Bankgeheimnis ade! Der Schnüffelstaat ist Realität ab 2005

Bankgeheimnis
Wie die letzten Schranken fallen
BR | 12.10.2004 | 21.55

Die Berliner Regierung ist stolz, sie meint endlich einen Weg aus der Schuldenkrise gefunden zu haben. Die Idee: die Abschaffung des Bankgeheimnisses! Nahezu unbemerkt hat sie sich dazu eine Vollmacht ins Gesetz diktiert.
Per Leitung darf der Staat künftig Konteninformationen bei Banken abrufen. Zitat aus der Abgabenordnung: „Die Finanzbehörde kann bei den Kreditinstituten über das Bundesamt für Finanzen einzelne Daten ...abrufen, wenn dies zur Festsetzung oder Erhebung von Steuern erforderlich ist und ein Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziele geführt hat oder keinen Erfolg verspricht.“

Online-Abfragen ab April 2005

Bei den Zentralen der Kreditinstitute ist jetzt Arbeit angesagt, denn sie müssen, so steht es im Gesetz, unverzüglich die erforderlichen Daten speichern. Diese Kontenabfragen, die schon ab April 2005 laufen sollen, stellt sich das Finanzministerium so vor: Ein Finanzamt will über Steuerbürger X wissen, wo er in Deutschland welche Konten hat. Die Anfrage stellt das Finanzamt an das Bundesamt für Finanzen. Über die neue Datenautobahn kann der Fiskus die eigens bereitgestellten Dateien einsehen. Konto ja oder nein beziehungsweise wo, diese Informationen fließen dann an die Behörden zurück.

Automatisierter Abruf erfolgt heimlich

Die Bürger sind entsetzt, sehen ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Unglaublich an dem neuen Gesetz ist: die Abfrage erfolgt heimlich, niemand erfährt davon. Im Gesetz heißt es: dazu das Kreditinstitut, Zitat: „hat durch technische und organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass ihm Abrufe nicht zur Kenntnis gelangen.“ Stefan Marotzke vom Zentralen Kreditausschuss fürchtet um die Attraktivität des Finanzplatzes: „Ich denke, dass das Bankgeheimnis, was ja auch bisher schon durchlöchert war, wie ein Schweizer Käse, nun noch weiter durchlöchert wird. In der Tat, wenn diese Vorschläge, wenn dieses Gesetz so umgesetzt wird, bleibt vom eigentlichen Bankgeheimnis nicht mehr viel übrig."

Streit um Rechtmäßigkeit

Der renommierte Strafrechtler Professor Erich Samson kommt in einem Gutachten zu dem Ergebnis, dass der automatisierte Abruf von Kontoinformationen schlicht verfassungswidrig ist. Beim Bundesamt für Finanzen verteidigt man diesen Eingriff in die Grundrechte: „Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens ist der Datenschutzbeauftragte eingeschaltet worden. Ich gehe mal davon aus, dass die Bedenken, die der Datenschutzbeauftragte vorgetragen hat unter Umständen, berücksichtigt worden sind und beim Vollzug des Gesetztes werden wir auch noch mal vom Datenschutzbeauftragten natürlich unter die Lupe genommen", verteidigt Jochen Wendelstorf vom Bundesamt für Finanzen die neue automatisierte Datenabfrage.

Ausnahmeregelung wird zur Norm

Eingeschaltet waren die Datenschützer in der Tat, aber sie waren und sind gegen das Gesetz. Nur im Zuge der Terrorismusbekämpfung nach dem 11. September waren sie einverstanden mit Online-Datenabfragen der Kreditwirtschaft, im Zusammenhang mit der Verfolgung von Terrorgeldern und den zugehörigen Hinterleuten. “Für diesen Zweck haben wir akzeptiert, dass diese ausnahmsweise eingeführte Abfrage bei Finanzinstitutionen auch eingerichtet wird. Aber jetzt geht es ja um ganz andere Zwecke und ich halte es doch für sehr fragwürdig, dass praktisch eine Maßnahme, die zunächst nur für die Terrorismusbekämpfung gedacht war, jetzt im Rahmen des ganz normalen Besteuerungsverfahrens und für den Abruf durch beliebige andere Behörden noch erweitert werden soll", so Peter Schaar, Bundesbeauftragter für den Datenschutz.

