15.
09.18
Angebot wächst wegen geringer Lagerfähigkeit der Kartoffeln

Kartoffeln Cockpit, 15.09.2018

  • Kartoffelmarkt mit Konsumkartoffeln unterversorgt
  • Frittenfabriken zahlen zum Teil 1 bis 4 Euro über Vereinbarung
  • Angebot steigt wegen fehlender Lagerfähigkeit vieler Kartoffelarten
  • Vertragskartoffeln beeinflussen zunehmend den Markt mit festen Preisen

Unser nächstes vollständiges Kartoffel-Cockpit erscheint am 05.10.2018.

20.09.2018: Bisher beziffern Schätzungen den Rückgang des Konsumkartoffelaufkommens in diesem Jahr gegenüber 2017 auf über 5 Mio. t. Ob 24 Mio. t auf Nordwesteuropa am Ende reichen, hängt auch von der Qualität ab. Verarbeitungsrohstoff könnte noch Probleme bereiten.

25.09.2018: In der aktuellen Woche, der KW 39, haben Speisekartoffeln in größeren Gebinden zur kurzzeitigen Bevorratung wieder Hochsaison im Lebensmitteleinzelhandel. Das ist fast immer die gleiche Woche, es sei denn die Lage des Feiertags am 3. Oktober führt zu einer Verschiebung auf die KW 40. Die Verbraucher müssen deutliche tiefer in die Tasche greifen als im Vorjahr.



Vor dem Hintergrund der sehr volatilen Märkte stellt sich die Frage, weshalb sich die April-19-Kurse an der EEX kaum von den aktuellen Kassamarktpreisen unterscheiden. Ein Erklärungsversuch ist, dass sich die Kartoffelverarbeiter aktuell auf den Abruf von Vertragskartoffeln konzentrieren. Da am Kartoffelmarkt zuletzt kaum noch freie Kartoffeln angeboten wurden, ist das die logische Konsequenz.

Außerdem besteht in der Haupternte, die nun überall in Zentraleuropa bis Fahrt aufnimmt, die Chance, dass bald wieder ein größeres Angebot an freier Ware zustande kommt. Diese Hoffnung der Käufer bestätigt sich nun aus einem ganz anderen Grund. Ausgerechnet in Belgien, wo die Ernte am schlechtesten ist, deuten sich bereits massive Haltbarkeitsprobleme an. Diese Kartoffeln werden in den kommenden Wochen auf den Markt drängen und verhindern einen weiteren Preisanstieg. Dass die Preise unter Druck geraten, ist ebenfalls wenig wahrscheinlich, da die Ernte von Konsumkartoffeln in „big 5“ (B,NL,F,GB,D) nur 24 Mio.to (-18% zum Vj.) beträgt, so die heutige Schätzung der NEPG. Damit ist der Kartoffelmarkt in dieser Saison massiv unterversorgt und es können sich selbst zu Beginn der Haupternte Frittenrohstoffpreise von 25 bis 28 €/dt halten.

Ein Streitpunkt unter den Marktpartnern wird die Abrechnung der Absortierungen sein. Viele Kartoffelverarbeiter haben bereits ihre Abnahmebedingen freiwillig gelockert, um das Wohlwollen der Bauern zu erhalten und damit die Verträge trotz niedriger Vertragspreise erfüllt werden. So ist es bereits  üblich, von der vereinbarten 50 mm + Sortierung auf 35 mm+ zu gehen. In Abhängigkeit von dem Grad der Vertragserfüllung wollen einige Frittenfabriken sogar 1 bis 4 €/dt mehr als vereinbart zahlen. Eine Stärkefabrik bietet einen Vorschuss auf die Vertragslieferungen des kommenden Jahres an, damit Bauern mögliche Liquiditätsengpässe überbrücken können.

Die Not der Rohstoffkäufer ist also riesig. Das wird in einigen Fällen aber trotzdem dazu führen, dass es zu Streitigkeit bis zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommt. In Belgien, Frankreich und teils auch in Holland ist die Lieferverpflichtung mit festen Mengen und Preisen nämlich sehr hoch. Das geht teils bis 90% der erwarteten Durchschnittserträge. Wer in diesem Jahr eine solche Lieferverpflichtung hat aber nur 50 % der üblichen Erträge ernten kann, ist verpflichtet, sich die Menge am freien Markt zu besorgen. Bei Vertragspreisen von 15 und Tagespreisen von knapp 30 €/dt kann man sich ausrechnen, wie hoch eine Schadensersatzklage sein kann. Die Berufung auf höhere Gewalt wegen einem außerordentlichen Naturereignis von nationalem Ausmaß (Zitat Klöckner), wird von den Rohstoffkäufern nicht akzeptiert. Sie wollen und müssen Ware sehen und werden säumige Anbieter zur Lieferung zwingen. Die Gerichte bekommen sicherlich viel zu tun.

Nun fragt man sich natürlich, welche Auswirkungen das auf zukünftige Verträge hat. Keine Mengenzusagen mehr zu machen, ist meines Erachtens auch keine Lösung. Allerdings ist es auch unlauter, vom Landwirt eine Mengenzusage zu verlangen, wenn die Kartoffeln noch nicht einmal gepflanzt sind. Diese Vertragsform wurde von Beratern, Banken und Verbänden immer gut geheißen und Bauern wurden damit zu Spekulanten. Verträge sollten so gestaltet werden, dass Landwirte erst dann Mengen zusagen, wenn die Ware wirklich gewachsen ist. Einen fairen Preis können die Parteien unabhängig davon frühzeitig an der Terminbörse absichern. Diese Kontrakte können späteer gegen physische Lieferung oder Abnahme getauscht werden. Das nennt man „exchange of futures for physicals“ oder kurz den „efp-Vertrag“. Damit sichern sich Käufer wie Verkäufer ihre Marge und tauschen die Spekulation mit Ware und Preis gegen eine hohe Planungssicherheit. Der ebenfalls volatile Getreidemarkt funktioniert weltweit nur so.

Angebot wächst wegen geringer Lagerfähigkeit der Kartoffeln
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ZMP Live Expertenmeinung

Dort, wo die Kartoffeln in Belgien noch wachsen, gibt es immer häufiger Qualitätsprobleme. Insbesondere in Flandern, wo im August Regen fiel, wachsen die Kartoffeln noch. Die Abreife der Sorte Bintje wird mit 70% angegeben, die der Fontane liegt bei 60%. Fontane hat die Hitze und Trockenheit des Sommers am besten weggesteckt und kann aktuell auch noch an Ertrag zulegen. In Wallonien haben die Frittensorten das Wachstum aber bereits komplett eingestellt. Aus Flandern hört man immer öfter von Durchwuchs, Puppigkeit und Knollen mit geringem Unter-Wasser-Gewicht. Diese Partien dürften für die Langzeitlagerung nicht geeignet sein und deshalb übersteigt das Angebot derzeit die Nachfrage.

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