Europaweit bleibt die Lage am Speisekartoffelmarkt spannend. Hierzulande ist die Vermarktung von Importkartoffeln aus Ägypten und Israel weit fortgeschritten. Die Packbetriebe haben ihre Vorräte nahezu komplett vermarktet und nun müssen sie, für eine kurze Zeit, auf Kartoffeln aus Spanien zurückgreifen. Die REKA Rheinland schreibt, dass es derzeit Logistikprobleme gibt, sodass die früher schon georderten Vertragskartoffeln nicht immer fristgerecht ankommen. Für kleinere Mengen vom freien Markt verlangen die Importeure Preisaufschläge.
Deshalb sind die Rahmenbedingungen für den Markteinstieg deutscher Frühkartoffeln aus Sicht der Anbieter sehr gut. Auch hierzulande sind die Wachstumsbedingungen derzeit exzellent. In Baden-Württemberg und der Pfalz fielen zuletzt 40 bis 90 Liter pro Quadratmeter Regen und es gab dabei keine Schäden. Beide Regionen verkaufen ihre Sackware zu Preisen von 21 – 26 €/25 kg. Ab nächster Woche werden reifefördernde Maßnahmen durchgeführt.
Da es in Niedersachsen zu wenig Niederschlag gab, wird beregnet. Außerdem war es hier deutlich kühler und die Abreife der Kartoffeln lässt noch auf sich warten. Auch im Rheinland fehlt Wasser, wenngleich regional ganz ordentliche Niederschläge gemessen wurden. Ab nächster Woche beginnt man auch hier mit der Vermarktung von Sackware und will 23 € für den 25 kg Sack fordern.
Da dieses äußerst hohe Preisniveau die Landwirte zu einem unkontrollierten Angebot verleiten könnte, wird heute schon mal vorsorglich zur Angebotsdisziplin aufgerufen. Die REKA schreibt an ihre Mitglieder, dass ein Unterlaufen der notierten Preise sehr schnell zu einem unkontrollierbaren Preisrückgang führen kann. Und dort heißt es weiter, dass die nächste Zeit ein Verkäufermarkt sei und diese Chance müsse man nutzen.
Tatsächlich gelten die ersten Frühkartoffeln aus der Region für Gourmets als besondere Delikatesse. In der Pfalz genießt man die „Grumbeere“ direkt aus der Pfanne nur mit etwas Salz und Butter. Dazu gibt es einen Riesling-Wein, dessen Trauben dort ebenfalls gewachsen sind.
Die Saisoneröffnung für die Frühkartoffelvermarktung wird am deutschen Niederrhein am nächsten Sonntag von der Kartoffelkönigin auf einer Höfetour mit reichlich Presserummel gefeiert. Ähnlich wird es in wenigen Tagen auch in Niedersachsen abgehen. Die letzte Saisoneröffnung in Europa findet traditionell am 24. Juni zu Mittsommer in Schweden statt. Dann werden hierzulande schon die ersten Anschlusssorten angeboten. Ähnlich wie in Norddeutschland war es in Schweden aber lange Zeit zu kühl und in dieser Woche hat Frost die schwedischen Frühkartoffeln auch noch ernsthaft geschädigt. Es ist also davon auszugehen, dass Schweden demnächst in Niedersachsen als Käufer auftritt. Weil sich die Nachfrage schon jetzt schneller entwickelt als das Angebot, trieben hierzulande die Preise weiter in die Höhe. Für erste „Spanier“ verlangen Importeure inzwischen schon um die 90 €/dt weil das Angebot mit einer Verzögerung von aktuell einer Woche bei uns ankommen.
Diese Lage dürfte sich auch so schnell nicht ändern – wir befinden uns wohl noch länger in einem Verkäufermarkt. Vielleicht sogar bis die Schweden sich zu Mittsommer mit Kartoffeln aus Niedersachsen eindecken müssen. Genauso wie wir unseren Spargel nicht ohne neue Kartoffeln essen, isst man in Stockholm zu Mittsommer traditionell junge Kartoffeln mit eingelegtem Hering. Ein hoher Kartoffelpreis ändert nichts an diesen Traditionen.
Das hat die AMI zumindest für Deutschland festgestellt. Im April wurden hierzulande von Privathaushalten 8,5% mehr (teure) Kartoffeln gekauft als im letzten Jahr als die Preise dafür sehr niedrig waren. Der Preis in den Verkaufsstätten ist jetzt 53% höher als im April 2018. Fazit: Speisekartoffelpreise sind ziemlich „preisunelastisch“.
ZMP Live Expertenmeinung
Während der gesamten Vegetationsperiode waren die Bedingungen für Spanische Frühkartoffeln außerordentlich gut. Deshalb werden die Bauern dort wohl ungewöhnlich hohe Erträge ernten. Das trifft zusammen mit extrem hohen Preisen am Kassamarkt, weil weder in Spanien noch in Frankreich oder dem Rest von Europa noch nennenswerte Mengen an Lagerkartoffeln zu finden sind. Spanische Landwirten erhalten, je nach Qualität und Sorte derzeit Preise zwischen 45 und 48 €/dt.