Datenschützer: "Freibrief für Schnüffelei"

Die Vision vom gläsernen Bürger wird damit zur Realität. Die Einwände des Daten-Bundesbeauftragten sind der Regierung egal-, er hat nur Beraterfunktion. Das Argument, der Steuerehrliche habe doch nichts zu befürchten, hält Professor Wolfgang Gerke Universität Erlangen für fadenscheinig: „Wir brauchen eine strenge Fahndung. Das heißt aber nicht, dass unsere Bankkonten völlig offen liegen müssen. Wir können uns doch nicht vor dem Staat völlig ausziehen. Es geht den Staat nichts an, mit wem ich, wann in Paris, wo gegessen habe. Das heißt, letzten Endes, diejenigen, die echt uns schädigen wollen, indem sie ihre Steuern nicht zahlen, die gehen doch nach Dubai, die gehen auf die Cayman Islands, die erwischt man nicht.“ Wenn die Steuererklärung, nach Meinung des Finanzbeamten, nicht zum Ergebnis der heimlichen Kontoabfrage passt, muss der Steuerpflichtige Auskünfte über seine Kontobewegungen erteilen. Für Datenschützer ein Freibrief für staatliche Schnüffelei.

Lebenslanges Ordnungsmerkmal für Bürger

Jetzt entstehen neue Behörden, wie zum Beispiel an der deutsch-polnischen Ostgrenze in Schwedt. In gut einem Jahr werden alle Daten an das Bundeszentralamt für Steuern geschickt, das sich derzeit noch im Aufbau befindet. Die Schwedter Beamten sind zuständig für Umsatz- und Kapitalertragsteuer. Obwohl die Arbeit für den Fiskus künftig einfacher wird, kommt es für die Bürger noch schlimmer. Sie erhalten ein lebenslang gültiges bundeseinheitliches Ordnungsmerkmal verpasst. Eine Entscheidung die angesichts der heimlichen Online-Abfrage der Kreditinstitute durch den Fiskus den Bürger das Fürchten lehren muss.

select
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

Wer kein Geld hat wird immer kreative Ideen aufbringen. Es werden noch viele folgen.

Gruß select

ladowa

Zitat aus dem Faust: "Zwar weiß ich viel - doch möcht ich Alles wissen".

Wenn ich den Beitrag von Walter lese und dann an die Worte von Goethe denke,
die menschlichen Wesenseigenschaften sind schon immer SO!!

Gruß berny

wuelle
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

Die Banken mit Standort außerhalb Deutschlands werden Herrn Eichel für diese Maßnahme sehr dankbar sein.

Das sichert Arbeitsplätze der Banker im Ausland.

Hittfeld
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

Das ist doch nur der Anfang:

Zuerst Geldwäsche gegen Terroristen! Binnen kurzem erweitert auf Steuern.

Nun erweitert auf alle Behörden, die "am Begriff der Einkommenssteuer anknüpfen", d.h. Sozialamt, KIRCHE, ......

Und bald sicher auch die (Un)Sozialversicherung, Krankenkassen, Wohnungsamt, Jugendamt,......

Und alle greifen dann munter zu, OHNE Kontrolle, OHNE dass die Bank es weiss, und natürlich OHNE dass der Betroffene es weiss und OHNE Haftung bei Missbrauch.

Und die Erzliberalen und alle schwarzen Verfechter der bürgerlichen Freiheiten schreien so laut, dass man es gar nicht hört.

Frage: Fallen Bankneutrale Kreditkarten und Broker auch darunter??

MFG

Hittfeld

Marzell
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

Hallo,
Die derzeitige Regierung, eine Ansammlung von Altachtundsechsigern, Neidern und Habenichtsen wird nach der nächsten Wahl wieder in der Opposition sein. Danach die CSU/CDU, die Partei der Mittelständler. Vielleicht zusammen mit der FDP.

