In Belgien hat man sich schon damit abgefunden, dass die diesjährige Frühkartoffelernte enttäuscht. Auch die Anbaufläche dafür wurde stark eingeschränkt. Nun fürchtet man aber auch um die Haupternte. Anbauberater raten den Landwirten bereits, mit den Käufern ihrer Vertragskartoffeln Kontakt aufzunehmen, weil man damit rechnen muss, dass die bereits zugesagten Mengen nicht zusammen kommen. Zunächst einmal geht es aber nur um die Frühkartoffelernte.
Viele Bestände der Haupternte reifen in Belgien wegen Wassermangels aber auch zu früh ab. Teils hatten Starkregenereignisse im Frühjahr die Dämme zerstört. Dort ist die Bodenstruktur desolat und betroffene Schläge konnten bisher keinen Reihenschluss vollziehen. Jetzt fehlt das Laub, das den Boden beschattet und die Bodentemperatur steigt mit der sommerlichen Hitze. Die Folge könnte Durchwuchs sein. Für die Frittenfabriken ein Horror.
Auch in Großbritannien erwartet man wegen Trockenheit eine kleinere Kartoffelernte. Beim frühen Chipsrohstoff gibt es schon erste Engpässe und auch die Preise für Salatware ziehen an. Alle fünf Tage muss beregnet werden. Wo man diesen Rhythmus einhalten kann, können gute Erträge erwartet werden. Das ist aber bei weitem nicht überall der Fall.
Die Stimmung am Kartoffelmarkt beschreibt der niederländischen Kartoffelhändler Adrie Kleinjan so: Das extrem trockene Wetter sorgt für Optimismus unter den Kartoffelhändlern. Die Bauern sind dagegen noch etwas zurückhaltend. Sie müssen erst die positiven Auswirkungen auf den Preis sehen, denn im letzten Jahr war es im Sommer auch zu trocken und wir alle wissen, wie das Jahr geendet hat. Das war eine schmerzliche Erfahrung für viele Bauern und sie glauben aktuell noch nicht an eine gute Saison.
Damals glaubten im Juni viele an hohe Preise aber es kam anders. Aufgrund guter Bodenstrukturen und regelmäßigen Niederschlägen ab August kam in dem meisten EU-Ländern eine Rekordernte zusammen. In diesem Jahr ist die Bodenstruktur aber viel schlechter und der Start in die Vegetation war echt holperig. Kein Kartoffelschlag ähnelt dem anderen und die Erträge werden zwischen 20 und 45 Tonnen pro Hektar schwanken, so Kleinjan.
Insgesamt hat er das Gefühl, dass es eine gute Saison geben werde. Die alten Kartoffeln sind inzwischen alle verkauft, was vor vier Wochen auch niemand glaubte. Das ist das gute bei den Kartoffeln, wegen dem trockenen Wetter im Osten der EU werden sie dort weniger ernten. Dabei sind die Wettereinflüsse überall in der EU bemerkenswert und darin sieht Kleinjan für sich eine Chance.
Der Export für alterntige Kartoffeln hat sich in den letzten Wochen wieder belebt. Frittenrohstoff in guter Qualität ist wieder gefragt, weil die belgischen Frühkartoffeln später kommen und die Ernte klein ausfällt. Wäre es nicht trocken geworden, so hätten wir jetzt weiter über die unverkäuflichen Restmengen geklagt.
Die meisten Kartoffeln werden hierzulande aber ab September bis Oktober geerntet und erst dann können wir eine vorläufige Bilanz erstellen. Dann wissen wir mehr über die Erträge, die dann die Marktrichtung für die weitere Saison vorgeben.
Die North-Western European Potato Growers verwiesen gestern in einer Pressemeldung noch einmal auf die in den fünf größten EU-Kartoffelländern um 1 % ausgeweitete Kartoffelanbaufläche. Die Experten vermuten, dass es in der NEPG-Region zu einem Überangebot kommen wird. Diese Meldung führte gestern zu einem Kurssturz an der Terminbörse in Leipzig. Zu Beginn der Woche wurde der April-19-Termin noch deutlich über 20 Euro gehandelt, die Handelswoche endete heute mit 18,5 €.
Die Spezialisten verweisen aber auch auf diverse Auflaufprobleme von Frankreich bis Polen, weil das Saatgut oft mangelhaft war. Hinzu kommen mancherorts Erosionen mit Schlammansammlungen und die Trockenheit, der man nicht überall mit Beregnung begegnen. Das könnte einen erheblichen Einfluss auf die Erntemenge haben.
ZMP Live Expertenmeinung
In Teilen Niedersachsens hatte es am vergangenen Mittwoch bis zu 70 Liter Regen/qm gegeben. Das hat in einigen Regionen die Wasserversorgung verbessert, aber längst nicht überall. Andere, für den Kartoffelanbau in der EU bedeutende Regionen wie der Benelux-Raum, Frankreich und Großbritannien, haben im Grunde genommen zuletzt nichts abbekommen. Die Dürre hält also noch an.