))
AND C<Ref(C,-1)
AND Ref(C,-1)<Ref(C,-2)}
AND (ROC(C,3,%)<-5 OR (LOW<Ref(LOW,-1) AND (Ref(LOW,-1)<Ref(LOW,-2))))
AND Ref(CLOSE,-1)<Ref(OPEN,-1)

Beide Formeln können dem eigenen Bedarf und Können gemäß erweitert werden - es geht "nur" darum, festzustellen, ob ein Auf- oder Abwärtstrend zu Ende gehen könnte.

Wie sieht das Ganze dann in der Praxis aus? Im Chart sind alle Bars, an denen ein Squat-Plus Signal auftaucht, lila markiert, die möglichen Uptrend-over days haben einen Pfeil nach unten, die möglichen Downtrend-over days haben einen Pfeil nach oben.

Im Volume sind die unterschiedlichen Signale farbig dargestellt:

Uptrend-Days sind grün
Downtrend-Days sind rot

Fake-Days sind gelb
Fade-Days sind grau

Squat-Days sind lila, wobei die
Squat-Minus Tage dünn, die
Squat-Plus Tage dick dargestellt sind.

Ich trade beide Squat-Plus Signale nicht direkt, obwohl eine Simulation mit einem Kauf am nächsten Tag nach einem Downtrend-Signal zum Open gute Ergebnisse bringt. Ich richte mich sehr stark nach weiteren Merkmalen - vor allem Widerstandslinien durch Moving Averages. Aber das ist schon wieder ein ganz anderes Thema.

robby_b

vovan
Mitglied seit 10 Jahre 10 Monate

Joe DiNapoli "Trading With DiNapoli Levels" (Kapitel 6);
Larry Ehrhart "Volume Studies" ;
Richard W.Arms "Trading With Equivolume".

MfG

Cruchot
Mitglied seit 10 Jahre 10 Monate

Hallo robby,

prima Beitrag von Dir.

Glaubst Du, daß der M-F-I auch Intraday, z.B. Stunde, sinnvoll einzusetzen ist?

Gast

@ vovan

Hi,

kannst Du etwas mehr über die drei Autoren und ihre Verfahren sagen? Würde mich schon sehr interessieren.

@ Cruchot

Danke für das Lob. Ich mache kein Daytrading und habe auch keine Intraday-Daten, kann Dir also nichts dazu sagen. Aber probiers doch einfach mal aus. Mit welcher Software arbeitest Du? Wenn möglich, helfe ich Dir gerne, den Code anzupassen.

robby_b

vovan
Mitglied seit 10 Jahre 10 Monate

@ robby_b:

Ja. Kannst Du mir mailen.

Gast

Nachtrag zum MarketFacilitationIndex

Für alle Metastock User

Wer sich selbst ein wenig mit dem MarketFacilitationIndex beschäftigen will, kann bei mir unter

robby.b@litra-verlag.com

eine neue Setup-Datei für Metastock abrufen. Sie enthält neben den benötigten Indikatoren auf ein Standardlayout, in dem die Volume-Bars bereits eingefärbt sind, dazu einen Standard-Preischart mit den für mich wichtigen Widerstandslinien. Die Grafik zeigt ein Bild dieses Charts, wobei neben dem MarketFacilitationIndex noch zwei weitere Besonderheiten drin sind:

Die grauen Spitzen im Hintergrund sind die Optionsverfalldaten, die MetaStock per Indikator zur Verfügung stellt und die beim Traden oft sehr wichtig sind, die blaue Linie ist eine Ableitung des Williams Accumulation Distribution, die ebenfalls auf dem Volume basiert und die sehr gut anzeigt, wie die allgemeine Nachfrage nach einer Aktie ist.

Zu diesem Chart gehört ein Experte, in dem sich alle aus dem MarketFacilitationIndex abgeleiteten Bedingungen einzeln einstellen lassen - damit ist es möglich, im Chart jeden einzelnen Faktor anzeigen zu lassen.

Bei Fragen einfach eine Mail schicken.

robby_b

Gast
Gast

Hi,

langsam komme ich auch mit Wealth Lab ein bißchen weiter. Anbei ein Chart, der den MarketFacilitatinIndex gleich zweimal zeigt:

Links die Wochendarstellung, rechts die Tagesdarstellung. Beide Charts sind mit den Darvas-Boxen kombiniert. Bis auf die Boxen läßt sich alles auch in MetaStock umsetzen und darstellen. (Bei den Boxen warte ich immer noch darauf, daß mir MetaTrader ein wenig unter die Arme greift - ich komme mit dem Code nicht klar.)

robby_b

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