Die Regierung hat nichts dazugelernt oder schon wieder vergessen. Bei der Ankündigung der Quellensteuer unter Waigel sind Milliarden DM nach Zürich und Luxemburg geflossen. Das gleiche empfliehlt sich auch jetzt zu tun.

Grüße
Albert

ladowa

Hey Leute, das Thema war: Bankgeheimnis ade! Der Schnüffelstaat ist Realität ab 2005
Diesen Schnüffelstaat empfinde ich nun als wirkliche Erleichterung, da ich schon seit Jahren mein Einkommen völlig gesetzeskonform aktiv (ver)steuere. Über Steuerflüchtlinge wie Becker und Schuhmacher will ich nicht richten. Allenfalls werde ich tief einen Schleimfladen aus meinem Schlund ziehen und diesen ihnen auf den Stiefel spucken, wenn ich sie jemals sehen sollte.

Am liebsten wäre es mir, wenn ab sofort das Finanzamt im Einvernehmen mit meinen diversen Banken meine Steuererklärung machen würde. Während dieser Zeit würde ich dann auf die Seychellen fliegen und mit einem Cat es mir und meiner Familie gut gehen lassen. Heute brauche ich 2 Wochen dafür, um diesen verdammten Scheiss aus meinen Internetkonten herauszusaugen, Fehler natürlich inbegriffen.

Ich habe kein Verständnis für den Mittelstand, der zwar ständig klagt aber Schwarzgeld in Mio. Euros irgendwo untergebracht hat. Dazu kenne ich diese Pappenheimer nun zu gut. Klagen und geniesen! Man muss nur etwas weiter forschen: Das Unternehmen zwar insolevent aber mindestens 2 Fincas auf Lanzarote im Wert von je 1 Mio. Eur. vorhanden. Nur 1 Beispiel. Der gesamte Klagechor hat seine Schäfchen im Trockenen, unerreichbar für Harz4.

Wer hier noch etwas gegen den Schnüffelstaat schreibt, macht sich höchst verdächtig. Der Thread ist hiermit geschlossen!
/W

Roland
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

Oilprinz,

mit Verlaub Hr. Kollege: Selten so was dämliches gelesen. Noch dazu aus einem Mund, der sonst ganz passable Beiträge leistet. Wie wär's mit ner Politikerlaufbahn?

jamfm
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

Schwarzgeld - ist dies ein Symptom eines kranken Staates (Rechtssystem etc.) oder ein Symptom kranker (unehrlicher) Bürger?

Da soviele Bürger schwarze Konten haben wohl eher Ersteres, nicht alle Leute sind schlechte Menschen, die sich den Gesetzen widersetzen.

Ich garantiere, dass Deutschland in den kommenden Jahren jedes Jahr wieder einen Rekordschuldenstand erreichen wird - da wir seit 1955 keinen positiven Haushalt aufwiesen, ist dies nicht schwer.
Empfehlenswert hierzu: http://www.staatsverschuldung.de/

Der Staat kann nicht sparen, da er unelastisch in den Personalkosten ist - die Stellenanzahl und Gehälter sinken nicht und bei den Investitionen lohnt es sich nicht, da sie nur noch einen marginalen Anteil der Staatsausgaben ausmachen. Um das exponentielle Wachstum in den Grenzen des Stabilitätspaktes zu halten, müssen die Einnahmen rauf --> MEHR STEUERN - Was kann man noch machen?

KONTENSCREENING - das lässt sich noch optimieren - Vielleicht sollte hier im Namen des Gemeinwohls eine Abteilung Steueroptimierung durch Kontenscreening geschaffen werden - alle Transaktionen in Deutschland werden mit allen Steuererklärungen abgegelichen.

