Auf den Flächen, die im Sommer unter Beregnung standen – das sind in Holland immerhin 70% - staut sich der Niederschlag jetzt besonders. Leichtere Böden wurden bei unseren Nachbarn aber auch erst zu 40-50% abgeerntet. Der Kartoffelverband VTA meldete bereits zu Wochenbeginn, dass die Einlagerung ins Stocken geriet und dass es eine Verknappung des Angebots für den prompten Bedarf gegeben hätte. Dadurch stiegen die Preise etwas an, was zu diesem Zeitpunkt im Jahr eher ungewöhnlich ist.
Schon in der Woche zuvor beeinträchtigte Nässe die britische Kartoffelernte. Seither gab es auch dort kaum Fortschritte bei der Flächenräumung. Untrügliches Zeichen für eine Verknappung des Angebots war, dass die Verbraucher bereits während der Erntezeit auf frei verfügbare Kartoffeln zurückgreifen müssen. Da es dort nicht nach einem goldenen Oktober aussieht und die Tage kürzer werden, was die Verdunstungsraten senkt, ist vorerst keine Besserung in Sicht.
Schwierige Wetterbedingungen gibt es auch in diesem Jahr in der Hauptanbauregion für Veredelungsrohstoff in den USA. Im US-Bundesstaat Idaho, wo fast ausschließlich Kartoffeln zur Verarbeitung zu Pommes frites wachsen, gab es in der letzten Woche einen frühen Frosteinbruch. Die Ernte war erst zu 80% beendet. Der Frost war so stark, dass man nun mit erheblichen Ausfällen rechnen muss. Bereits in 2018 erlebten die Farmer auf der kanadischen Atlantikinsel Prince Edward Island ein ähnliches Desaster. Die weltweit ohnehin schon knappe Rohstoffversorgung für die Produktion von Pommes frites verschärft sich in diesem Jahr offensichtlich schon wieder, während am Weltmarkt die Nachfrage nach den goldenen Kartoffelstäbchen weiter steigt.
Die Misere der US-Frittenindustrie könnte sich für Pommes-Anbieter aus der EU als Wettbewerbsvorteil herausstellen. Bereits in den letzten beiden Jahren haben sie steigende Menge an TP-Kartoffelprodukten nach Nordamerika verkauft. Dabei sind die Nordamerikaner am Weltmarkt die einzigen ernst zu nehmenden Konkurrenten für die EU Pommes frites-Hersteller. Das was die Amerikaner im letzten Jahr den Fritten-Herstellern aus der EU an Marktanteil abgenommen haben, könnten sie nun wieder zurückholen.
Die deutsche Kartoffelernte ist unterdessen viel weiter fortgeschritten. Speisekartoffeln dürften wohl komplett im Winterlager sein und Lagerhalter fordern bereits Lageraufschläge. Schwitzverluste, ein höherer Arbeitsaufwand sowie ein Kostenausgleich für die stetige Lieferbereitschaft rechtfertigen diese Forderung. Das trifft bei Packstationen und dem LEH auf Zustimmung, sodass von dort kein Widerstand zu erwarten ist.
Verarbeitungsrohstoff gibt es hierzulande aber immer noch vom Feld. Leichtere Böden sind nach Regenfällen schneller wieder zugängig. Auf schweren Böden sind die meisten deutschen Kartoffeln der Ernte 2019 aber schon geborgen. Händler und Landwirte in den deutschen Überschussregionen profitieren seit dem Beginn der Frühkartoffelernte von einer stetigen internationalen Nachfrage nach Konsumkartoffeln. Da Niedersachsen in diesem Jahr knapp 50% der deutschen Kartoffelernte einbrachte, wird vom Markt mit Interesse verfolgt, wie sich das Angebot von dort entwickelt.
Nachfrage dafür kommt auch in diesem Jahr wieder aus Tschechien. Der Zufuhrbedarf des kleinen Nachbarlands im Osten wird auf mindestens 100.000 Tonnen beziffert. Wegen der geografischen Nähe kommen fast ausschließlich Kartoffeln aus Niedersachsen, Bayern und Ostdeutschen Bundesländern in Frage.
Unter diesen Voraussetzungen bieten die Lagerhalter auch in diesem Jahr ihre Ernte immer in Abstimmung mit dem Erfassungshandel sehr diszipliniert an. Druckpartien gibt es am Markt so gut wie gar nicht und wenn, dann sind die kleineren Schälbetriebe schnell zur Stelle.
Alles das sind nicht nur für deutsche Kartoffelbauern gute Voraussetzungen für eine erneut erfolgreiche Vermarktungssaison. Wer seine Kartoffeln erst in der Scheune hat, kann ruhig auf das Wintergeschäft warten.
ZMP Live Expertenmeinung
In Großbritannien und in Holland kommen die Bauern mit ihrer Kartoffelernte seit Tagen nicht mehr voran. Nach ergiebigen Regenfällen wurden die Erntearbeiten auf Kleyböden eingestellt. In den holländischen Poldern sind erst 30% der Kartoffelfelder geräumt und auch wenn in dieser Woche nicht ganz so viel Regen fiel, konnten die Feldarbeiten nicht wieder aufgenommen werden. Ob alle Kartoffeln geerntet werden können wird mittlerweile bezweifelt. Auch im US-Bundesstaat Idaho sind Ernteverluste zu befürchten.