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06.19
14:56

Jahrelanger Nachfrageüberhang nach (Schweine-)Fleisch bei hohen Preisen

Steht ein jahrelanger globaler Nachfrageüberhang nach Schweinefleisch mit langanhaltend hohen Preisen bevor?

In der weltgrößten Erzeugungsregion China mit einem 50 %igen Anteil der Schweinefleischerzeugung grassiert die tödliche Afrikanische Schweinepest (ASP). Bis Ende Mai 2019 wurden nach offiziellen Informationen rd. 25 % der Sauen und Schweine im Vergleich zum Vorjahr abgeschlachtet. Schätzungen zufolge sollen rd. 30 % des früher üblichen Schweinefleischangebotes ausfallen, eine Fehlmenge von rd. 16 Mio. t.

Die fortschreitende ASP-Verbreitung in Vietnam, Kambodscha und weiteren südostasiatischen Ländern vergrößert das weltweite Versorgungsproblem um mindestens weitere 2,5 Mio. t.

Riesige Dimension

Der chinesische Fehlbetrag entspricht der Jahreserzeugung der USA und Brasiliens zusammen genommen. In der gesamten EU werden je Jahr rd. 24 Mio. t erzeugt. Deutschland produziert rd. 5,3 Mio. t je Jahr. Der gesamte Welthandel mit Schweinefleisch umfasst bisher rd. 8,5 Mio. t. Der Welthandel müsste sich rein rechnerisch verdreifachen, wenn China einen vollen Ausgleich durch Importe bewerkstelligen wollte.

Aber noch ist in China genügend Fleisch aus laufender Bestandsabstockung, den Tiefkühlvorräten sowie steigenden Importen vorhanden. Auf der Nachfrageseite wird deutlich weniger konsumiert, auf andere Fleischarten umgestiegen sowie wieder auf mehr pflanzliche Produkte zurückgegriffen. Im Übrigen besteht während der Sommerzeit in China eine saisonale Nachfrageschwäche. Die stabilen chinesischen Schweinepreise sind nach einem Kurssprung von 2,30 €/kg auf über 2,65 €/kg in den Frühjahrsmonaten seit 3 Monaten stehen geblieben. Verbrauchshöhepunkte sind die Herbst-/Wintermonate bis zum chinesischen Neujahrsfest Anfang Februar.

Der Nachschub fehlt

Aber das dicke Ende steht erst noch bevor. Der Abbau der Sauenbestände führt zu fehlenden Ferkel und Mastschweinen in der Folgezeit. Fehlmengen in dieser Größenordnung sind weltweit vorerst nicht auszugleichen.

China wird gezwungen sein, auf den traditionell hohen chinesischen Schweinefleischverzehr teilweise zu verzichten. Andere Fleischarten stehen jedoch auch nur in begrenztem Umfange zur Verfügung. Im Falle des Geflügelfleisches besteht das Ansteckungsproblem mit menschengefährlichen Geflügelviren.

Produktionsausfallmenge

Wenn man in einer ersten überschlägigen Ausgleichsrechnung nur von 20 % der Fehlmenge durch Schweinefleisch-Importe ausgeht, wären 3,3 Mio. t zusätzliche internationale Lieferungen notwendig. Das entspricht einer Steigerung des bisherigen Welthandels um 40 %. Als Exportländer kommen in 1. Linie die EU, Kanada, Brasilien, die USA und demnächst vielleicht Russland in Betracht. Die USA produzieren rd. 12 Mio. t und exportieren 2,6 Mio. t; allerdings ist das Verhältnis USA und China nicht zum Besten bestellt. Die EU hat jetzt schon Schwierigkeiten, ihre Erzeugung von 24 Mio t und 4 Mio. Export aufrecht zu erhalten. Die Produktionsbedingungen werden hierzulande eher schlechter als besser. Ausnahme bildet Spanien mit Wachstumspotenzial. Brasilien erzeugt 3,7 Mio. t und führt davon bisher 0,85 Mio. t aus. Kanada exportiert von seinen 1,8 Mio. t Schweinefleischerzeugung bereits 1,25 Mio. t. Russland hat noch keine 0,1 Mio. t ausgeführt, ist aber auf dem Sprung.

Zeitliche Dimension

Die zeitliche Dimension ist noch schwerwiegender. Experten gehen davon aus, dass China bis zu einem Jahrzehnt brauchen wird, die ASP in den Griff zu bekommen. Es wird auf Spanien verwiesen, dass 40 Jahre gebraucht hat, um die ASP auszurotten. Auch der Hinweis auf Osteuropa macht nachdenklich. Dort kann die ASP seit dem Ausbruch im Jahre 2007 in 12 Jahren nicht entscheidend zurückgedrängt werden. Das einzige erfolgreiche Land ist das kleine Tschechien.

Erste Laborerfolge mit Medikamenten sind noch weit entfernt von der sicheren Anwendung in der breiten Praxis. Das komplexe ASP-Virus hat mit seinen 160 Proteinen so viel variables Infektionspotenzial, dass einige wenige Wirkstoffe zur sicheren Bekämpfung nicht ausreichen werden.

Die Probleme Chinas

Im Unterschied zu Osteuropa mit überwiegend Wildschweinen ist das ASP-Virus in China hauptsächlich in der Hausschweinehaltung verbreitet. Die Seuchenausbreitung in China wird durch folgende Faktoren verstärkt:

  • Eine fast 50 %ige Hinterhof- und Kleinbestandshaltung, die aufgrund mangelnder Hygiene und Unkenntnis ein flächendeckend hohes Reinfektionspotenzial bieten.
  • Immer noch weit verbreitete Fütterung von nicht erhitzen Küchenabfällen
  • Hoher Anteil an Lebendtiertransporten von billigen Über- zu hochpreisigen Zuschussregionen über Tausende km, weil eine geschlossene Kühlkette erst in den Anfängen vorhanden ist.
  • Rd. 350 Mio. Wanderarbeiter, die unwissentlich infizierte Nahrungsmittel mit sich führen und den Virus verbreiten
  • Aus Angst vor staatlichen Repressionen eine Zurückhaltung der Betroffenen, bei der aktiven Seuchenbekämpfung konsequent mitzuwirken: hohe Dunkelziffern, mangelhafte Entsorgung.

Wiederaufbau in weiter Ferne

Der Mut zum Wiederaufbau eines chinesischen Schweinebestandes ist angesichts der stets vorhandenen hohen Reinfektionsgefahr gering. Das gilt sowohl für Klein- wie Großhaltungen. Eine Rückkehr zu alten Verhältnissen ist in den nächsten Jahren nicht absehbar. Ein gewaltiger Strukturbruch steht bevor.

Eine zunehmende Bevölkerungszahl Chinas und weiter steigende Einkommen führen zu einer größeren Nachfragemenge nach höherveredelten Nahrungsmitteln. In China steht Schweinefleisch traditionell an oberster Stelle.

Fazit:

Der globale Fleisch-Nachfrageüberhang mit Schwerpunkt China bleibt über Jahre hinweg bestehen und ist weltweit nicht in kurzer Zeit durch Produktionssteigerungen auch nur annähernd vollständig zu befriedigen. Verfügbare Fleischmengen werden bis auf den letzten Rest umgehend gekauft. Der Markt wird leergefegt sein.

Last not least: Auch in den noch ASP-freien Produktionsgebieten wächst die Sorge um Einschleppung.

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