IMMOBILIENBESITZER - die können das Vermögen nicht wegschaffen

ERBSCHAFTSSTEUER - die Anzahl der Leute die Sterben nimmt zu und mehr Vermögen ist auch vorhanden

SCHENKUNGSSTEUER - damit das mit der Erbschaftssteuer auch klappt

MEHRWERTSTEUER - um die Soziallasten besser zu verteilen bei Einführung einer Bürgerversicherung oder einer Kopfpauschale

Tröstlich ist, dass die absolute Staatschuld erst bei 63% des BIP liegt. Ein im internationalem Vergleich akzeptabler Wert. Ich weiß gar nicht wie die Japaner mit einer Quote von 116% keine Probleme mit der Zinslast im langfristigen Bereich bekommen, wenn die Zinsen dann mal steigen würden.
So long
JM

ladowa

@Roland

Politikerlaufbahn, ich lese wohl nicht recht!

Lieber Roland, diese Laufbahn ist mir verbaut und dafür danke ich Gott. Meine Vorstrafe wegen Betrugs ist zwar schon seit Jahrzehnten verjährt. Damals hatte ich mir als Student ein Autotelefon gebaut und jahrelang auf Kosten des Geldadels telefoniert, bis das Ganze eines Tages aufflog. Es war ein schönes Gefühl, aus dem Auto heraus zu telefonieren. Auch mein damalige Freundin und nun Ehefrau war sehr davon beeindruckt. Ich hatte etwas, das sich nur die oberen 10.000 leisten konnten - eine Autotelefon in einem BMW 315, mit dem man von überall in Deutschland im A-Netz telefonieren konnte! Die Richter waren von diesem Ding dann auch so beeindruckt, dass ich sogar meine Amateurfunklizenz behalten durfte. Ja, ich war bereits ein Hacker, als das Wort Internet und Hacker in Deutschland noch nicht zum Wortschatz gehörten.

Dennoch habe ich eines gelernt: Lüge nie, täusche nie und halte dich an bestehende Gesetze, solange du sie unterschreiben kannst. Wenn nicht, dann breche sie und trage die (positiven oder negativen) Konsequenzen. Wie wir aus der Geschichte gelernt haben, gibt es auch ungesetzliche Gesetze, wie z.B. einen Republikflüchtling abzuknallen. Also immer schön vorher nachdenken, es mit anderen besprechen und dann handeln.

Einige Personen der Geschichte hatten diese frühe Lektion nicht bekommen:

Ein Möllemann springt in den Freitod, weil er mit der bevorstehenden Situation nicht umgehen konnte. Wir wissen heute, es war nur Schwarzgeld. Wieso sich dafür das Leben nehmen?

Hannelore Kohl nahm sich das Leben, weil sie mehr wusste als wir und sie nicht so ein dickes Fell hatte, wie ihr ehrenwerter Herr Gemahl, der damit noch heute ganz gut klar kommt. Das Umfeld Kirch hat da schon sehr viel mehr Federn lassen müssen....

@jamfm
Ich gebe dir in allen Punkten Recht! Hinzufügen möchte ich nur noch, dass alle Beamten um ihre Pensionen gebracht werden werden (Futur2) und diejenigen, die nicht für das Alter vorgesorgt haben, eine Mindestrente bekommen werden.

Im Grunde könnte ich mich jetzt ausloggen und in 25 Jahren ganau den letzten Satz in der Tagespresse wiederlesen.
So what, who cares!
Good Night!
/W

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zorrie
Mitglied seit 10 Jahre 9 Monate

Italien sitzt auf einem riesigen Schuldenberg, und jeder Fünfte hinterzieht Steuern. Die Regierung setzt nun auf das Überwachungsprogramm Serpico, das jedes Bankkonto filzt und jede Ausgabe registriert. Die Finanzkontrolle ist total, der Protest erstaunlich leise.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/euro-krise-supercomputer-jagt-italiens-steuersuender-a-838125.html

Auf der einen Seite wurden mal wieder von "518 Besitzer von Privatflugzeugen und 42.000 Eigner von Booten mit mehr als zehn Meter Länge herausgefiltert, die jeweils weniger als 20.000 Euro Einkommen versteuert haben."

Serpico ist gut und gerecht, denkt man da.

Auf der anderen Seite ist der Ausblick auf die totale Überwachung überhaupt nicht gut, George Orwell läßt grüßen. In so einer Welt möchte ich nicht leben.

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