Dass die französische Notierung mit 29,83 €/dt genauso hoch ausfällt, wie die belgische und noch höher als die deutsche kann eigentlich nur auf einem Abgrenzungsproblem beruhen. Schließlich sind die Kartoffelvorräte in Frankreich im Vergleich zu ihren Nachbarländern fast noch komfor-abel. Die AMI und das französische Statistikamt UNPT stellten zum Jahreswechsel fest, dass dort mit 3,141 Mio. Tonnen relativ viele Konsumkartoffeln lagern. In den letzten 10 Jahren gab es in Frankreich nur vier Jahre mit höheren Vorräten. Bei dem Verarbeitungsrohstoff waren es nur zwei Jahre mit einer besseren Versorgung.
Deshalb kaufen die Nachbarländer auch besonders viele Kartoffeln in Frankreich. Dort waren die Wetterverhältnisse im letzten Sommer nicht so extrem wie hierzulande oder in Belgien. Immer mehr Veredelungskartoffeln gehen von Frankreich nach Belgien, traditionelle Käufer in Spanien und Italien kaufen dagegen in dieser Saison weniger. Zum einen liegt das an den hohen Forderungen, die für Speisekartoffeln aber auch daran, dass französische Bauern ebenso viele Probleme mit ihrer Sorte Bintje hatten wie in Belgien.
Durchwuchs und extrem unterschiedliche Stärkegehalte beeinflussten die Qualität der Lagerkartoffeln so sehr, dass sie von Packbetrieben gemieden wurden. Das hat sich inzwischen aber geändert, denn aufgrund der extremen Unterver-sorgung mit Konsumkartoffeln in Europa und der Welt hatten die Verarbeiter auch diese Partien aufgenommen, um nichts umkommen zu lassen. Den erhöhten Aufwand dafür ließen sie sich mit entsprechend großen Abschlägen zu normaler Ware vergüten. Da diese Problempartien aber offensichtlich verarbeitet sind, muss man seit einer Woche auch für die Sorte Bintje fast genauso viel bezahlen, wie für bevorzugte Sorten in Standardqualität. Auch bei diesen Sorten gibt es oder gab es nach der Ernte Qualitätsprobleme und trotzdem zahlte man dafür mit 30 bis 34 €/dt so hohe Preise wie lange nicht mehr.
Die Fabriken haben seit dem letzten Herbst so viele Kartoffeln vom freien Markt verarbeitet wie noch nie. In Holland wurde mit 4,049 Mi-o. Tonnen im rollenden 12-Monatsmittel erstmals die 4 Mio.-Tonnen-Grenze überschritten. Das zeigt uns auch, dass die Fabriken frühzeitig viele Produkte ins Tiefkühllager packten auf die sie in den kommenden Wochen auch angewiesen sein werden, wollen sie ihre Kunden am Weltmarkt weiter-hin bedienen. Das Gros des Verarbeitungsrohstoffs wird vorerst von den Vertragslandwirten kommen. Es wird aber befürchtet, dass diese ihre versprochenen Mengen nicht alle liefern können. Händler und Makler suchen für sie aber am freien Markt alles, was nach Kartoffeln aussieht und zur Verarbeitung zu Pommes und Co. geeignet ist.
Dieser Zweitmarkt treibt die freien Preise jetzt in die Höhe und wo die Preise dabei enden werden ist extrem schwer vorher zu sagen. Wer seine Verträge nicht erfüllt, muss mit hohen Strafen rechnen, wenn die Fabrik ihrerseits Deckungskäufe tätigt. Die Preisfeststellungsklagen orientie-ren sich an den Terminmarktnotierungen, wenn am aktuellen Kassamarkt zu wenige Transaktionen stattfinden. Solche Prozesse treiben einen Keil zwischen die Vertragspartner und so birgt jede Klage der Fabrik auch das Risiko, einen Vertragslandwirt zu verlieren.
Wie vorsichtig, die Landwirte inzwischen agieren, zeigt sich in Großbritannien, wo die Landwirte im Südosten des Landes keine Lieferverträge unterzeichnen, weil sie nicht sicher sind, ob für die gesamte Vegetationszeit genügend Wasserreserven zur Verfügung stehen. Nach dem letzten trockenen Sommer sind die Reservoirs längst noch nicht wieder gefüllt.
Scheinbar haben aber auch die Landwirte auf dem europäischen Kontinent ihre Lehren aus ihren spekulativ geschlossenen Anbauverträgen gezogen. Anders lässt sich nicht erklären, weshalb die Anbauverträge der Ernte 2019 mit Geboten von 11 bis 15 €/dt nicht unterzeichnet werden. Das sind 2,5 €/dt mehr als im Vorjahr aber weniger als in 2017.
ZMP Live Expertenmeinung
Am vergangenen Donnerstag veröffentlichte die EEX in Leipzig ihren ersten Kartoffelindex dieses Jahres. Der Anstieg gegenüber der letzten Berechnung im Dezember war mit 2,4 €/dt besonders heftig. Dazu trugen insbesondere die belgischen und französischen Kassamarktnotierungen bei, die beide mehr als drei €/dt zulegten. Beide Länder notieren auch fast ausschließlich die Sorte Bintje, die inzwischen fast soviel kostet, wie die bevorzugten Sorten Challenger oder Fontane. Mit 29,8 €/dt ist der Marktzeiger der Leipziger Terminbörse so hoch wie noch nie. Auch die Kurse im April-19-Terminkontrakt stiegen heute mit 32,8 €/dt auf ein Saison-Hoch.